Großeinsätze am Wochenende:Lebensgefahr auf der Isar

Lesezeit: 3 Min.

Wasserretter müssen zwischen Wolfratshausen und Grünwald zahlreiche gekenterte Menschen bergen. Die Landratsämter Bad Tölz und München erlassen Bootsfahrverbote und verurteilen den Leichtsinn

Von Iris Hilberth und Stephanie Schwaderer, Landkreis

Leichtsinnige Bootsfahrer haben am Wochenende ihr Leben und das zahlreicher Rettungskräfte aufs Spiel gesetzt. Obwohl Isar und Loisach derzeit Hochwasser führen und unter der Wasseroberfläche treibende Äste und Baumstämme eine tückische Gefahr darstellen, brachen viele Ausflügler mit Schlauchbooten und Kanus zu Vergnügungstouren auf. Zwischen Geretsried und Grünwald kam es am Samstag zu mehreren Großeinsätzen wegen gekenterter Boote. Die Unfälle gingen alle glimpflich aus. Das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen erließ daraufhin ein Fahrverbot für den Bereich zwischen Geretsried und Egling. Das Landratsamt München sperrte die Isar von der südlichen Landkreisgrenze an der Dürnsteiner Brücke beim Bruckenfischer bis zur Großhesseloher Brücke.

Braun und trüb fließt die Isar seit den starken Regenfällen am Freitag gen München, und das ziemlich schnell. Inseln sind umspült, Äste und ganze Baumstämme treiben in den Fluten. Der Appell der Wasserwacht München war daher dringlich: "Fahrt dieses Wochenende bitte nicht auf der Isar!" Nicht alle ließen sich davon abhalten, und so strandeten sie bestenfalls auf Kiesbänken, einige aber kenterten. Allein zwischen Schäftlarn und Grünwald mussten am Samstagnachmittag insgesamt sechs Feuerwehren mit dem Wasserrettungszug der Berufsfeuerwehr ausrücken. Auch die Wasserwacht, die Rettungsschwimmer der Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) und zwei Hubschrauber waren im Einsatz.

Die Lage war für die Retter zunächst etwas unübersichtliche. Bei Baierbrunn soll ein Schlauchboot mit zwei Personen gekentert sein, hieß es zunächst, doch schnell folgte die Nachricht, dass sich insgesamt vier Leute in dem Boot befunden haben sollen, zwei waren zunächst verschwunden, wie das Polizeipräsidium München berichtet. Glücklicherweise hatten sie sich mit zwei weiteren Personen, deren Schlauchboot ebenfalls gekentert war, auf eine Kiesbank zwischen Isar und dem Kanal aus dem Mühltal gerettet. Wegen des Hochwassers bestand die Kiesbank nur noch aus einzelnen kleinen Inseln. Auch zwei Kinder mussten von einer Insel zwischen Mühltal und Bruckenfischer gerettet werden. Die Feuerwehr brachte die havarierten Schlauchbootfahrer in Buchenhain unterhalb des Klettergartens in Sicherheit.

"Einen solchen Tag brauchen wir nicht noch einmal", resümierte der Wolfratshauser Polizeihauptkommissar Ingo Wagner am Sonntagmorgen. Der erste Notruf war bei ihm am Samstag gegen 12.10 Uhr eingegangen. Eine Frau hatte beobachtet, dass beim Ickinger Stauwehr ein Schlauchboot gekentert und vier Leute über Bord gegangen waren. Während sich ein Großaufgebot an Rettungskräften auf die Suche machte, wurden die Gekenterten von anderen Bootsfahrern aus der Isar gefischt und von der Feuerwehr bei der Dürnsteiner Brücke an Land gebracht. Die vier Studenten aus München im Alter zwischen 28 und 31 Jahre waren laut Polizeibericht "sichtbar betrunken".

Großes Glück hatten nach den Worten von Hauptkommissar Wagner zwei Männer, die mit einem "völlig untauglichen Bötchen" am Ickinger Wehr in Not gerieten. Gegen 14.40 Uhr hatte ein Passant die um Hilfe rufenden Männer bemerkt. Wieder wurde ein Großaufgebot an Rettungskräften mobilisiert. Die beiden 36-jährigen Bootsfahrer aus Worms und Würzburg waren von den Wassermassen gegen einen Rechen des Wehrs gedrückt worden und nicht mehr in der Lage, sich zu befreien. Ihr Boot drohte zu kentern. Wanderer aus Taufkirchen warfen den beiden Leinen zu und sicherten sie bis zum Eintreffen der Rettungskräfte. "Wären sie ins Wasser gefallen, wären sie mit Sicherheit im Sog ertrunken", sagt Wagner. Eine Bergung per Motorboot war wegen der starken Strömung nicht möglich. Deshalb mussten sich Feuerwehrleute vom Wehr aus abseilen. Etwa 40 Schaulustige beobachteten das Geschehen und behinderten den Einsatz. "Die Polizei sprach mehrfach Platzverweise aus, um den Rettungskräften den Zugang zu ermöglichen."

Der nächste Notruf ging um 16.45 Uhr ein. An der Marienbrücke bei Wolfratshausen hatten sich 20 Frauen und Männer an Land gerettet, die in einer Gruppe mit 40 Leuten in vier Schlauchbooten gestartet waren. Wie sich herausstellte, war die andere Hälfte der Gruppe bei Geretsried auf einer Kiesbank gestrandet und vom Ufer abgeschnitten. Die Wasserwacht brachte sie unversehrt in ihren Schlauchbooten zur sicheren Ausstiegsstelle der Marienbrücke.

Gegen 16 Uhr erließ das Tölzer Landratsamt das "Befahrverbot" für die Isar. Wie lang dies bestehen bleiben soll, wird am Montag entschieden. Laut der Behörde soll vom Sylvensteinspeicher in diesen Tagen wieder mehr Wasser abgegeben werden, um auf einen normalen Pegelstand zu kommen. Mit Hochwasser sei daher auch in den nächsten Tagen zu rechnen.

Flächendeckend kontrollieren lässt sich das Fahrverbot, das über den Rundfunk und das Aufstellen von Schildern bekannt gemacht wird, nicht. Erneut musste eine Polizeistreife zur Wolfratshauser Marienbrücke ausrücken, weil Uneinsichtige trotz Warnung durch die Wasserwacht ihre Schlauchboote ins Wasser lassen wollten. Ihnen wurde ein Platzverweis erteilt.

© SZ vom 08.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: