Bundestagswahl im Landkreis München:Parteien streiten über Umgang mit AfD

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Der CSU-Abgeordnete Florian Hahn sieht die AfD in Teilen nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes. Dennoch hätte er sich der Debatte mit deren Direktkandidaten für die Bundestagswahl gestellt. (Foto: Claus Schunk)

Auf dem Podium mit AfD-Mann? Grüne, SPD und Linke haben das abgelehnt und rechtfertigen ihre Absage. CSU und FDP reagieren verständnislos. Und die VHS Haar? Verteidigt die Einladung des rechten Kandidaten.

Von Martin Mühlfenzl, Haar

Die Absage der Podiumsdiskussion der Bundestagskandidaten im Wahlkreis München-Land durch die Volkshochschule Haar (VHS) als Veranstalter schlägt hohe Wellen. Während sich die Kandidaten Korbinian Rüger (SPD), Anton Hofreiter (Grüne) und Katinka Burz (Linke) in einer gemeinsamen Erklärung dafür rechtfertigen, eine Veranstaltung zusammen mit dem ebenfalls von der VHS eingeladenen AfD-Bundestagsabgeordneten Gerold Otten abgelehnt zu haben, kritisieren der CSU-Abgeordnete Florian Hahn und FDP-Bewerber Axel Schmidt das Trio für den Rückzieher.

SPD-Direktkandidat Korbinian Rüger will der AfD keine Bühne bieten. (Foto: Claus Schunk)

Die VHS hatte am Freitag die für diesen Mittwoch, 21. Juli, geplante Debatte nach der Absage von Rüger, Burz und der stellvertretenden Grünen-Bundesvorsitzenden Jamila Schäfer, die Hofreiter hätte vertreten sollen, gestrichen, da mit einer Besetzung des Podiums ohne das linke Parteienspektrum keine ausgewogene Diskussion mehr möglich gewesen wäre, wie die VHS-Vorsitzende Gabriele Müller erklärt.

Die AfD habe sich in den vergangenen vier Jahren "deutlich radikalisiert"

Rüger, Hofreiter, Schäfer und Burz weisen in ihrer Erklärung darauf hin, ihre Zusagen zu der Podiumsdiskussion seien in dem Wissen erfolgt, die AfD sei nicht dabei. "Sie wurde erst nachträglich eingeladen", heißt es und weiter: "Veranstalter wie zum Beispiel Volkshochschulen sind nicht verpflichtet, die AfD zu solchen Podien einzuladen."

Die AfD gehöre nicht zum Spektrum der demokratischen Parteien, stehe nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, werde in Teilen vom Verfassungsschutz beobachtet und habe sich in den vergangenen vier Jahren "deutlich radikalisiert". Bezogen auf den AfD-Kandidaten im Wahlkreis schreiben die vier Verfasser: "Gerold Otten hat sich nie klar vom völkisch-nationalistischen Flügel der AfD distanziert."

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FDP-Direktkandidat Axel Schmidt aus Oberhaching kritisiert den Rückzieher. "Mir ist es auch unangenehm, mit einem Bewerber einer offen rechtsextremen Partei auf der Bühne zu sitzen, ja sogar unerträglich", sagt Schmidt. "Aber ich hätte mich dem gestellt und habe auch keine Angst davor." Für die Absage der drei Mitbewerber habe er kein Verständnis. Es sei die Entscheidung der VHS gewesen, Otten einzuladen. "Und diese Entscheidung muss man auch respektieren, auch wenn ich als Veranstalter wahrscheinlich anders gehandelt hätte."

Hart geht Schmidt insbesondere mit Hofreiter ins Gericht. Dass sich dieser nach der ersten Diskussion in Kirchheim am vergangenen Freitag erneut hätte vertreten lassen wollen, sei unverständlich. "Ich habe das Gefühl, dass er zum zweiten Mal der Situation entgehen wollte, sich öffentlich zu stellen. Und das in einem von vielleicht fünf Wahlkreisen in Bayern, wo die Grünen die Chance auf das Direktmandat haben - oder hatten."

Auch der CSU-Abgeordnete Hahn sagt, er hätte sich der Diskussion mit dem AfD-Kandidaten gestellt: "Ich habe wenig Verständnis für die Absage. Auch wenn ich die Einschätzung teile, dass die AfD in Teilen nicht auf dem Boden der demokratischen Grundordnung steht." Hahn sagt, er sei wie Schmidt vorab über den Schritt informiert worden, habe den Kontrahenten aber mitgeteilt, sich gegen einen Rückzieher von der Debatte zu entscheiden.

Gabriele Müller rechtfertigt die Einladung Ottens: "Es war richtig, alle sechs Parteien, die den Landkreis im Bundestag vertreten, einzuladen. Ich bin doch nicht der Verfassungsschutz." Alle zuständigen Organe sagten, die AfD stehe noch auf dem "demokratischen Boden", so Haars ehemalige SPD-Bürgermeisterin. "Wir wollten auch den Menschen, die eventuell den Gedanken haben, die AfD zu wählen, Denkanstöße geben", so Müller, die den Entschluss der drei linken Parteien bedauert. "Ich habe kein Verständnis für die Absage."

SPD-Bewerber Rüger rechtfertigt indes seine Entscheidung: "In diesem Rahmen eine Bühne mit der AfD zu teilen, würde bedeuten, deren undemokratischen, gefährlichen und oft menschenverachtenden Ansichten Legitimität zu verleihen. Daran beteilige ich mich nicht." Burz sagt, der "Ideologie dieser Demokratiefeinde" sei mit Argumenten nicht beizukommen: "Faschismus und Rassismus sind keine Meinung, sondern ein Verbrechen." Und Hofreiter sagt, er wolle "Feinden der Demokratie und den Verursachern von Hass und Hetze" keine Plattform bieten.

© SZ vom 19.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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