Haar:Angst vor Rivalität

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Die Haarer Mittelschüler nutzen den Sportpark für ihren Schulsport. Mit einem neuen Campus würden auch neue Hallen und Plätze benötigt.

(Foto: Angelika Bardehle)

Die Beratungen über die künftige Schullandschaft in Haar beginnen. Der Rektor der Mittelschule verfolgt die Pläne für einen Campus mit Skepsis

Von Bernhard Lohr, Haar

Alles ist denkbar. Keine Option soll vorschnell verworfen werden. Das hat Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) mit Blick auf die Neustrukturierung der Haarer Schullandschaft als Losung ausgegeben. Und sie hat damit ausdrücklich die Variante ins Spiel gebracht, bestehende Schulen in der Gemeinde zu verlegen. Haar steht vor der schwierigen Aufgabe, einen Standort für eine neue Realschule und womöglich auch noch für eine Fach- und Berufsoberschule zu finden. Zudem müssen Engpässe in den beiden Grundschulen behoben werden. Müller kann sich dabei vorstellen, die bestehende Mittelschule zu verlegen und gemeinsam mit der Realschule und der FOS/BOS auf dem neuen Campus zu platzieren.

Kürzlich sprach Müller bei der Sitzung des Zweckverbands Realschule Vaterstetten diese Möglichkeit an, die helfen könnte, das Grundschulproblem zu lösen. Schließlich residiert die Mittelschule in direkter Nachbarschaft zur Konrad-Grundschule und würde bei einem Umzug dort Platz freimachen. Der Rektor der Mittelschule, Hans Schmidt, allerdings verfolgt solche Überlegungen mit Skepsis. Er hat im Grunde Sympathie dafür, wenn sich Schulen auf dem freien Feld entwickeln können; wenn sich dort neue Freiräume entwickeln und etwa genügend Sportanlagen und -hallen zur Verfügung sehen. Derzeit ist das mit dem Sportunterricht an seiner Schule nicht einfach. Doch Schmidt befürchtet, die Mittelschule könnte auf einem Campus der große Verlierer werden.

Seine Schule leide schon jetzt in den unteren Jahrgängen an Schülermangel. Sollte die Realschule nebenan liegen, könnte der Sog in Richtung Realschule noch stärker werden, sagt er, und den M-Zweig an der Mittelschule gefährden. Auch die schiere Größe des Schulcampus bereitet ihm Bauchschmerzen und die Aussicht, dass Mittel- und Realschüler - nah aufeinander sitzend - eine ungute Rivalität entwickeln könnten; die Lehrer vielleicht auch noch inbegriffen.

Noch sind das alles Gedankenspiele. Nichts ist bisher festgezurrt oder auch nur tiefer beraten. Bürgermeisterin Müller hat in Vaterstetten lediglich eine Option angesprochen. Wie sich die Schullandschaft entwickeln werde, teilte das Rathaus dieser Tage mit, sei vollkommen offen. Es sei noch nicht einmal klar, ob die FOS/BOS kommen werde, weil die Auswertung der Probeeinschreibung noch nicht vorliege. Je nachdem spreche man von bis zu 1500 Schülern, wenn beide Schulen neu in Haar angesiedelt würden; oder eben der Hälfte, sollte es bei einer Realschule bleiben. Trotz dieser Unsicherheit will die Gemeinde in die intensivere Diskussion einsteigen. Der Arbeitskreis Schule, in dem Gemeinderäte in kleinerer Runde beraten, wird sich laut Rathaus Ende April der Frage zuwenden, wo das Schulgelände entstehen könnte.

Im Gespräch sind vier Standorte für den Campus. Als relativ problematisch gilt wegen der noch nicht geklärten Anbindung an den Rappenweg in Richtung Trudering die Anlage in Gronsdorf nahe dem dortigen Bahnhof. Ohne eine in Norden der Gleise gelegene bahnparallele Straßenanbindung, die über den Rappenweg nach Trudering weitergeführt würde, sei das Schulprojekt dort "kaum realisierbar", heißt es aus dem Rathaus. Eine in Frage kommende Fläche am Bahnhof in Haar sei für einen Campus inklusive FOS/BOS zu klein. Die besten Chancen sieht man offenbar noch darin, den Campus nördlich der Bahn auf einem Areal zwischen Wertstoffhof und Sportpark zu verwirklichen; oder auf einem Grundstück an der Ecke Leibstraße/B471. Die Flächen müssten von einem Privateigentümer oder dem Bezirk Oberbayern erworben werden.

Als vordringliche, weil originär kommunale Aufgabe, sieht es die Gemeinde bei alldem an, das Problem mit der fehlenden dritten Grundschule zu lösen. Auch die Mittelschule fällt in die Zuständigkeit der Gemeinde. Bürgermeisterin Müller hat vor einiger Zeit gesagt, dass sie den Erhalt der Mittelschule für ein wichtiges Anliegen hält. Schulleiter Schmidt sieht das freilich genauso. Vor allem als Auffangbecken für Schüler, die auf Realschule und Gymnasium scheiterten, sei die Mittelschule unverzichtbar, sagt er. Man könne deshalb locker drei 9. und drei 10. Klassen bilden, sagt Schmidt. Ein Problem habe er in den unteren Jahrgangsstufen. Einen durchgängigen M-Zweig zu bewahren, so befürchtet er, könnte mit einer Mittelschule auf einem Campus konkret gefährdet werden. Das komplette Schulangebot, das sich viele in Haar durch den Campus erhoffen, wäre dann womöglich schon wieder passé.

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