Wohin mit Windrädern im Großraum München, um die Energiewende auch im Süden Deutschlands voranzubringen? Diese Frage beschäftigt die Kommunal- und Landespolitik schon länger. Seit Dienstag steht zumindest der Entwurf für eine Windkraftplanung in der Region München. Vertreter der Stadt München sowie der Kommunen in den acht umliegenden Landkreisen Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, München, Starnberg und Landsberg am Lech haben bei einer Sitzung des Regionalen Planungsverbands (RPV) im Münchner Rathaus einstimmig ein Konzept für 65 Vorranggebiete angenommen.
Diese umfassen zusammen 110 Quadratkilometer Fläche. Im Norden Münchens sind eher kleine Gebiete vorgesehen, größere Cluster vor allem in Waldgebieten im Süden. Erholungsräume und die Kulturlandschaft sollen mit der Planung geschützt, ein Abstand von 1000 Metern zu Wohngebieten garantiert werden. Der RPV-Vorsitzende und Oberhachinger Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) zeigte sich nach dem einstimmigen Beschluss im historischen Kleinen Sitzungssaal des Münchner Rathauses angesichts des vorweihnachtlichen Friedens in der „kommunalen Familie“ erleichtert. Man habe gezeigt, dass man in der Lage sei, komplexe Aufgaben zu meistern.
Der Entwurf für die sogenannte Teilfortschreibung Windenergie im Regionalplan ist über Monate auf Fachebene und unter Beteiligung von Verbänden ausgearbeitet worden. In vielen Beratungen ging es um Artenschutz, Umweltbelange und auch Einschränkungen durch die Flugsicherung. Zuletzt war der Entwurf im September geändert worden: Nach Protesten von Kommunen, die eigene Planungen ausgebremst sahen, nahm der RPV unter anderem den Perlacher Forst als große Vorrangfläche auf. Die zunächst besonders großen Vorranggebiete im Süden der Region wurden dafür verkleinert und Abstände zu Windpark-Clustern verringert. Anderswo gab es Abstriche, weil Abstände zu Siedlungen weiter gefasst wurden. Mancherorts änderte man den Flächenzuschnitt, um eine Umzingelung von Orten durch Windkraftanlagen zu vermeiden.
Der RPV legt keine Ausschlussflächen Windenergie fest. „Unserem Fortschreibungsentwurf liegt eine Positivplanung zugrunde“, erläutert Wißmann die Entscheidung. Grundlage für die Prüfung war ein Antrag von Brunnthals Bürgermeister Stefan Kern (CSU), eine Umzingelung von Ortsteilen wie Hofolding durch Windenergieanlagen unter allen Umständen zu vermeiden.
Der jetzt gebilligte Entwurf sieht vor, in der Planungsregion München die vom Bund für das Jahr 2032 vorgegebene Verpflichtung, 1,8 Prozent der Landesfläche für Windkraftanlagen auszuweisen, bereits in einem Schritt bis 2026 zu erreichen. Dann sollen mit dem Inkrafttreten der Teilfortschreibung sogar auf zwei Prozent der Regionsfläche Rotoren möglich sein. Nach den Vorgaben des Bundes wären bis Ende 2027 nur 1,1 Prozent nötig.
Laut RPV-Geschäftsführer Wißmann wird der Teilplan eine steuernde Wirkung entfalten. Durch die Vorranggebiete entfalle die im Baugesetzbuch verankerte Privilegierung von Windenenergieanlagen im Außenbereich weitgehend. Städte und Gemeinden können darüber hinaus jedoch weitere Flächen für die Windkraftnutzung ermöglichen. Man wolle die kommunale Planungshoheit nicht einschränken, so Wißmann. So liegt etwa der Wald zwischen Keferloh und Haar, in dem Privatinvestoren neben dem Autobahnring A 99 bis zu sechs Windräder errichten wollen, in keinem Vorranggebiet.
Über Anlagen in Wasserschutzgebieten wird noch verhandelt
In einem nächsten Schritt ist jetzt die breite Öffentlichkeit gefragt: Von 7. Januar an sollen Behörden, Verbände und Bürger in zwei Beteiligungsverfahren Stellungnahmen zu dem Entwurf des Planungsverbands abgeben können. Die Frist dafür wird im ersten Verfahren eigens auf drei Monate verlängert. Im Anschluss werden die Stellungnahmen bearbeitet. Anfang Juni sollen Landräte und Bürgermeister informiert und Mitte Oktober soll ein Abwägungsbeschluss gefasst werden, mit dem Einwendungen aufgenommen werden. Eine zweite Auslegung ist für das letzte Quartal 2025 vorgesehen, sodass der Teilflächenplan Windkraft 2026 beschlossen werden könnte und dann in Kraft treten würde.
Eine gewisse Unsicherheit besteht noch, was Windkraftanlagen in Wasserschutzgebieten angeht. Wißmann zufolge läuft ein Abstimmungsverfahren mit dem bayerischen Umweltministerium. Bei 14 vorgesehenen Vorranggebieten im Raum Starnberg und einem im Landkreis Landsberg am Lech sind zudem Änderungen möglich. Dort geht es um sogenannte Konzentrationsflächen, die die Kommunen frühzeitig ausgewiesen haben und bei denen jetzt Zweifel aufgekommen sind, ob diese mit dem Artenschutz vereinbar sind. Wißmann spricht von „einem Sonderfall“, bei dem die Anhörung von Fachbehörden nicht abgeschlossen sei. Laut Thomas Bläser, dem Regionsbeauftragten der Regierung von Oberbayern, geht es um „kollisionsgefährdete Arten“ wie den Rotmilan, die Rohrweihe und den Wespenbussard.

