Neubiberg:Wie grün sind sich die Grünen?

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Andrea Bernatowicz war 2015 in die Neubiberger Grünen-Fraktion nachgerückt, nun bittet die einzige Frau in der Fraktion vorzeitig um ihre Entlassung aus dem Gremium. (Foto: Angelika Bardehle)

Der Rücktritt einer Gemeinderätin heizt die Spekulationen um ein Zerwürfnis im Ortsverband weiter an.

Von Martin Mühlfenzl, Neubiberg

Die Fraktion der Grünen im Neubiberger Gemeinderat wird jünger - und männlicher. An diesem Montag wird der 27-jährige Frederik Börner als neuestes Mitglied des Gremiums vereidigt. Dass sich das Gremium kurz vor Ende der Wahlperiode noch einmal verändert, liegt an der bisher einzigen Frau in der fünfköpfigen Grünen-Fraktion: Andrea Bernatowicz hat ihre Entlassung aus dem Gremium beantragt.

Zu den Gründen will sich die promovierte Chemikerin nicht äußern. Sie bleibe aber Mitglied der Grünen, teilte sie der SZ schriftlich mit. Ihre Demission fällt in eine Zeit, in der sich der Gemeinderat an einer inhaltlichen Frage tief gespalten zeigt: den Planungen für das neue Bürgerzentrum samt Erweiterung des Rathauses.

Vor gut drei Wochen brachten CSU und Grüne das etwa 23 Millionen Euro teure Projekt im Gemeinderat mit einer Stimme Mehrheit vorerst zu Fall. Andrea Bernatowicz hatte vor der Abstimmung den Saal verlassen. Schnell wurden darauf hin Spekulationen laut, die Gemeinderätin habe so vermeiden wollen, mit ihren Fraktionskollegen zu stimmen. Wie ihr Parteikollege Jürgen Leinweber, der bewusst der Abstimmung fernblieb, um nicht gegen die Erweiterung des Rathauses votieren zu müssen.

Bernatowicz teilt nun aber mit: "Ich war nach einem geplanten Durchatmen an der frischen Luft ausgesperrt, auf beiden Seiten der Aula ließen sich die Türen von außen nicht öffnen und ich hatte mein Handy in der Tasche drinnen - also ganz unspektakulär." Erst die Rauchpause eines Gemeinderatsmitglieds habe ihr "nach kalten 20 Minuten" wieder den Zugang ermöglicht, so Bernatowicz.

Ein Fraktionsmitglied schert aus

Von einem Zerwürfnis innerhalb der Fraktion könne daher keine Rede sein, sagt Fraktionssprecher Kilian Körner, der zur Wahl im März als Bürgermeisterkandidat seiner Partei antritt. Zu den Gründen für Bernatowicz' Demission könne er sich nicht äußern, es handle sich um "persönliche Gründe". Die Fraktion arbeite sehr gut zusammen, sei motiviert und wolle sich mit aller Kraft auf die Kommunalwahl konzentrieren. Wobei er einschränkend hinterherschiebt: "Also vier Fünftel."

Denn bei der Abstimmung übers Rathaus wurde erneut klar, dass ein Grüner gerne aus der Fraktion ausschert: Josef Kyrein gilt als eigenwilliger Kopf und lässt seine Kollegen dies auch spüren. "Wir wissen, dass er oft unterschiedlicher Ansicht ist, und das gehört auch dazu", sagt Körner.

Dass Kyrein über die Kommunalwahl hinaus dem Gemeinderat und den Grünen angehören wird, ist derzeit eher unwahrscheinlich. Das bestätigt auch Fraktionschef Körner: "Stand jetzt eher nicht." Am 27. November nominiert die Partei ihre Gemeinderatsliste, Bewerber für die 24 Plätze gebe es genug, sagt Körner. Sehr wahrscheinlich wird auch Andrea Bernatowicz wieder dazu gehören.

"Wenn es um Bernatowicz geht, glaube ich ja", sagt Körner auf die Frage, ob eine weitere Volte anstehen könnte: erst der Rücktritt aus dem Gemeinderat, dann die erneute Kandidatur. Die Grünen können oder wollen nicht alle Fragen beantworten, auch Andrea Bernatowicz gelingt dies in ihrer schriftlichen Antwort zu den "Gerüchten" nicht.

Ohnehin gehe es jetzt darum, sich wieder auf die Gemeinderatsarbeit zu konzentrieren, sagt Körner. Helfen soll dabei von Montag an der Sozialwissenschaftler Frederik Börner. Dann wird auch erneut die Rathauserweiterung auf der Tagesordnung stehen, mit einem neuen Sachstandsbericht, der Kostendarstellung und dem Projektablauf. Dass vier der fünf Grünen noch einmal ihre Meinung überdenken könnten, gilt derzeit als unwahrscheinlich.

Körner macht vorab deutlich, dass der Kostenfaktor nach wie vor eine entscheidende Rolle spiele und die derzeit geplante, temporäre Unterbringung der Rathausmitarbeiter in externen Räumlichkeiten auf einen Zeitraum von fünf Jahren eine gute Lösung sei. Dort werde schließlich auch der neue Bürgermeister oder die neue Bürgermeisterin einziehen, sagt er. "Es ist vollkommen klar: Kein Mitarbeiter muss befürchten, zu beengt untergebracht zu werden."

In einer früheren Fassung wurde Frederik Börner als Student der Sozialwissenschaften bezeichnet, tatsächlich hat er sein Studium mittlerweile abgeschlossen.

© SZ vom 18.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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