Verkehrsprojekt:Umstrittene Weichenstellung

Verkehrsprojekt: Bisher endet die Straßenbahn an der St.-Veit-Straße in Berg am Laim. Überlegungen nach könnte sie bis Haar verlängert werden.

Bisher endet die Straßenbahn an der St.-Veit-Straße in Berg am Laim. Überlegungen nach könnte sie bis Haar verlängert werden.

(Foto: Friedrich Bungert)

Trambahn-Verlängerung nach Haar: Bürgermeister Bukowski scheitert mit dem Versuch, eine Trasse durch die zentrale Leibstraße bereits frühzeitig auszuschließen.

Von Bernhard Lohr, Haar

Haars Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) ist mit dem Versuch gescheitert, bei der Planung für eine Trambahn-Verlängerung von München bis nach Haar eine vorentscheidende Weichenstellung zu treffen. Der Gemeinderat lehnte am Dienstagabend den Vorschlag aus dem Rathaus ab, eine Linienführung durch die Leibstraße in Haar auszuschließen. Einige Gemeinderäte zeigten sich irritiert über das Vorgehen von Bukowski: Die Planungen für eine Tram nach Haar stehen ganz am Anfang. Die Diskussion lief bisher im Kreistag und in der Stadt München und hat in Haar selbst noch nicht begonnen. Das Thema schlug jetzt überhaupt das erste Mal im Gemeinderat auf. Den Gemeinderäten lagen auch keine Unterlagen vor, um das komplexe Projekt beurteilen zu können.

Eine Trambahn würde Haar noch einmal ein Stück näher an München heranrücken lassen. Mit der S-Bahn ist man vom Bahnhof in 17 Minuten am Marienplatz. Mit der Tram wäre man in 17 Minuten in Berg am Laim. Nach Trudering wäre es im Zehn-Minuten-Takt nur noch ein Katzensprung. Zwar fährt natürlich längst ein Bus, doch die Tram würde ganz andere Fahrgastzahlen ermöglichen. Eine Planstudie sieht schnurstracks Gleise auf der B 304 vor. Mehr als 100 Millionen Euro würden investiert. Die Linie könnte von Grünwald kommend durch die Stadt hinaus nach Haar verlaufen. Der Süden des Landkreises würde mit dem Osten verknüpft.

Für ihn sei die zentrale Einkaufsstraße der Gemeinde "tabu", so Bürgermeister Bukowski

So skizzierte das am Dienstagabend Florian Orth vom Büro Intraplan in München, der online zur Sitzung des Gemeinderats im Bürgerhaus zugeschaltet war. Er gab eine Unterrichtsstunde im Schnelldurchlauf. Wer die Kreispolitik vergangenes Jahr nicht so genau verfolgt hat, erfuhr also, dass schon Endhaltestellen am Jagdfeldring und in Neukeferloh diskutiert und wieder verworfen worden sind. Mittlerweile favorisieren die Planer, die Tram an der Ecke Wasserburger Straße/Leibstraße abbiegen und über den Bahnhof bis zum Lindenplatz zu führen, weil das die meisten Fahrgäste verspricht. Die Planer verwiesen auf die Maximilianstraße in München, wo Fußgänger und Straßenbahn auf einer Verkehrsfläche gut harmonierten. Doch eine Tram auf der Leibstraße, also der zentralen Einkaufsstraße in Haar? Bürgermeister Bukowski sagte dazu: "Für mich ist die Leibstraße tabu."

Einige Gemeinderäte fühlten sich überrollt. Ulrich Leiner (Grüne) sagte, es bestehe "überhaupt keine Notwendigkeit", jetzt unter Zeitdruck zu entscheiden. Das Tramprojekt sei in einer frühen Entwicklungsphase. Er habe aus der Sitzungseinladung nicht einmal entnehmen können, dass das Trambahnprojekt in einer Präsentation vorgestellt werde. Peter Paul Gantzer (SPD) ging es auch so. Er sagte: "Ich habe das Gutachten hier zum ersten Mal gesehen." Von mehreren Gemeinderäten war zudem zu erfahren, dass sie in den Unterlagen zur Sitzung keine vertiefenden Informationen über die bisher erstellten Gutachten erhalten hätten.

Endhaltepunkt könnte die Finckwiese an der Wasserburger Straße sein

Dabei gibt es in Haar vor allem wegen der Trassenverläufe Gesprächsbedarf. Die Gemeinde hat selbst gerade Planer mit einem Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept (Isek) beauftragt, die sich damit befassen, wie die Leibstraße als Einkaufsstraße aufgewertet werden kann. Ob da eine Tram gerade recht kommt, weil sie Publikum aus Trudering zu örtlichen Geschäften bringt, ist umstritten. Geschäftsleute fürchten bisher vor allem, dass Parkplätze wegfallen. Bukowski stand vor seiner Wahl zum Bürgermeister dem Gewerbeverband vor und machte sich für deren Belange stark. Jetzt begründete das Rathaus die Ablehnung für die Tram in der Leibstraße mit "Eingriffen in die Ortsgestaltung".

Ein Nein zur Leibstraßen-Tram fand zumindest zu dem frühen Zeitpunkt keinen Zuspruch. Der Gemeinderat einigte sich einstimmig auf eine Formel, in der es heißt, dass man dem Tramprojekt positiv gegenüber stehe. Bei der Leibstraße seien "Umsetzungsrisiken" zu beachten und es sollten Trassen-Alternativen untersucht werden, die auch Unterhaar im Osten der Gemeinde anbinden. Das Rathaus hat in einer Stellungnahme schon mal einen Endhaltepunkt an der Finckwiese und äußeren Wasserburger Straße angeregt.

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