Bildung:Warum der Quali schwieriger ist als das Abitur

Bildung: Eine erfolgreiche Teilnahme an den Quali-Prüfungen eröffnet Schülern Möglichkeiten, sie ist aber vor allem derzeit keine Voraussetzung für einen erfolgreichen Berufseinstieg.

Eine erfolgreiche Teilnahme an den Quali-Prüfungen eröffnet Schülern Möglichkeiten, sie ist aber vor allem derzeit keine Voraussetzung für einen erfolgreichen Berufseinstieg.

(Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Viele verlassen die Mittelschule ohne Qualifizierenden Abschluss. Rektoren erklären, warum das kein Beinbruch ist und wo die Hürde höher liegt als an Realschule und Gymnasium.

Von Bernhard Lohr, Haar/Taufkirchen

Letzter Schultag ist Zeugnistag. Und recht viele Schüler, die an der Mittelschule den Qualifizierenden Abschluss angestrebt haben, haben sich mehr erhofft. Die Durchfallquote ist beim Quali relativ hoch und überhaupt nicht zu vergleichen mit der des Abiturs oder der Mittleren Reife, wo in einem Jahrgang einer Schule am Ende nur einige wenige leer ausgehen. An der Mittelschule in Haar etwa sind in einer Regelklasse 18 junge Leute zur Quali-Prüfung angetreten, sieben haben nicht bestanden. Die Mittelschule Taufkirchen berichtet auf Anfrage von einer ähnlich durchwachsenen Erfolgsquote. Aber wie lässt sich ein Scheitern von bis zu 40 Prozent der Prüflinge erklären? Werden schwächere Schüler an Mittelschulen vielleicht nicht adäquat gefördert? Die Schulleiter widersprechen deutlich und verweisen auf die Besonderheiten des Quali-Abschlusses. Die Berufsaussichten der Mittelschüler seien gerade jetzt so gut wie selten zuvor.

Die Mittelschulen sind komplexe Einrichtungen, an denen Schüler mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen und Perspektiven auf einen Abschluss hinarbeiten. Der Quali ist ein Ziel von vielen, aber nicht für alle Schüler. Markus Fauth, Rektor der Mittelschule in Haar, erklärt, dass dieser Abschluss zunächst einmal eine freiwillige Angelegenheit sei, die zum Mittelschul-Abschluss obendrauf komme. Nicht jeder trete zu dieser Prüfung in der neunten Jahrgangsstufe an. Und wer sich dieser stellt, der steht unter besonderem Druck. Denn anders als etwa bei der Mittleren Reife oder beim Abitur, wo man mit einigen Ausreichend-Bewertungen durchkommt, gilt beim Quali die 3,0 als harte Grenze. Mit einer 3,1 im Durchschnitt sei man durchgefallen, sagt Fauth. Nikola Kurpas, Schulleiterin der Mittelschule in Taufkirchen, warnt davor, Abschlussquoten an Realschulen oder Gymnasien mit dem Quali zu vergleichen. "Das ist wie bei Äpfel mit Birnen."

Realschüler fallen in der Regel durch, Gymnasiasten schaffen es gerade so.

746 Schülerinnen und Schüler sind diesmal zum Quali angetreten. Eine Erfolgsquote wird dem Schulamt erst im Oktober vorliegen. Es sind Schüler der Mittelschulen in die Prüfung gegangen, aber auch Externe. Mancher Realschüler oder Gymnasiast hat sich gedacht, den Quali schon mal mitzunehmen, um etwas in der Tasche zu haben. Wer dabei glaubt, das im Vorbeigehen zu machen, kann eine große Enttäuschung erleben. Markus Fauth sagt, Realschüler fielen in der Regel durch und Gymnasiasten schafften es oft gerade so, weil sie in Mathematik und Englisch Vorteile hätten. Aber ein Spaziergang sei es nicht. Die Schüler an seiner Mittelschule, seien alle "hervorragend vorbereitet" in die Prüfung gegangen, sagt Fauth.

Dass viele trotzdem scheitern, hat außer mit der hohen Notenhürde auch damit zu tun, dass viele Schüler mit Defiziten etwa in Deutsch kämpfen und erst aus den D-Klassen später in die Regelklasse gekommen sind. Wenn ein Schüler in Kroatien oder Rumänien auf einer höheren Schule gewesen sei, besuche er in Deutschland erst einmal die Mittelschule, erläutert Fauth. Ein Thema, auch mit Blick auf den Quali, ist aus seiner Sicht, dass die besseren Schüler in der siebten Jahrgangsstufe an in den M-Zweig wechselten und dort bis zur zehnten Klasse den Mittleren Schulabschluss ansteuerten. Die "Zugpferde", die Schwächere mitreißen könnten, fehlten so in den Regelklassen.

Vor allem aber betonen Fauth und auch seine Rektoren-Kollegin Kurpas in Taufkirchen, dass der Quali nicht die Voraussetzung für einen guten Einstieg ins Berufsleben sei. "Es muss bewusst sein, dass es eine besondere Leistungserhebung ist", sagt Kurpas. An ihrer Schule in Taufkirchen hätten auf Empfehlung alle die Prüfung mitgeschrieben, einfach, um auch so eine Prüfungssituation mal zu haben. Von 73 Teilnehmern hätten 49 bestanden und 24 nicht. Eine Durchfallquote von 40 Prozent sei nicht ungewöhnlich und auch nicht bedenklich, sagt Kurpas. "Den Quali zu bestehen ist schwer." Gute Aussichten auf dem Ausbildungsmarkt hätten aber auch alle die, die mit einem Schnitt von bis zu 4,0 den Abschluss an der Mittelschule hinlegten, sagt Fauth. Und da liegt die Erfolgsquote in Haar und in Taufkirchen laut Rektoren bei nahezu 100 Prozent.

Auch beim Mittleren Schulabschluss nach der zehnten Klasse gibt es Fauth zufolge an seiner Schule eine Abschlussquote, die man sonst eher vom Abitur kennt. Von 88 Schülern habe einer nicht bestanden, sagt Fauth. Zur Quali-Prüfung kann man laut Schulamt übrigens bei Nichtbestehen erneut antreten. Das geht auch nach Abschluss der Schulzeit als externer Teilnehmer.

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