Bürgerbefragung in Haar:Umfrage offenbar manipuliert

Bürgerbefragung in Haar: Immer verworrener wird die Diskussion um die Namensvergabe für die freie Fläche im Haarer Zentrum, die nach einem Beschluss des Gemeinderats nun "Haarer Anger" heißen soll.

Immer verworrener wird die Diskussion um die Namensvergabe für die freie Fläche im Haarer Zentrum, die nach einem Beschluss des Gemeinderats nun "Haarer Anger" heißen soll.

(Foto: Claus Schunk)

Die Online-Abstimmung über die Namensvergabe des zentralen Platzes am Poststadel in Haar wurde offenbar durch Bots beeinflusst.

Von Bernhard Lohr, Haar

Nach der Aufregung um die Namensvergabe für den Platz im Haarer Zentrum sind die Grünen schon wieder froh gestimmt. Sie planen auf dem Platz vor dem Poststadel, der unter ihnen "Sternchenplatz" genannt wird, für Sonntag, 1. August, ein Fest. Münchens Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden wird kommen und der Grünen-Landesvorsitzende Thomas von Sarnowski, auch mehrere Bundestagskandidaten werden erwartet. Dass sich die halbe Gemeinde darüber aufgeregt hat, dass der Platz jetzt offiziell "Haarer Anger" heißt, kümmert die Grünen nur noch wenig. Dabei ist die verunglückte Namenssuche noch nicht ganz aufgearbeitet. So kam jetzt heraus, dass die Abstimmung im Netz offenbar manipuliert wurde.

Mit ihrem Vorschlag, den Platz gendergerecht "Bürger*innenplatz" zu nennen, wollten die Grünen eine Diskussion entfachen. Das ist ihnen gelungen. Doch worüber bisher kaum gesprochen wurde: Die meisten Stimmen hatte beim Voting, das per Post und online möglich war, weder der Haarer Anger noch die Postwiese erhalten, sondern ein ganz anderer Name. Eine große Mehrheit war für "Posthalterplatz". Von den 3699 Stimmen, die überwiegend online eingingen - nur 95 kamen per Post - entfielen insgesamt 1488 auf den Vorschlag "Posthalterplatz".

Serienabstimmung im Halb-Minuten-Takt

Doch bei der Auswertung wurde man im Rathaus stutzig. Mit Hilfe der Betreiber des eingesetzten Online-Tools "2ask" kam die Gemeindeverwaltung dahinter, dass jemand die Abstimmung im Netz manipuliert hatte. In der Sitzungsunterlage, die den Gemeinderäten vor der finalen Abstimmung über den Platznamen vorgelegt worden war, beschrieb die Rathausverwaltung den Vorgang. So wurde eine Serienabstimmung für einen Namen über Stunden hinweg im Halb-Minuten-Takt festgestellt. Diese gingen von wenigen Geräten aus, die in Russland oder den USA verortet wurden. Die manipulierten Stimmen, so die Verwaltung, habe man identifizieren und herausfiltern können. Daher habe man beschlossen, 1272 Stimmen für den Posthalterplatz nicht zu zählen. Auch 310 Stimmen für den beliebtesten Namensvorschlag "Postwiesn" wurden gestrichen. Selbst beim von den Grünen in die Diskussion gebrachten "Bürger*innenplatz" wurde manipuliert: 46 Stimmen fielen weg. Die Gemeinderäte hatten letztlich für ihre Entscheidung eine Liste mit einer Rangliste vorliegen, die nach Überzeugung der Verwaltung ein einigermaßen realistisches Meinungsbild wiedergab.

Dennoch herrscht anders als bei den Grünen, die schon wieder ans Feiern denken, im Rathaus nach der Bürgerbefragung Katerstimmung. Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) gibt sich zerknirscht. Die Bürgerbeteiligung sei alles andere als gut gelaufen, sagt er und kündigt an, es künftig besser machen zu wollen. Derweil stellen sich manche auch die Frage, ob solche Befragungen überhaupt sinnvoll sind und wie repräsentativ sie sein können. Zwar war laut Rathaus voreingestellt, dass jede Person online nur einmal an der Abstimmung teilnehmen konnte; dafür konnten mehrere Vorschläge angekreuzt werden.

Aber es war offenkundig nicht möglich, den Kreis der Abstimmungsberechtigten auf Haarer Bürger zu beschränken. Was ist also, wenn eine Person mit mehreren Geräten abgestimmt hat? Sind Manipulationen durch intelligentere Bots vielleicht unentdeckt geblieben? Die Lust auf solche Befragungen ist den Haarern jedenfalls erst einmal vergangen.

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