Süddeutsche Zeitung

Haar bei München:Vorbeugen gegen Fällungen

Weil sie die widerrechtliche Abholzung von Bäumen im Jugendstilpark im November nicht verhindern konnten, gründen Anwohner eine Initiative

Von Bernhard Lohr, Haar

Aus einem Protest gegen unrechtmäßige Baumfällungen im Haarer Jugendstilpark hat sich eine Initiative gebildet, die sich für die weitere naturnahe Entwicklung des Wohngebiets einsetzt. Um die 150 Unterstützer zählen nach eigenen Angaben die Baumfreunde Haar. Einiges wurde konkret erreicht: So würden die zu erhaltenden Bäume jetzt durch Zäune vor Beschädigungen durch Baufahrzeuge besser geschützt, sagt Initiatorin Carmen Gnann. Auch langfristig wolle man bei der regen Bautätigkeit im Park mitreden. Ende November hatte eine vom Investor beauftragte Firma bei der Vorbereitung einer Tiefgaragenbaustelle eine Reihe großer Bäume auf Nachbarsgrund umgesägt.

Was sich an besagtem Samstagvormittag unter den Augen der Bewohner in den angrenzenden Neubauten abgespielt hat, ist unstrittig und weitgehend aufgearbeitet. Der Investor, die Casa Nova II, räumte früh ein, dass die Arbeiter damals übers Ziel hinausgeschossen sind und zu erhaltende Bäume gefällt haben. Mehrfach war seitdem von einem Versehen die Rede. Doch die Wogen glätteten sich nicht. Die Anwohner forderten Konsequenzen und pochten darauf, dass der Schaden in angemessener Form wieder gutgemacht wird.

Und sie verfolgten in den Wochen darauf mit Argusaugen, was sich an der Baustelle abspielte. Sobald Arbeiter bei der Einrichtung der Baustelle fremden Grund tangierten, schritten sie ein. Es entwickelte sich ein reger E-Mail-Verkehr. Die Polizei wurde eingeschaltet, ebenso die Gemeinde und die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt. An diesem Donnerstag soll in einer Online-Runde mit Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) und Vertretern der Verwaltung zum zweiten Mal ein Austausch stattfinden. Am liebsten, sagt Gnann, würde man den Baumschutz im gesamten Ort im Blick behalten. Doch damit würde man sich übernehmen. "Wir werden uns an keinen Baum ketten", sagt Gnann. Aber auf legalem Weg werde man alles für das Grün in Haar kämpfen.

Das ist aus Sicht von Gnann, die auch anerkennend vom Einsatz im Rathaus und im Landratsamt spricht, immer wieder in Gefahr. Die Rechtslage sei klar, sagt Gnann, aber es sei schwierig, einen Verstoß gegen die Baumschutzverordnung und sogar eine Fällung auf fremdem Grund - betroffen war eine Fläche der Oberbayerischen Heimstätte - zu verhindern. Das habe der Fall gezeigt. Im November seien Versuche der Nachbarn gescheitert, die laufende Fällung zu stoppen. In den Ämtern sei an dem Samstag keiner erreichbar gewesen, sagt Gnann. Arbeiter hätten auch in der Folge Kritik der Anwohner barsch abgetan. Sie wolle sicherstellen, dass solche Verstöße nicht bagatellisiert würden, sagt Gnann. Sie ist überzeugt: "Dadurch, dass wir so rührig sind und kämpfen, geht das nicht unter."

Das Thema ist tatsächlich weiter auf dem Tisch. Nicht nur im Haarer Rathaus sind die Baumschützer wohl bekannt. Jens Cebulla, Projektleiter des Bauträgers ImmVest Wolf GmbH, steht mit ihnen in E-Mail-Kontakt. Der Geschäftsführer der Casa Nova 2 GmbH, Rupert Doehner, bekräftigt, sich seit Wochen intensiv mit der Angelegenheit zu beschäftigen. Er sei dran, in "enger Abstimmung" mit dem Landratsamt und der Gemeinde die Dinge in Ordnung zu bringen. Neun größere Bäume sollen gepflanzt werden. Aus Wurzelstöcken soll wieder eine Hainbuchenhecke wachsen. Umweltreferent Andreas Nemetz glaubt, dass Haar von den ehrenamtlichen Baumschützern auch in Zukunft profitieren kann: "Wir würden uns freuen, wenn wir noch einen Kooperationspartner finden."

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SZ vom 23.02.2021
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