Haar:Rathaus sichert Nachmittagsbetreuung

Haar: Hausaufgabenhilfe soll laut VHS auch qualitativ gut weiter gewährleistet sein.

Hausaufgabenhilfe soll laut VHS auch qualitativ gut weiter gewährleistet sein.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Volkshochschule steht personell mit dem Rücken zur Wand. Der Gemeinderat schießt mehr als 100 000 Euro zu, damit Angebote für Schüler weiterlaufen können.

Von Bernhard Lohr, Haar

Eltern und Schüler an den Grundschulen und der Mittelschule in Haar können aufatmen. Und nicht minder das Personal an der Volkshochschule, das sich um bis zu 200 Kinder und Jugendliche in der von der VHS im Auftrag der Gemeinde organisierten Nachmittagsbetreuung kümmert. Der Gemeinderat hat am Dienstagabend nach einigem Ringen mehrheitlich zusätzliche Ausgaben für die VHS in Höhe von mehr als 100 000 Euro für dieses und für das kommende Schuljahr gebilligt. VHS-Vorsitzende Gabriele Müller hatte in der Sitzung erklärt, dass bei Ablehnung das Angebot reduziert werden müsste. Die Zusage für Ganztagsplätze jetzt Anfang Mai stand für viele Schüler auf der Kippe.

Die Finanzspritze für die VHS war umstritten. Bisher hatte die Einrichtung ein Defizit von lediglich 38 000 Euro für 2022 kommuniziert. Die Gemeinde steht wegen des Wegzugs des Pharmakonzerns MSD, des wichtigsten Gewerbesteuerzahlers, finanziell unter enormem Druck. CSU-Fraktionschef Dietrich Keymer beklagte, dass sich ihm die Mehrkosten jedenfalls in dieser Höhe nicht erschlössen. Es handle sich um ein Vielfaches der bisher angesetzten Summe. So etwas einfach durchzuwinken, sei "leider in dieser Gemeinde nicht mehr möglich". Keymer rief die VHS dazu auf, die Summe zu reduzieren. Peter Siemsen (FDP) plädierte dagegen dafür, das aus seiner Sicht Notwendige zu tun: "Bildung ist der wichtigste Rohstoff." Mike Seckinger (Grüne) sagte, es gelte die Qualität bei der Betreuung zu sichern, "die wir haben wollen". Am Ende stimmte eine breite Mehrheit aus SPD, Grünen, FDP und auch CSU der Mehrausgabe zu.

Haar: VHS-Geschäftsführerin Lourdes María Ros de Andrés bringt selbst Kompetenz für Deutsch als Fremdsprache mit.

VHS-Geschäftsführerin Lourdes María Ros de Andrés bringt selbst Kompetenz für Deutsch als Fremdsprache mit.

(Foto: Claus Schunk)

Sie sahen keine andere Möglichkeit. Die VHS hat offenkundig für die Nachmittagsbetreuung zu wenig Personal. Geschäftsführerin Lourdes María Ros de Andrés beschrieb, dass immer wieder Verwaltungskräfte einspringen müssten, damit Gruppen bei Krankheitsfällen von Betreuern nicht ausfallen. Man habe Eltern schon anrufen müssen, mangels Personal ihre Kinder abzuholen. Die Fachkraft in der Personal- und Finanzbuchhaltung häufte laut VHS-Antrag 2021 circa 200 Überstunden an. Ein Großteil wurde finanziell abgegolten. Die VHS-Vorsitzende Müller sagte, der vorgelegte Antrag sei Ergebnis der im Herbst 2021 erhobenen Forderung des Rathauses, Transparenz in die Finanzen zu bringen und Erwachsenenbildung klarer von dem Engagement im nachschulischen Bereich zu trennen. Müller, die bis zu ihrer Wahlniederlage 2020 für die SPD Bürgermeisterin in Haar war, kündigte einen ähnlichen Antrag bei der Erwachsenenbildung an.

Der VHS-Antrag für die Nachmittagsbetreuung legt nun auch schwarz auf weiß offen, dass bisher viel improvisiert wurde und Verwaltungskräfte vieles leisteten, was nun erstmals in Stundenkontingenten und Personalkosten klar zugeordnet beziffert wird. So sind neu 30 Wochenstunden für eine Fachbereichsleitung für die Nachmittagsbetreuung aufgeführt: macht 54 000 Euro im Jahr. Vier Stunden für die Geschäftsleitung: macht 11 000 Euro. Auch 28 000 Euro für eine Springerin, die bei Ausfall von Personal in Gruppen gehen soll. Letztere Ausgabe war allerdings besonders umstritten, weil laut Kerstin Onwuama, Sachgebietsleiterin Bildung im Rathaus, Springer in Kindertagesstätten auch wünschenswert, aber nicht vorhanden sind. VHS-Geschäftsführerin Ros de Andrés machte aber klar, dass Personal auf dem Absprung sei, sollte sich die Situation nicht bessern. Es drohten immer noch größere Gruppen. Die VHS könne dann ihrem Anspruch als Bildungseinrichtung nicht mehr gerecht zu werden.

Die CSU deutet an, dass sie Kinderbetreuung gar nicht unter dem Dach einer "Erwachsenenbildung" sieht

An der Konrad-Grundschule wird nun zudem Mobiliar für Räume angeschafft, die seit diesem Schuljahr bereits genutzt werden, weil an der Schule keine Ganztagsklasse zustande kam, aber Betreuungsbedarf gedeckt werden musste. 60 Kinder sind dort aufgefangen worden. 48 Kinder betreut die VHS an der Jagdfeldschule, 98 an der Mittelschule.

Die zusätzlichen Mittel für die VHS wurden befristet für das laufende und kommende Schuljahr bewilligt. Eine Grundsatzdebatte, wie die Gemeinde den vom Schuljahr 2026/27 an geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung stemmen will, steht an. Dietrich Keymer würde die gerne schon bald führen und er deutete an, dass er die VHS als Einrichtung der "Erwachsenenbildung", wie er betonte, da gar nicht mehr unbedingt sieht. Der Kreisjugendring und der Schulverein bieten ebenfalls schulische Nachmittagsbetreung an. Auch wird in Haar hinter den Kulissen über einen nicht näher beschriebenen "Bildungscampus Jagdfeldschule" diskutiert, um die Ganztagsbetreuung zu organisieren.

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