Süddeutsche Zeitung

Gastronomie:In der Grünwalder Einkehr kehrt niemand mehr ein

Das historische Wirtshaus in Geiselgasteig wird nicht abgerissen, sondern erhalten. Statt einer Gaststätte werden darin aber Wohnungen untergebracht.

Von Claudia Wessel, Grünwald

"Einkehr 2025" nennt sich das neue Konzept für die Grünwalder Einkehr, das sich stark anlehnt an deren Aussehen im Jahre 1905. Der Gemeinderat hat die Pläne, die laut Bauamtsleiter Stefan Rothörl ein "zurückgenommener Baustil" auszeichnet, am Dienstagabend abgesegnet. Schon vor über hundert Jahren bildeten mehrere Gebäude einen Hof und waren durch einen Torbogen verbunden. Von einem ähnlichen Anblick wird der Besucher von Grünwald auch in etwa vier Jahren wieder am Ortsanfang an der Nördlichen Münchner Straße empfangen.

Dieser erste Eindruck war der Gemeinde sehr wichtig, weshalb nach dem Verkauf des Gasthauses an eine Investorengruppe, die es abreißen und Wohnhäuser errichten wollte, schnellstens eine Veränderungssperre erlassen worden war. Inzwischen, so Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU) am Dienstag, hätten sich die Investoren "auf die Gemeinde zubewegt".

Das mussten sie auch, denn im Mai kam der Gemeinde der Landesdenkmalrat zur Hilfe, der die Gaststätte gemeinsam mit der gegenüber liegenden Kapelle Heilig Blut zum "Ensemble Geiselgasteig" erklärte. Damit durfte das Gasthaus nicht mehr abgerissen werden. Gegen einen Abriss hatten auch zahlreiche Grünwalder Prominente protestiert, etwa die Witwe von Joachim Fuchsberger und Alice Kessler von den Kessler-Zwillingen.

Der Kunstminister greift ein

Bayerns Kunstminister Bernd Sibler (CSU) rettete ihre Erinnerungen an viele Abende in der Einkehr und sagte: "Kapelle und Gaststätte prägen als ältester bebauter Bereich des Ortsteils Geiselgasteig zusammen den Ortseingang und heißen Besucher und Einwohner traditionsreich willkommen. Dieses historische Bild wird nun als Denkmal gesichert."

Die Architekten planten also um. Das Gebäude der Gaststätte wird ergänzt durch zwei weitere. Der hintere Teil der Einkehr, alles, was in jüngerer Zeit angebaut wurde, wird entfernt, sodass es wieder das historische Haus ist. Auch das alte Salettl daneben wird abgerissen. In allen drei Gebäuden werden vorwiegend Wohnungen, in den vorderen und zur Straßenseite auch Gewerbeflächen, entstehen. Das Konzept begeistert die Gemeinderäte. Alexander Steininger (CSU), selbst Architekt, sagte: "Das ist einer der Momente, in denen man sich freut, im Gemeinderat mitarbeiten zu können." Die Veränderungssperre sei das Beste gewesen, was die Gemeinde tun konnte. "Respekt für das, was nun bei den neuen Planungen herausgekommen ist."

"Schnelles Handeln und ein gutes Zusammenspiel" lobte auch seine Fraktionskollegin Uschi Kneidl. Auch alle anderen Fraktionen zeigten sich mit der Lösung sehr zufrieden. Ein kleiner Verbesserungsvorschlag von Achim Zeppenfeld (SPD) und Ingrid Reinhart (Grüne) war lediglich, die Gebäude nicht allzu nah an die Straße zu bauen, um Platz für den Radweg zu lassen. Neusiedl versprach, dies weiterzugeben und hatte keine Zweifel daran, dass es möglich sei. "Wir sind ganz am Anfang der Planungen." Weitere stimmungsvolle Abende an der Adresse der Einkehr stehen den Grünwalder Promis allerdings nicht bevor. Denn eine Gaststätte wird dort nicht mehr einziehen. Die Gewerbeflächen werden vermutlich eher durch Büros oder Läden genutzt werden.

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SZ vom 28.10.2021/belo
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