Grünwald:CSU erhöht umstrittene Fahrtkostenpauschale

Grünwald: Grünwalds Bürgermeister Jan Neusiedl (rechts) nutzt nicht das Carsharing-Auto der Gemeinde, sondern seinen Privatwagen. Dafür bekommt er eine pauschale Entschädigung.

Grünwalds Bürgermeister Jan Neusiedl (rechts) nutzt nicht das Carsharing-Auto der Gemeinde, sondern seinen Privatwagen. Dafür bekommt er eine pauschale Entschädigung.

(Foto: Claus Schunk)

Die Grünen wollten prüfen, ob Bürgermeister Neusiedl nicht zu viel Geld für die dienstliche Nutzung seines Privatwagens erhält. Jetzt bekommt er noch mehr.

Von Udo Watter, Grünwald

Die neuen Luftreiniger in der Aula des Grünwalder Gymnasiums mögen geräuschlos und effektiv ihre Arbeit getan haben, die vergiftete Stimmung, die dort während der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend teils herrschte, konnten sie sicher nicht bereinigen. Die Diskussionen über zwei Anträge der Grünen - zum einen ging es um die Einrichtung von Home-Office-Arbeitsplätzen für das Rathauspersonal, zum anderen um die Festsetzung der Reisekostenpauschale von Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU) - mündeten jeweils in großen Dissens.

Besonders die Auseinandersetzung über die Rechtmäßigkeit der Reisekostenpauschale von 350 Euro pro Monat für den Bürgermeister schaukelte sich derart hoch, dass die verärgerte CSU am Ende mit ihrer Mehrheit durchsetzte, diese auf 400 Euro zu erhöhen.

Auch der erste Punkt wurde teils recht emotional diskutiert, obwohl der Antrag selbst aus Sicht der Grünen mit der aktuellen Arbeitschutzverordnung des Bundes bezüglich des Home-Office-Angebots hinfällig geworden war.

Das Thema wurde trotzdem erörtert. Personalamtsleiter Rudi Pleithner legte dar, wie erfolgreich die Gemeinde seit März 2020 Maßnahmen realisiert habe, um die Ansteckungsgefahr am Arbeitsplatz zu minimieren: unter anderem mit Schichtdienst, Laptops, Luftreinigern, Videokonferenzen. Bisher habe es erst zwei Corona-Fälle gegeben, wobei sich die Betroffenen privat infiziert hätten.

Bürgermeister Neusiedl betonte, dass Grünwald führend und im Bezug auf die Digitalisierung sehr weit sei. Dass trotzdem etliche Nachfragen aus den Reihen der Grünen, Parteifreien, FDP und SPD kamen, etwa über die Einbindung des Personalrats, weckte das Missfallen der CSU. Das ging so weit, dass Sindy Loos den Geschäftsordnungsantrag stellte, die Debatte zu beenden - zum Unmut der anderen.

Die Grünen fordern, dass der Bürgermeister drei Monate Fahrtenbuch führt

Noch hitziger gestaltete sich die Frage um die Reisekostenpauschale für Neusiedl. Hier war die Initiative von Ingrid Reinhart, die für die Grünen Mitglied im Rechnungsprüfungsausschuss ist, ausgegangen. Der Antrag, den ihre Fraktionskollegin Susanne Kruse begründete, zielt darauf ab, dass der Bürgermeister für drei Monate ein Fahrtenbuch führen solle, auf dessen Grundlage dann die Höhe der Pauschale für die Nutzung seines Privatwagens festgelegt werden könne.

Unter anderem beriefen sich die Befürworter des Antrags auf Empfehlungen des Gemeindetages und das Reisenkostengesetz. Es gehe um "repräsentative Aufzeichnungen" für drei Monate, ein "überschaubarer Aufwand", so Kruse, und "ergebnisoffen".

Aus Sicht der Grünen ist es bedenklich, dass die Grundlage seit mehr als 30 Jahren - die erste Festsetzung gab es 1984 für den parteifreien Bürgermeister Hubertus Lindner - nicht überprüft worden ist. Zum letzten Mal hat der Gemeinderat 2002 über die Wegstreckenentschädigung abgestimmt und damals beim Amtsantritt von Neusiedl die 350 Euro festgelegt.

Für 350 Euro müsste Neusiedl tausend Kilometer im Monat fahren

Es habe aber nie eine auf Basis von Aufzeichnungen erstellte Grundlage gegeben, so Kruse; dies sei nötig, "um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein". Da die Vergütung 35 Cent pro Kilometer betrage, müsste Neusiedl tausend Kilometer pro Monat an Fahrkosten haben. Das sei eher unwahrscheinlich.

Die Rathausverwaltung in Person von Pleithner sah die Lage anders und berief sich auch auf eine Stellungnahme des Landratsamts, in welcher die Pauschale nicht als unverhältnismäßig hoch eingeschätzt und kein Verstoß erkannt wird. Auch bestehe kein Anlass, neu über die Pauschale zu entscheiden. Freilich stehe es dem Gemeinderat jederzeit frei, diese neu festzusetzen.

Die Sitzungsleitung hatte hier Zweiter Bürgermeister Stephan Weidenbach (CSU). Jan Neusiedl, ohne dessen Zustimmung die Diskussion, zumindest aus Sicht der Verwaltung, gar nicht öffentlich hätte stattfinden können, hielt sich raus. Seine Partei betonte, dass ein Dienstwagen die Gemeinde viel teurer käme und besonders Robert Zettel sprach von "Pfennigfuchserei" und beantragte die Erhöhung auf 400 Euro. Das brachte ihm heftige Kritik von Michael Ritz (FDP) ein: "Die Feinfühligkeit geht ihnen vollkommen ab." Alle Vertreter der CSU stimmten für die Erhöhung. Für Ingrid Reinhart "eine Machtdemonstration". Sie kündigte an, diesen Punkt rechtlich überprüfen zu lassen.

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