Walderlebniszentrum GrünwaldSommernachtstraum mit Wildschweinen

Lesezeit: 3 Min.

Der Buntfalke „Calimero“ war eine der Hauptattraktionen beim Waldfest in Grünwald.
Der Buntfalke „Calimero“ war eine der Hauptattraktionen beim Waldfest in Grünwald. (Foto: Robert Haas)

Das Walderlebniszentrum Grünwald feiert sein 30-jähriges Bestehen mit einem Fest unter freiem Himmel. Besonders Kinder haben ihre Freude: Sie dürfen Baumstämme durchsägen oder wie Robin Hood mit dem Bogen schießen.

Von Michael Morosow, Grünwald

Die 15 Keiler, Bachen und Frischlinge, die sich hier im Süden der aufgeheizten Stadt auf ihrem kühlen Waldgrundstück nach Herzenslust suhlen, sind regelmäßige Besuche ja durchaus gewohnt, vergeht doch kein Tag im Jahr, an dem ihnen bei der öffentlichen Fütterung der Wildschweine nicht Familien oder gar Kinder in Klassenstärke beim Kauen zuschauen.

An diesem Tag aber kehrte nach der Mahlzeit keine Ruhe ein in ihrem Wohnzimmer, im Gegenteil wimmelte es geradezu von kleinen und großen Zweibeinern, die rund um ihr sieben Hektar großes Revier bis in die späte Nacht hinein fröhlich lärmten. Zum Glück für sie zählte Obelix nicht zu den circa 2000 Besuchern, die zur Feier des 30-jährigen Bestehens des Walderlebniszentrums Grünwald gekommen waren, in der Mehrzahl Buben und Mädchen, die ob der vielfältigen Angebote für sie gar nicht wussten, womit sie beginnen sollten.

„Sommernachtstraum“ lautete das Motto des unterhaltsamen Waldfestes auf dem weitläufigen Areal, das mitunter Festivalcharakter hatte. Hier konnten Kinder mit Unterstützung des Künstlers Franz Jäger aus Brettern eine Wildsau zusammenzimmern, dort einen Baumstamm durchsägen, und wer gerne mal Robin Hood sein wollte, der durfte sich im Bogenschießen versuchen. Kleine Mädchen steuerten bevorzugt den Stand einer Waldnymphe in Tracht und geflochtenem Kranz aus Farn, Weide und Kamille um die Stirn an, um ebenfalls bald wie ihr Vorbild auszusehen. Am gleichen Stand bekamen sie ein Make-up mit Wasserfarben verpasst.

Mit Papas Hilfe: Bogenschießen wie Robin Hood.
Mit Papas Hilfe: Bogenschießen wie Robin Hood. (Foto: Robert Haas)

Es gab mehrere Stände, an denen neben Bier und Limo, Kaffee und frischen Waffeln auch Bratwürste „vom Reh“ angeboten wurden. Wer lange durchhielt, konnte sich an einer kleinen Nachtwanderung entlang des Walderlebnispfades mit zwölf interaktiven Stationen beteiligen, die das Ökosystem Wald spielerisch und lehrreich vermitteln. Der Weg ist auch für Besucher mit eingeschränkter Mobilität zugänglich.

Immer ein Publikumsmagnet sind die Wildschweine im Walderlebniszentrum Grünwald. Besonders Kinder schauen bei der Fütterung der Tiere begeistert zu.
Immer ein Publikumsmagnet sind die Wildschweine im Walderlebniszentrum Grünwald. Besonders Kinder schauen bei der Fütterung der Tiere begeistert zu. (Foto: Claus Schunk)

Es versteht sich, dass für die Kinder der Beginn des Festes mit Ansprachen nicht gerade prickelnd war und sie währenddessen lieber das Gelände erkundeten. Aber gerade die vielen Mitarbeiter des Walderlebniszentrums vernahmen gerne die Worte von Reinhard Menzel, dem Behördenleiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ebersberg-Erding (AELF). Attestierte dieser ihnen doch, „Waldpädagogik vom Feinsten“ zu betreiben. Die Besucher sollten den Wald mit allen Sinnen erleben „Umweltbildung und Naherholung auf 144 Hektar, das sind 200 Fußballfelder“, rechnete der Amtschef vor. Ein Alleinstellungsmerkmal unter den zwölf Walderlebniszentren in Bayern seien das Wildschweingehege und die täglichen öffentlichen Fütterungen im Grünwalder Revier.

SZ Good News
:Gute Nachrichten aus München – jetzt auf Whatsapp abonnieren

Mehr positive Neuigkeiten im Alltag: Die Süddeutsche Zeitung verbreitet jeden Tag auf Whatsapp ausschließlich schöne und heitere Nachrichten aus München und der Region. So können Sie ihn abonnieren.

Ins gleiche Horn stieß Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU), der das Walderlebniszentrum als Besuchermagnet auf die gleiche Höhe stellte wie die Burg Grünwald und die Bavaria Filmstadt. Der Gemeindechef lieferte den historischen Hintergrund des Walderlebniszentrums, dessen zentrales bauliches Element der Pavillon ist, der heute Platz für Ausstellungen bietet. Unter König Max II. im Jahr 1863 war er als königliche Jagdunterkunft errichtet worden.

Schweres Gerät: eine Vorführung der mobilen Bandsäge.
Schweres Gerät: eine Vorführung der mobilen Bandsäge. (Foto: Robert Haas)

Den privilegierten Münchnern habe es hier in der Sauschütt so gut gefallen, dass sie gar nicht mehr nach München zurückkehren wollten, berichtete Neusiedl und überraschte einige Besucher mit der Tatsache, dass zu königlichen Zeiten Kühe im Grünwalder Forst weideten. Auch er sei stolz auf das Walderlebniszentrum, sagte Neusiedl.

100 000 Kinder nutzen jährlich den Erlebnispfad

Noch stolzer zeigte sich die Leiterin der Einrichtung, Xenia Rüskamp, die man den ganzen Abend über nur zufrieden lächelnd über das Festgelände schlendern sah. Inmitten eines historisch außergewöhnlichen Areals habe sich das Zentrum zu einem festen Bestandteil der außerschulischen Bildung und Naherholung entwickelt, heißt es in einer Pressemeldung des AELF. 20 Waldführer gehören zum Team von Xenia Rüskamp, das sich über fehlende Nachfrage nicht beklagen kann. Circa 100 000 Kinder spazieren jährlich entlang des Erlebnispfades, zumeist während Walderlebnistouren für Kindergärten, Schulklassen oder für Familien mit Kindern.

Schnell zusammengezimmert: Bürgermeister Jan Neusiedl und Walderlebnis-Leiterin Xenia Rüskamp mit der hölzernen Wildsau, die die Besucher gebaut haben.
Schnell zusammengezimmert: Bürgermeister Jan Neusiedl und Walderlebnis-Leiterin Xenia Rüskamp mit der hölzernen Wildsau, die die Besucher gebaut haben. (Foto: Robert Haas)

Für den Festtag hatte Xenia Rüskamp zwei Falkner engagieren können, die ständig umringt waren von großen und kleinen Besuchern. Paul Klima und Vivian Meiser aus Dietramszell sind in Begleitung von Buntfalke „Calimero“ und Sakerfalke „Arthur“ gekommen. Klar waren die Kinder begeistert von den beiden Wildvögeln und staunten nicht schlecht, als sie von der Höchstgeschwindigkeit der Falken erfuhren. „Wow“, entfuhr es einem Buben, als Klima „Tempo 340 bis 360“ im Sturzflug für die Falken angab.

Und wohl keiner der kleinen Zuhörer wird jemals vergessen, warum die Falken einen kleinen Zapfen am Schnabel haben. Dieses sei ein Ventil, ohne das der Vogel im Sturzflug „wie ein Luftballon platzen würde“, erklärte Klima. Dann konnte auch Vogelkundler Manfred Siering Wissenswertes beitragen. Der 78-Jährige, der seit bereits 40 Jahren die Bund-Naturschutz-Ortsgruppe Grünwald-Straßlach-Dingharting leitet, überraschte mit der Aussage, dass „Calimero“ und „Arthur“ gar nicht zu den Raubvögeln gehören, wie man erst seit wenigen Jahren wisse, sondern dass Falken mit Papageien verwandt seien. Wieder was gelernt.

Die von Kindern gezimmerte Wildsau war rechtzeitig fertig geworden, ehe der gegen 22.30 Uhr stärker werdende Regen das Fest eine halbe Stunde vor dem geplanten Schluss beendete. Die Wildsau werde demnächst ins Gehege versetzt, sagte Xenia Rüskamp.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Soziales Engagement
:Der Radl-Doktor von Garching

Werner Fuß kümmert sich in einer Flüchtlingsunterkunft seit 2015 mit viel Engagement um die Reparatur kaputter Fahrräder und ertüchtigt alte, damit Geflüchtete diese für kleines Geld erwerben können. An die 600 Exemplare hat er bereits hergerichtet.

Von Sabine Wejsada

Lesen Sie mehr zum Thema

  • Medizin, Gesundheit & Soziales
  • Tech. Entwicklung & Konstruktion
  • Consulting & Beratung
  • Marketing, PR & Werbung
  • Fahrzeugbau & Zulieferer
  • IT/TK Softwareentwicklung
  • Tech. Management & Projektplanung
  • Vertrieb, Verkauf & Handel
  • Forschung & Entwicklung
Jetzt entdecken

Gutscheine: