Grünwald:Konflikte mit Biss

Grünwald: Dieser Hund ist an der Leine. Doch viele Leute nutzen die große Freifläche, um die Vierbeiner frei laufen zu lassen.

Dieser Hund ist an der Leine. Doch viele Leute nutzen die große Freifläche, um die Vierbeiner frei laufen zu lassen.

(Foto: Claus Schunk)

In der Gemeinde mehren sich Konflikte mit Hunden. Nach einer Attacke ermittelt die Polizei

Von Claudia Wessel, Grünwald

Eine Szene auf der Hundewiese in Grünwald, die Aufsehen erregt hätte, hätte sie sich nicht in der Dunkelheit eines Wintermorgens zugetragen, am 8. Februar, um 6.35 Uhr: Ein Ehepaar liegt auf dem Boden, beide auf dem Rücken, beide einen Hund auf dem Bauch. Die Ehefrau hält ihren eigenen Border Collie namens Adam fest, ihr Mann hat auf der Grünfläche an der Zugspitzstraße einen Jagdhund an dessen Hals unter seine Armbeuge geklemmt, eine Bracke namens Xantl, die seine Frau gerade gebissen hat. Der Besitzer von Xantl ist erst mal nicht zu sehen.

So schildert die gebissene Hundebesitzerin den Vorfall. Es ist nachweislich nicht das erste Mal, dass Xantl sich als Angreifer betätigt hat. Das bis dahin letzte Mal ist allerdings schon ein paar Jahre her. Damals ging der Hund an der Leine mit seinem Besitzer auf der Hundewiese spazieren, ein kleiner Malteser kam ihm zu nahe, er packte ihn mit seiner Schnauze und schüttelte ihn. Der nur zwei Kilo schwere Malteser wurde so schwer verletzt, dass seine Besitzerin ihn einschläfern lassen musste. Eine Horrorgeschichte, die man sich unter Grünwalder Hundebesitzern immer wieder erzählt. Da Xantl an der Leine war, konnte der Besitzer nicht belangt werden.

Hunde, die nicht einfach nur friedlich ihrer Wege laufen auf der Oberen Eierwiese in Grünwald, - das ist zwar nicht an der Tagesordnung, kommt aber immer mal wieder vor. Die aktuelle Beschwerde wird vom Grünwalder Ordnungsamt derzeit geprüft. "Beide Parteien wurden angehört", sagt Pressesprecherin Eva Hesse. "Da es ein offenes Verfahren ist, das auch von Seiten der Polizei geklärt wird, kann die Gemeinde dazu zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Informationen geben." Bei der Polizei wird der Fall als fahrlässige Körperverletzung geführt, gibt der Leiter der Inspektion Grünwald, Andreas Forster, Auskunft. Beschuldigt ist Xantl beziehungsweise sein Besitzer.

Konflikte dieser Art dauerhaft zu vermeiden, ist für Gemeinde und Polizei schwierig. Vor allem, da sich die Hundebesitzer auch untereinander gegenseitig Vorwürfe machen, wegen falscher Haltung oder falscher Hundeerziehung. Auch Adam hat schon mal zugebissen und seinem Herrchen eine gerichtlich angeordnete Strafe von 500 Euro eingebracht, weil der dem Opfer, einer anderen Hundebesitzerin, offenbar nicht zur Hilfe eilte, sondern einfach im Haus verschwand, vor dem die Sache sich zugetragen hatte. Bei den meisten Fällen steht Aussage gegen Aussage.

Diesmal hat nun die Besitzerin von Adam Anzeige erstattet, gegen das Herrchen von Xantl. Weil dieser angeblich nicht eingeschritten sei, weder durch Pfeifen oder ein anderes Kommando für seinen Jagdhund, damit dieser von seinem Opfer abließ. So musste der Ehemann das Tier packen und unter seine Armbeuge klemmen. Wenn man sich in Grünwald durchfragt nach der Szene auf der "Hundewiese", hört man nicht nur Gutes. Zum einen wird beklagt, dass viele Städter oder Ortsfremde mit dem Auto ankommen, einfach die Heckklappe öffnen und ihre Hunde losrennen lassen. Bei einem solchen Verhalten kann der Besitzer natürlich nicht eingreifen, wenn der Hund jemanden angreift. Zum anderen tut natürlich auch der Corona-Lockdown das Seine zum Treiben auf der Hundewiese. Viele haben sich Hunde angeschafft, aus Einsamkeit oder weil sie im Lockdown plötzlich so viel Zeit haben. Die Zahl der Vierbeiner, die auf der Oberen Eierwiese unterwegs sind, steigt, die Zahl der Konflikte gezwungenermaßen auch.

Sie meide die Hundewiese inzwischen komplett, sagt eine Hundebesitzerin aus dem Ort, die nicht namentlich genannt werden möchte angesichts des Konfliktpotenzials, das die Tiere mit sich bringen. Der Grund liegt im aggressiven Verhalten gewisser ortsbekannter Hunde, wobei die Meinungen darüber, welches Tier das Schuldige sei, stark auseinander gehen.

Einer dieser bekannten Hunde soll auch Adam sein, verraten mehrere Anwohner der Oberen Eierwiese, die beteuern, sie hätten Angst vor ihm. Der Hund sei nämlich besonders aggressiv und "frustriert", weil er den ganzen Tag im Garten hinter dem Zaun verbringen müsse. Er sehe die anderen Hunde auf der Hundewiese toben, könne aber nicht raus, erklärt ein Nachbar. Oft stecke er daher seine Schnauze durch den Zaun und versuche zu beißen. Die Besitzerin von Adam wiederum hat Angst vor Xantl, denn sie hat vor Jahren dessen Angriff auf den kleinen Malteser als Augenzeugin miterlebt. Seither versucht sie, Xantl aus dem Weg zu gehen. Ihre brisante Frage: "Gehört ein scharfer Jagdhund auf die Hundewiese?"

Wie sich an diesem Morgen alles abgespielt hat, sieht der Besitzer von Xantl natürlich anders. "Es war ein bedauerlicher Unfall", sagt er. "Die Hunde haben gerauft und die Frau wollte sie trennen", sagt er. Sein Hund sei geprüft, er werde bei Jagden in den Staatsforsten eingesetzt. "Es ist auch noch nicht geklärt, ob es mein Hund war, der die Frau gebissen hat", sagt der Bracke-Besitzer. Das soll nun ein Gebissgutachten klären - vermutlich im Gerichtssaal.

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