Grenznah betrachtet:Enklaven im Niemandsland

Früher wuchsen Laubbäume statt der heutigen Fichten im Perlacher Forst, der mit Ausnahme vom Perlacher Mugl und der Münchner Enklave gemeindefreies Gebiet ist.

Von Iris Hilberth

Über mehr als 13 Quadratkilometer erstreckt sich der Perlacher Forst südöstlich von München, ein gemeindefreies Gebiet im Landkreis München. Doch gibt es zwei kleine Ausnahmen in diesem weitläufigen bewaldeten Areal. Der Perlacher Mugl, wo einst das Haus des ehemaligen königlichen Wildwärters stand und heute der 26 Meter hohe Aussichtshügel Spaziergängern einen Alpenblick gewährt. Dieses 1970 beim Bau der Autobahn aufgeschüttete Berglein, das alte Bunker überdeckt, gehört zur Gemeinde Unterhaching. Zuvor hatte hier ein altes Forsthaus gestanden, das der Waldarbeiter Heinrich Mehlstäubl 1945 mietete. "Seine Kinder sind hier zur Welt gekommen und damit Unterhachinger", berichtet Heimatpfleger Günter Staudter. Wesentlich weiter westlich, mit einer Zufahrt von der Geiselgasteigstraße in Harlaching, liegt eine Münchner Enklave. Schon seit Jahrzehnten sollen an diesem Ort Kranke genesen. Einst war unter der Hausnummer 203 ein Sanatorium untergebracht, heute finden hier in der Klinik Menterschwaige Menschen mit psychischen Problemen Hilfe. Im Mittelalter hatten die Bauern im Perlacher Forst Nutzungsrecht. Damals bestand das Gebiet aus einer Mischung von lichten Eichen- und Buchenwäldern. Wie Rudolf Felzmann im Unterhachinger Heimatbuch schreibt, trieben sie ihr Vieh in den Wald und hatten auch das Recht zur Holzentnahme für Befeuerung, Wildzaun-Instandsetzung und für Bauten. Anhand des Eichelanfalls wurde die Anzahl der zugelassenen Schweine im Wald festgelegt, so Heimatpfleger Staudter. Um 1800 aber wurde die Waldweide beendet, um den Forst gewinnbringender zu vermarkten. Schnell wachsende Fichten ersetzten die Laubbäume. Die Bauern erhielten zum Ausgleich im damaligen "Hechenkirchner Forst", im heutigen Ottobrunn, Waldgrundstücke sowie zur Heugewinnung Areale entlang des Hachinger Bachs. Auch den fürstlichen Jägern soll dieser Deal entgegen gekommen sein. Galt der Perlacher Forst doch ob seines Wildreichtums als begehrtes Revier, und so wurden die Herzöge und Kurfürsten beim Jagdvergnügen nicht mehr durch das Vieh der Bauern gestört. Zudem wurde der Forst damals auf dem Reißbrett in die heute noch bestehenden Karrees eingeteilt, wie Felzmann berichtet. Schnurgerade verlaufen die damals angelegten Wege durch den Perlacher Forst, meist mit der Zusatzbezeichnung "Geräumt". "Damit ist gemeint, dass der Weg von Holz und Wurzelstöcken befreit wurde", erklärt Heimatpfleger Staudter.

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