Grünwald:"Die Jungs haben das a bisserl unterschätzt"

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Von 1983 bis 1997 war Andreas Geitl Küchenchef im Forsthaus Wörnbrunn. Vor allem mit Wirt Richard Süßmeier "lief der Laden wie verrückt", sagt er, (Foto: Claus Schunk)

Starkoch Andreas Geitl äußert sich im SZ-Interview über die Gastronomie in Grünwald. Seine Vision für das Forsthaus Wörnbrunn: Ein High-Class-Wellnesshotel.

Interview von Claudia Wessel, Grünwald

Andreas Geitl hat viele Jahrzehnte Erfahrung in der Gastronomie hinter sich. Er stammt aus einer Wirte-Familie in der Hallertau, machte seine Kochlehre in Garmisch und bekam seine erste Stelle als Küchenchef 1983 im Forsthaus Wörnbrunn bei Richard Süßmeier, wo er 14 Jahre lang den großen Erfolg mitgestaltet hat. Von 2002 bis 2017 war er Küchendirektor am Nockherberg und im Winzerer Fähndl, von 2009 bis Februar 2018 in der Grünwalder Einkehr für die kulinarische Organisation zuständig. Mittlerweile ist er Fernsehkoch und bietet "Gastro-Consulting" an. Die SZ sprach mit ihm über Erfolge und Misserfolge der Gaststätten in Grünwald.

SZ: Das Forsthaus Wörnbrunn scheint verflucht, schon drei Pächter sind gescheitert . Was hat sich seit Ihrer Zeit geändert?

Andreas Geitl: Na ja, verflucht möchte ich nicht sagen, aber richtig ist, es sind einfach nicht mehr dieselben Zeiten wie damals, als Eltern und Kinder in dasselbe bayerische Wirtshaus gingen und alle Familienfeiern dort ausrichteten. Damals war das Forsthaus Wörnbrunn dafür sehr beliebt, nicht zuletzt auch wegen des grandiosen Wirts Richard Süßmeier. Inzwischen gibt es aber ein umfassendes Angebot an Gaststätten in Grünwald. Seinerzeit gab es nur einen Chinesen, keine Bar Italia, der Alte Wirt war noch nicht auf Bio spezialisiert et cetera. Zudem: Das gesamte Konsum- und Ernährungsverhalten der Menschen hat sich verändert, nicht zu vergessen das Rauchverbot in Gaststätten und die Promillekontrollen. Berücksichtigen Sie auch die günstigen, ja durchaus auch attraktiven Mittags- und Imbissangebot der Metzgereien, Bäckereien. Jedes Schuhgeschäft bietet heute Speisen und Getränke. Nicht zuletzt: Man ist schon auch ein wenig bequem geworden. Ich sage nur: Call a Pizza oder was auch immer. Schwere Zeiten für die klassische Gastronomie.

Gibt es noch Hoffnung für das Forsthaus?

Ich glaube schon. Aber man kann und sollte nicht einfach an früher anknüpfen, sondern muss den Mythos vom Forsthaus in die Jetztzeit, ins Heute übertragen.

Das haben ja wohl die letzten Pächter gerade versucht, aber es war vergeblich.

Die Eröffnung war toll aufgezogen. Allerdings war ein Pop-up-Biergarten, der im September eröffnet, vielleicht schon per se problematisch. Ich glaube, die Jungs haben das a bisserl überschätzt beziehungsweise unterschätzt. Ich mag Flammkuchen, aber fahre ich dafür ins Forsthaus Wörnbrunn?

Klingt eigentlich sehr jung und modern.

Ja, so klingt's Das alleine genügt aber nicht. Etwas mehr sollte die Küche schon auf der Pfanne haben. Aber - und, das sagt jetzt ein Koch - noch viel wichtiger ist ein freundlicher, herzlicher Service. Das Grünwalder Publikum ist im Grunde ein besonders leichtes Publikum. Es sind überwiegend gebildete Menschen mit viel Erfahrung in der Gastronomie, sie können essen und sie können genießen. Die Grünwalder sind keine "Muttertagsgäste", die nur einmal im Jahr ausgehen und sich wundern, dass sie nicht sofort bedient werden, ich nenne sie gerne Profigäste. Aber vor allem sind sie treue Gäste, sie verzeihen auch mal ein wenig zu viel Salz in der Suppe. Man sagt ja den Grünwaldern allgemein gerne nach, sie wären etwas anspruchsvoller, schwieriger, nörgelnder. Meine Erfahrung ist das nicht. Sie möchten einfach angenehm sitzen, gut essen und nett bedient werden. Ist ja auch nicht zu viel verlangt.

Angenommen, Sie würden das Forsthaus kaufen, was würden Sie den Grünwaldern dann bieten?

Ich würde ein High-Class-Wellnesshotel daraus machen. Sodass die Münchner nicht immer nach Kitzbühel fahren müssen für eine kurze Auszeit. Das Angebot muss auf jeden Fall top, top, top sein. Ein Neubau beziehungsweise ein Anbau wäre daher unumgänglich.

Ein Neubau ist unmöglich, da die Gemeinde dies nicht möchte. Sie hat ihr Vorverkaufsrecht ausgeübt und alle Grundstücke rundherum gekauft, eben um zu vermeiden, dass etwas gebaut wird, was ja die Eigentümerin Eva Bartenschlager auch vorhatte.

Dann sehe ich noch die Möglichkeit für ein Sternerestaurant mit Fine-Dining-Banketts. Für nicht alltäglichen Luxus würde es sich bestimmt eignen, heute mehr denn je. Dann bräuchte es aber auch einen Shuttleservice.

Eva Bartenschlager möchte verkaufen, es heißt für einen zweistelligen Millionenbetrag.

Ja, sie hat es offensiv angeboten, ich weiß von zwei Münchner Großgastronomen, denen sie das Forsthaus angeboten hat. Einer hat zu mir gesagt, nicht mal für die Hälfte wäre es für ihn interessant. Und man müsste ja dann auch sicher noch einiges reinstecken, es steht ja nun schon eine Weile leer und ist halt auch in die Jahre gekommen.

Auch das ehemalige Café Fischer an der Rathausstraße scheint vom Pech verfolgt, der Italiener, der es gepachtet hatte, ist wieder weg. Was würden Sie daraus machen?

Ich käme wieder auf ein Café zurück, ein Tagescafé mit Bistro und kleinen Speisen bis 18 oder 19 Uhr. Die Sonnenterrasse ist doch toll. Im Innenraum müsste man allerdings komplett umbauen. Chic und lässig müsste es werden. Ich denke, die Grünwalder würden das goutieren. Gäste aus dem nahen Römerschanz ebenso wie junge Mütter auf einen Kaffee oder ein Glas Spritziges. Vielleicht auch mit einem Wörnbrunner Flammkuchen. Na ja, war ja nur eine Idee.

Eine weitere Gastro-Pleite war das Café Grün im Haus der Begegnung.

Das konnte sich einfach nicht rechnen, so sexy ist die Gegend ja nicht und von den Bewohnern der 56 Wohnungen kann kein Café überleben. Da kann ich mir nur eine subventionierte Begegnungsstätte vorstellen.

© SZ vom 22.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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