Nachhaltigkeit:Langer Atem für den Klimaschutz

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In Bayern gibt es mittlerweile 155 Schulen, die den Titel "Klimaschule" führen dürfen. (Foto: Peter Hinz-Rosin/ )

Das Gymnasium Ottobrunn ist vom Kultusministerium als „Klimaschule“ ausgezeichnet worden. Der Titel ist die Belohnung für mehrjährige Arbeit und zahlreiche Einzelprojekte, von der Öko-AG über die CO₂-Bilanz bis hin zu Scouts, die ihre Klassenkameraden für das Thema sensibilisieren.

Von Daniela Bode, Ottobrunn

„Schule ohne Rassismus“, „Umweltschule in Europa“ – das Gymnasium Ottobrunn hat auch bisher schon diverse Zusatztitel geführt. Nun hat es noch einen hinzugewonnen: Seit kurzem darf es sich auch „Klimaschule“ nennen. Und das ist keine Worthülse. Die Schule musste aufwendig darlegen, dass sie sich intensiv für den Klimaschutz einsetzt. Bei der Bewerbung konnte die Schule fast 50 Projekte vorweisen, die zu dem Zeitpunkt schon umgesetzt waren. Auch aktuelle Ideen zeigen: An dem Gymnasium wird mit viel Kreativität und Engagement daran gearbeitet, möglichst die ganze Schulgemeinschaft beim Klimaschutz mitzunehmen.

Insgesamt 19 Schulen aus ganz Bayern sind kürzlich in der Münchner Residenz von Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) als Klimaschule ausgezeichnet worden. Das Gymnasium Ottobrunn und 14 weitere Schulen erhielten das Zertifikat in Gold. Die Idee hinter der Auszeichnung: Schulen können durch die Förderung eines nachhaltigen Lebensstils in der Schulgemeinschaft und in der Öffentlichkeit zur Bewältigung der Klimakrise beitragen. Daher haben Kultus- und Umweltministerium 2022 das Projekt „Klimaschule Bayern“ ins Leben gerufen, an dem alle bayerischen Schulen teilnehmen können. Bisher erhielten laut Ministerium rund 155 Schulen die Auszeichnung.

Das Gymnasium Ottobrunn hat sich im vergangenen Schuljahr um den Titel beworben, doch die Vorarbeiten starteten schon 2022/23. Es galt, einen Klimaschutzplan zu entwickeln. Ein wichtiges Element dabei: Mit Hilfe eines vom Kultusministerium zur Verfügung gestellten Rechners musste zunächst eine CO₂-Bilanz der Schule erstellt werden. „Das war sehr aufwendig, weil sie sehr kleinteilig ist“, erzählt die Biologie- und Chemielehrerin Eva Maurer, die zusammen mit ihren Kolleginnen Franziska Wächter und Felicitas Samer das Projekt Klimaschule leitet. Es waren viele Daten zu sammeln und viele Stellen einzubinden – vom Hausmeister bis zu den Lehrern. Da ging es unter anderem darum, welches und wie viel Toilettenpapier verwendet wird. Außerdem wurde erfasst, wer wie zur Schule kommt – da ging es nicht nur darum, ob ein Fahrrad oder ein Auto genutzt wird, sondern auch, ob es sich um einen Verbrenner- oder einen Elektroantrieb handelt. Ziel war es, den Status quo abzubilden und zu sehen, wo Einsparpotenzial besteht. Der CO₂-Rechner zeigte etwa auf, dass das Gymnasium bei der Anzahl der Kopien einsparen könnte.

Der andere wichtige Teil der Bewerbung war, dass die Schule alle Maßnahmen zum Klimaschutz darlegte, die sie bereits ausgeführt hat, aktuell umsetzt und für die Zukunft plant. Die Projekte mussten in den acht Handlungsfeldern von Abfall über Ernährung bis hin zu Kommunikation und Vernetzung sowie Mobilität angesiedelt sein, je nach Grad der Auszeichnung unterscheidet sich die Zahl der vorzuweisenden Maßnahmen und Handlungsfelder. Als die Projektleiterinnen sahen, wie viele Projekte schon umgesetzt und geplant waren, wagten sie es laut Maurer, sich gleich für die Auszeichnung in Gold zu bewerben. Und es klappte. Schließlich waren zum Zeitpunkt der Bewerbung schon 49 Maßnahmen umgesetzt, zehn waren in Arbeit und 21 für die Zukunft geplant.

Für das gesamte Gymnasium wurde eine CO₂-Bilanz erstellet und ein Klimaschutzkonzept entwickelt. (Foto: Claus Schunk)

So gibt es an der Schule schon lange die Öko-AG, deren Gründung in den Bereich Kommunikation und Vernetzung fiel und die Maurer leitet. Die AG selbst beschäftigte sich unter anderem schon mit dem Thema Mülltrennung. Zudem hatte das Gymnasium am Projekt Stadtradeln teilgenommen. Schon lange besteht auch die Schulgarten-AG, bei der die Schüler sich um Artenreichtum bemühen. Mittlerweile gibt es am Gymnasium auch Klimascouts, die die wichtige Rolle haben, die Schülerpartizipation zu erhöhen. Pro Klasse werden zwei Scouts bestimmt, die die Klassenkameraden mit Informationen zum Klimaschutz versorgen sollen. Zudem sollen sie sich in selbst gewählten Gruppen zusammenschließen und Projekte vorantreiben. Eine Idee ist etwa, Aufkleber mit der Aufschrift „Licht aus?“ an den Lichtschaltern anzubringen. In Frage kommt auch, dass sie etwas Größeres, etwa eine Kleidertauschparty organisieren. „Wir sind gespannt, was den Schülerinnen und Schülern einfällt“, sagt Maurer.

Eine Schnur für jeden Mülleimer

Wie kreativ die Ottobrunner Schüler und Lehrer werden können, um die Mitschüler zum Mitmachen zu animieren, belegen die Erzählungen von Kilian aus der neunten Klasse. Er engagiert sich in der Öko-AG. Aktuell sind er und andere damit beschäftigt, die Abfalleimer in der Schule so umzugestalten, dass der Müll richtig getrennt wird und auch im Eimer landet. Die Restmülleimer haben Klappen, diese sind aber oft verdreckt, weil dort auch klebrige Dinge wie Essensreste hineingeworfen werden. Kilian und seine Mitstreiter wollen daher an jeder Klappe „eine Schnur anbringen, an der man ziehen kann“, wie er erzählt. Kilian hat sich in der AG auch schon in diversen anderen Projekten eingesetzt, etwa Fünftklässler im interaktiven Quiz fürs richtige Mülltrennen sensibilisiert.

Auszeichnung in der Münchner Residenz: Kultusministerin Anna Stolz mit der Ottobrunner Schulleiterin Beate Promberger (von links), Schülern und den Projektleiterinnen Franziska Wächter (Dritte von rechts) und Eva Maurer (ganz rechts). (Foto: StMUK/Jens Hartmann/ )

Was all der Einsatz der Schule bringt? Durch die Zertifizierung soll laut den Projektleiterinnen beim Thema Klimaschutz ein Überbau geschaffen werden, in der Schule soll es mehr Vernetzung geben, die Schüler sollen zu mehr eigenverantwortlichem Handeln gebracht und der Einsatz für das Thema auch ins Private getragen werden. „Mit so einer Auszeichnung geht auch eine Verpflichtung einher, die in die Schülerschaft hineinwirkt“, sagt Maurer. So kann etwa das Preisgeld von 1500 Euro wieder in Projekte oder für Referentenhonorare investiert werden. Was der Titel im Vergleich zu „Umweltschule in Europa“ bedeutet? Ein großer Unterschied ist: Nur bei der Klimaschule wird ein sogenannter „Whole-School-Approach“ verfolgt, also ein ganzheitlicher Ansatz, bei dem die gesamte Gemeinschaft von Schülern, Lehrern über Eltern und Sachaufwandsträger eingebunden ist.

In der Schule freut man sich natürlich über die Auszeichnung. „Es wurde klar, wie viel wir an unserer Schule bereits erreicht haben. Gleichzeitig haben uns die Projekte der anderen Schulen inspiriert, noch weiterzugehen“, sagte Direktorin Beate Promberger nach dem Festakt in der Residenz, an dem sie auch teilnahm. Die Projektleiterinnen sind auch weiterhin voller Verve dabei. Sie wünschen sich allerdings, dass noch mehr Budget und Zeit für das Engagement zur Verfügung stünde. Denn aktuell basiere der Einsatz viel auf dem Investment eigener freier Zeit. 

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