Siedlungsentwicklung:Nachbarn auf Kollisionskurs

Siedlungsentwicklung: Durch das Gewerbegebiet, das die Gemeinde Grasbrunn in ihrem Ortsteil Keferloh plant, befürchtet die Nachbargemeinde Haar unter anderem eine starke Verkehrszunahme auf der B 471.

Durch das Gewerbegebiet, das die Gemeinde Grasbrunn in ihrem Ortsteil Keferloh plant, befürchtet die Nachbargemeinde Haar unter anderem eine starke Verkehrszunahme auf der B 471.

(Foto: Claus Schunk)

Grasbrunn weist alle Einwände Haars gegen das geplante Gewerbegebiet in Keferloh zurück. Nun steuern die beiden Gemeinden auf eine gerichtliche Auseinandersetzung zu.

Von Lars Brunckhorst, Grasbrunn/Haar

Im Konflikt um das geplante Gewerbegebiet in Keferloh stehen sich die Gemeinden Grasbrunn und Haar weiterhin unversöhnlich gegenüber. Der Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss des Grasbrunner Gemeinderats hat diese Woche sämtliche Einwendungen, die die Nachbargemeinde im laufenden Anhörungsverfahren gegen die Planungen vorgebracht hat, einstimmig abgeschmettert. Sollte die Gemeinde Haar an ihrer Klageandrohung festhalten, steuern die beiden Gemeinden damit auf eine gerichtliche Auseinandersetzung zu.

Die Gemeinde Haar sieht in den Plänen für ein Gewerbegebiet östlich des Weilers Keferloh an der B 471 ihre Interessen massiv beeinträchtigt. So bemängelt man im Haarer Rathaus, dass die Auswirkungen auf das Straßennetz, insbesondere auf den Verkehrsknotenpunkt an der Kreuzung von B 471 und B 304, nicht ausreichend untersucht worden seien. Dieser Knoten werde durch die Gewerbeansiedlung überlastet. Im Rathaus rechnet man mit mindestens 1800 zusätzlichen Fahrzeugen am Tag und Wartezeiten an den Ampeln in der Vockestraße und der Grasbrunner Straße von fünf bis zehn Minuten.

In Haar sieht man aber auch den typischen Landschaftscharakter der Rodungsinsel Keferloh durch das Gewerbegebiet bedroht und fürchtet eine Ausdehnung des Grasbrunner Ortsteils an die eigene Gemeindegrenze. Mit dem Vorhaben verstoße Grasbrunn gegen das Zersiedlungsverbot der Landes- und Regionalplanung, heißt es in der Stellungnahme aus Haar zu den Planungen.

Haar schlägt sogar einen Alternativstandort vor: am westlichen Ortsrand von Grasbrunn. Die dortigen Flächen seien für ein Gewerbegebiet wegen der Nähe zur Autobahn und zur Abschirmung der Lärmimmissionen viel geeigneter. Dass Grasbrunn diesen Standort mit Verweis auf erwartbare Widerstände in der eigenen Bevölkerung ablehnt, möge ein "kommunalpolitischer Grund" sein, heißt es dazu aus Haar, aber kein Argument zur Abwägung unterschiedliche Belange bei der Bauleitplanung.

Überhaupt fühlt sich Haar mit seinen Interessen von der Nachbargemeinde nicht gebührend berücksichtigt. Mit der Planung verstoße Grasbrunn gegen das im Baugesetz verankerte Gebot, Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. "Das interkommunale Abstimmungsgebot macht nicht bei einer förmlichen Beteiligung der Nachbargemeinde Haar Halt", so die Stellungnahme aus dem Haarer Rathaus.

In Grasbrunn sieht man das erwartungsgemäß anders. Mit der Beteiligung im Bauleitverfahren sei "sowohl der formellen als auch der materiell-rechtlichen Komponente des interkommunalen Abstimmungsgebots Genüge getan", lautet die Antwort aus dem dortigen Rathaus. Außerdem habe Grasbrunns Bürgermeister Klaus Korneder (SPD) weit vor der öffentlichen Auslegung der Bauleitpläne, im Oktober 2017, die Planung dem Haarer Gemeinderat persönlich erläutert.

Durch die vorgesehene Eingrünung Richtung Haar findet man in Grasbrunn sowohl die Aspekte des Orts- und Landschaftsbildes berücksichtigt als auch die Sorgen Haars vor einem Zusammenwachsen beider Gemeinden ernst genommen. "Seit Beginn der Planung haben wir aufgepasst, dass die Belange und Befürchtungen Haars berücksichtigt werden", sagte Bürgermeister Korneder am Donnerstag zur SZ. Was die Auswirkungen des neuen Gewerbegebiets auf den Verkehr und das umliegende Straßennetz betrifft, verweist die Gemeinde in ihrer Abwägung der Haarer Einwände auf ein eigens erstelltes Gutachten. Danach würden keine Knotenpunkte maßgeblich tangiert. In Grasbrunn rechnet man fest mit einer Genehmigung des Bebauungsplans. Der Flächennutzungsplan sei von der Regierung genehmigt worden, daraus leite sich der Bebauungsplan ab, sagt Korneder.

Zu einer möglichen Klage Haars vor dem Verwaltungsgericht erklärt der Bürgermeister: "Über Drohungen einer Nachbargemeinde zu spekulieren, bin ich der falsche Ansprechpartner." Zeitliche Verzögerungen bei der Realisierung des Gewerbegebiets kämen Grasbrunn ungelegen. Für das Areal gibt es bereits Interessenten: Unter anderem möchte hier ein Dax-Konzern ein digitales Druckzentrum errichten.

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