Süddeutsche Zeitung

Grünwald:Friedhof der Berühmten

In Grünwald ruhen viele Schauspieler, Künstler und Politiker. Das ist kein Zufall. Denn schon in den Zwanzigerjahren war der Ort eine beliebte Wohngegend für Prominente - auch wegen der Nähe zu den Bavaria-Filmstudios

Von Laura Zwerger, Grünwald

Professoren und Schauspieler, Bildhauer oder Bürgermeister - alle haben sie eines gemeinsam: Auf dem Waldfriedhof Grünwald bleiben sie der Menschheit in Erinnerung. Und in diesem Jahr sogar ganz besonders, denn der Münchner Begräbnisverein hat zusammen mit der Friedhofsexpertin Christa Bühl zu einem Spaziergang auf dem Waldfriedhof Grünwald eingeladen.

Petra Preis vom Münchener Begräbnisverein organisiert jährlich Führungen über die großen Friedhöfe Münchens, um damit einer gesellschaftlichen Entwicklung entgegen zu wirken: "Die Bestattungskultur soll nicht in Vergessenheit geraten", erklärt sie. "Wir möchten die Hemmschwelle bei dieser Thematik abbauen." Und bei dem mehr als zweistündigen Spaziergang über den Grünwalder Waldfriedhof hören sich die Geschichten von Christa Bühl keineswegs unheimlich oder traurig an. Die Friedhofsexpertin strickt vielmehr eine ganze Lebensgeschichte um die einzelnen Gräber und die darin ruhenden Verstorbenen.

So ist den rund 20 Teilnehmern zwar die Beerdigung des Grünwalder Altbürgermeisters Hubertus Lindner noch sehr gut im Gedächtnis, was es jedoch mit dem Bildhauer Alexander Fischer auf sich hatte, das erklärte Bühl dann an seinem Grab: "Er war ein umstrittener Bildhauer hier in München", erzählt sie. Neben der Statue des "wilden Pferdes" in der Brienner Straße sei durch seine Hand unter anderem auch die Figur des "großen Liebespaares" in Bogenhausen entstanden.

Neben heutzutage in Vergessenheit geratenen Persönlichkeiten beherbergt der Waldfriedhof Grünwald allerdings auch Berühmtheiten, an die sich die Besucher des Spaziergangs alle noch gut erinnern können: So ruhen hier nicht nur die Schauspielerin Luise Ullrich, bekannt unter anderem aus dem Fernseh-Fünfteiler "Acht Stunden sind kein Tag" von Rainer Werner Fassbinder, sondern auch der Schauspieler und Entertainer Joachim "Blacky" Fuchsberger oder der erzkonservative CSU-Mitgründer und Franz-Josef-Strauß-Gegenspieler Alois Hundhammer.

"Bei einem Spaziergang durch die einzelnen Grabreihen wird hier viel Kunstgeschichte lebendig", beschreibt der Münchener Begräbnisverein die Besonderheit des Grünwalder Friedhofes. Und dass eben dieser Friedhof so eine Fülle an Prominenz aufweist, das ist keineswegs ein Zufall: Vor bald einem Jahrhundert wurde der Friedhof Ende der Zwanzigerjahre eröffnet - in einer prominenten Wohngegend und nahe den Bavaria-Filmstudios.

Von Ruhm und Trubel ist während des Spaziergangs jedoch, abgesehen von den unterhaltsamen Geschichten, nichts mehr zu hören. Auf dem Grünwalder Friedhof selbst zwitschern lediglich ein paar Vögel, die auf den Ästen der vielen Bäume des Mischwaldes sitzen. Und wandert man von Grab zu Grab über den moosbewachsenen Waldboden, dann scheinen immer wieder einzelne Sonnenstrahlen durch die Blätter hindurch - und lassen das Grab von Luise Ullrich, Joachim Fuchsberger oder Hubertus Lindner aufleuchten.

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Quelle:
SZ vom 20.09.2016
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