Haar:Ein großes Unbehagen

Haar: Das Schild mit der Aufschrift "Von-Braunmühl-Straße" soll aus dem Haarer Gemeindebild verschwinden.

Das Schild mit der Aufschrift "Von-Braunmühl-Straße" soll aus dem Haarer Gemeindebild verschwinden.

(Foto: Claus Schunk)

Warum die Von-Braunmühl-Straße in Haar umbenannt wird

Gründlichkeit war wichtiger als Geschwindigkeit. Der Bezirk hat sich nicht unter Druck setzen lassen und etwa ein Jahr lang in der Causa Braunmühl recherchiert und Akten gesichtet. Der Archivar des Bezirks ließ sich Unterlagen über den ehemaligen Klinikdirektor Anton Edler von Braunmühl auch aus Beständen zuschicken, die nach dem Krieg in die USA gelangt waren. Schließlich wurden die Ergebnisse kritisch bewertet und es wurde die Konsequenz daraus gezogen, die Gemeinde Haar zu bitten, die im Jahr 1976 nach Braunmühl benannte Straße auf dem Klinikareal umzubenennen.

Wie sich jetzt zeigte, war die Angelegenheit so schwierig, wie es erwartet worden war. Braunmühl erwarb sich schon in den Dreißigerjahren den Ruf als hervorragender Arzt, der in der Psychiatrie neue Therapien entwickelte. Zudem hieß es immer, er habe sich trotz seiner herausgehobenen Position in der Heil- und Pflegeanstalt während der NS-Zeit die Hände nicht schmutzig gemacht. Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU) bestätigte diese Darstellungen indirekt am Donnerstag am Isar-Amper-Klinikum bei einer Gedenkveranstaltung. Es habe sich "kein eindeutiges Bild" zur Rolle Braunmühls in der NS-Zeit ergeben. Dennoch "beschleicht uns ein großes Unbehagen, eine Straße nach ihm benannt zu wissen".

Die Zeiten haben sich geändert

Es ist also trotz intensiver Recherche nicht viel Neues, Belastendes ans Tageslicht gekommen. Entscheidend war nach Mederers Worten die neue Bewertung der Person Braunmühls. Und die fiel eben anders aus als direkt nach dem Krieg, als der Arzt, unter dessen Augen in der NS-Zeit Hunderte, Tausende den Tod fanden, zum Klinikdirektor ernannt wurde, was er von 1946 bis zu seinem Tod 1957 auch blieb. Und sie fiel anders aus als noch 1976, als die damalige Leitung des Bezirkskrankenhauses vorschlug, eine Straße nach ihm zu benennen.

Die Zeiten haben sich geändert. Bei Treffen von Angehörigen von Opfern der sogenannten Euthanasie, die seit einiger Zeit am NS-Dokumentationszentrum stattfinden, machten Zeitzeugen die jedenfalls problematische Rolle Braunmühls zum Thema. Druck entstand dem Vernehmen nach durch die Heckscher Klinik, die gerade an der Von-Braunmühl-Straße in Haar eine Klinik für schwerstbehinderte Kinder baut. Den Namen einer Person, die mit Patientenmorden in Verbindung gebracht wird, wollte man eher nicht im Briefkopf stehen haben. Der Ärztliche Direktor am heutigen Isar-Amper-Klinikum, Peter Brieger, sagte am Donnerstag in der Gedenkveranstaltung, eine bessere Psychiatrie sei nur möglich, wenn man sich der Vergangenheit stelle. Bezirkstagspräsident Mederer brachte es so auf den Punkt: Braunmühl sei "kein Vorbild aus heutiger Sicht".

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