Verkehr im Landkreis München:"Mit diesen Autos kann man gar nicht 30 fahren"

Verkehr im Landkreis München: Dicke, PS-starke Autos gehören zum Straßenbild von Grünwald.

Dicke, PS-starke Autos gehören zum Straßenbild von Grünwald.

(Foto: Claus Schunk)

In Grünwald wird es auch weiterhin kein flächendeckendes Tempolimit geben. Ein CSU-Gemeinderat begründet die Ablehnung mit der Vorliebe der Bürger für dicke Schlitten.

Von Iris Hilberth, Grünwald

Wie neidisch manche Grünwalder auf die Nachbarorte schielen, wenn es um den innerörtlichen Verkehr geht: Tempo 30 auf allen Straßen, mit Ausnahme der staatlichen Durchgangsstrecken - das wünschen sich auch viele in dem Münchner Millionärsvorort. Doch was etwa in Oberhaching und Unterhaching seit vielen Jahren funktioniert, ist in Grünwald nicht möglich. Im Rathaus verweist man stets auf die Straßenverkehrsordnung, die ein Ausbremsen der Autofahrer angeblich nicht zulässt. In der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend wurde nun aber deutlich, dass noch etwas ganz anderes hinter der ablehnenden Haltung steckt: Es sind die dicken Autos der Grünwalder.

Das machte zumindest CSU-Gemeinderat Thomas Lindbüchl nach gut einstündiger Debatte über Gefahrenlagen, Sammelstraßen, sensible Wohngebiete und rechtliche Grundlagen deutlich. "Die Leute fahren in den 30er-Zonen eh 50", will er festgestellt haben. Und er weiß auch warum: In Grünwald hätten viele Leute große Autos. Wenn man da aufs Gas trete, sei man gleich bei 50. "Mit diesen Autos kann man gar nicht 30 fahren." Die Diskussion war damit beendet. Nur vier von 21 Gemeinderäten wollten trotzdem das Tempolimit.

Anlass der Debatte war, dass in der jüngsten Bürgerversammlung wie jedes Jahr der Antrag gestellt worden war, endlich in Grünwald flächendeckend Tempo 30 anzuordnen. Auf den Anliegerstraßen und an manchen anderen Stellen, wie etwa vor der Grundschule, zur Verkehrssicherung von Schulwegen oder am Freizeitpark gibt es eine solche Begrenzung bereits seit 2008. Mehr geht nicht, ist man seither in der Rathausverwaltung überzeugt. Doch nicht jeder in Grünwald will sich damit zufrieden geben.

"Das Thema beschäftigt uns jetzt seit über 20 Jahren, es brennt der Bürgerschaft auf den Nägeln, denn nach wie vor gibt es viele Anträge dazu", sagte Achim Zeppenfeld (SPD) und regte an, doch noch einmal zu prüfen, was man machen könne. Am besten, so Zeppenfeld, beauftrage man noch einmal das gleiche Planungsbüro wie damals, um eine aktuelle Einschätzung der Lage zu bekommen. Genügend Mitstreiter fand er dafür aber nicht.

Die Mehrheit in dem Gremium findet die Argumentation der Rathausverwaltung plausibel: Wo keine Gefahren, da kein Tempolimit nötig. Die Polizeiinspektion Grünwald prüfe das in regelmäßigen Abständen. Im Rathaus verweist man auf Paragraf 45 der Straßenverkehrsordnung, die eben Tempo 30 nur für weniger befahrene Straßen zulasse. Dass der Deutsche Städtetag gerade einen neuen Vorstoß zum Thema Tempo 30 in Städten und Gemeinden unternommen hat und in einer Resolution die Anpassung des Verkehrsrechts dahingehend fordert, dass Kommunen künftig selbst entscheiden können, wo ein Tempolimit sinnvoll wäre, interessiert in Grünwald die wenigsten. "Es wird sich etwas ändern", ist zwar Angela Zahn (FDP) überzeugt, doch ihr Einwurf verhallte im großen Rund des Gemeinderatstischs.

Man pocht also weiter auf Tempo 50 auf sogenannten Sammelstraßen, wobei die Verwaltung zugab, dass dieser Begriff "rechtlich gar nicht etabliert" sei. Aber, so Robert Zettel von der CSU, diese Sammelstraßen gebe es schließlich seit der "Urplanung von Grünwald in den Zwanzigerjahren", damit sich der Verkehr eben keinen anderen Weg suche. Andernfalls bekomme man ihn in Gebiete, die bislang nicht belastet seien. "Wenn die Leute mit 30 da rausgurken, funktioniert es nicht", ist er überzeugt. Auch Tempo 40 wie in Pullach ist keine Option für die Grünwalder. Denn, so sagt die Rathausverwaltung: "Das gibt es in der Rechtsprechung gar nicht, was Pullach da macht ist rechtswidrig."

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