Haar:Die Gemeinde als Baufirma

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Haar gründet ein Kommunalunternehmen, dessen Fokus auf der Errichtung günstiger Mietwohnungen liegt

Von Bernhard Lohr, Haar

Es hatte etwas von einer Rückkehr in den Kreis alter Freunde. Mancher klopfte Hans Stießberger aufmunternd auf die Schulter. Es gab nach der letzten Sitzung des Gemeinderats in diesem Jahr und beim Jahresabschlussessen im Gasthof Glückwünsche und das eine oder andere freundliche Wort. Schließlich ist der frühere Dritte Bürgermeister in der Gemeinde und im Rathaus ein guter Bekannter. Vor allem wurde er immer auch wegen seines Sachverstands geschätzt, den er sich als inoffizieller, kompetenter Baubeauftragter des Rathauses über die Jahre erworben hat. Nun übernimmt Stießberger gut zwei Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Gemeinderat wieder ein Amt, das durchaus zu seinem früheren Tätigkeitsprofil passt.

Denn Stießberger zieht neben Dietrich Keymer für die CSU in den Verwaltungsrat des Kommunalunternehmens Wohnungsbau (WBH) ein. Den Beschluss, dieses zu gründen, fasste der Gemeinderat gegen die Stimmen von Katharina Dworzak und Traudl Vater (beide SPD) am Dienstag. Die erste Verwaltungsratssitzung hatten Stießberger und die anderen bereits am Donnerstagnachmittag. Die SPD vertreten in dem Gremium Alfons Meindl und Alexander Zill, die Grünen und die Freie Wählergemeinschaft Mike Seckinger und Antonius van Lier. Den Vorsitz hat qua Amt Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) inne.

Mit dem neuen Unternehmen will die Gemeinde den kommunalen Wohnungsbau stärken und angesichts des großen Bedarfs an günstigem Wohnraum auch die Bautätigkeit verstetigen. Zu den Aufgaben gehören auch die Planung, die Verwaltung und die langfristige Vermietung von Wohnungen. Einige offene Fragen, wie etwa die, ob die Gemeinde die Zuschüsse aus dem attraktiven bayerischen Wohnungsbauförderprogramm nutzen kann, wenn sie nicht unmittelbar selbst baut, sondern über den Umweg eines Kommunalunternehmens, wurden offenbar bis zur entscheidenden Sitzung ausgeräumt. Katharina Dworzak (SPD) blieb bei ihren Zweifeln, dass die Neuerung höhere Kosten für die Gemeinde mit sich bringen und der Gemeinderat am Ende an Einfluss verlieren könnte. Sie pochte darauf, einen Status quo der Wohnungswirtschaft im Rathaus zu ermitteln, um später sehen zu können, ob das Unternehmen Verbesserungen oder doch Verschlechterungen mit sich gebracht hat. Dietrich Keymer meldete im Namen der CSU nur noch vorsichtige Zweifel an und sagte, er hätte sich mehr Analyse vor einer solchen Unternehmensgründung gewünscht. Ansonsten aber sagte er, wie andere auch, dass er sich Vorteile erhoffe, wenn jetzt stärker an betriebswirtschaftlichen Grundsätzen orientiert gearbeitet werde. Deshalb, so riet er auch, sollte das Unternehmen den Bestand an Kommunalwohnungen möglichst schnell mit übernehmen. Alexander Zill (SPD) warnte allerdings davor, das junge Unternehmen damit zu überfordern. Tatsächlich sollen bestehende Wohnungen "zu gegebener Zeit" ins Unternehmen integriert werden.

Denn das Unternehmen soll sich auf den Bau von zwei Mietshäusern mit 32 Wohnungen an der Katharina-Eberhard-Straße konzentrieren sowie auf den Bau eines Mietshauses samt Kindertagesstätte an der Herzogstandstraße in Gronsdorf. Ein kommunales Gebäude am Waldfriedhof soll saniert werden. 6,9 Millionen Euro stehen kommendes Jahr bereits dafür zur Verfügung. Den längstens für fünf Jahre bestellten Vorstand des Unternehmens sollen Kämmerer Günter Rudolf und Bautechniker Reimar Pfalz bilden. Sie ernennt der Verwaltungsrat.

© SZ vom 23.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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