Süddeutsche Zeitung

Grasbrunn:Stierschätzen und Preisackern

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Am Keferloher Montag soll es auch dieses Jahr wieder mehr um Landwirtschaft als um Politik gehen. Die Bauern setzen auf den Dialog mit Verbrauchern

Von Stefan Galler, Grasbrunn

Es ist ein guter Tag für die Landwirte: Die ganze Nacht über hat es geregnet und auch jetzt, am späten Freitagvormittag, gießt es aus Kübeln. Eine Wohltat für alle, denen die enorme Hitze der vergangenen Tage zugesetzt hat. Vor allem aber für jene, die auf den Regen angewiesen sind, weil ihnen sonst die Ernte verdörrt. Albert Ostler, Vorsitzender des Vereins Keferloher Freunde und Mälzer aus Garching, freut sich auch, stellt aber fest: "Für den Mais kommt der Regen zu spät, der hat schon Schaden genommen."

Ostler und seine Vereinskollegen, Marktmeister Hans Loidl, Schriftführer Charly Trautmann, Pflügebeauftragter Josef Hornburger und Anton Stürzer, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes, haben jedoch an diesem Vormittag ein ganz anderes Thema als Ernteausfälle oder den Milchpreis: Sie rühren die Werbetrommel für den Keferloher Montag, jenen Bauerntag, der erstmals im Jahr 955, also vor über 1050 Jahren veranstaltet wurde. Bevor es das Münchner Oktoberfest gab, war der ehemalige Viehmarkt die größte Menschenansammlung im Königreich Bayern sowie das größte Bierfest im ganzen Land. Am 3. September steht das Gut Keferloh an der Schnellstraße zwischen Haar und Putzbrunn ganz im Zeichen der Landwirtschaft. Es wird wie im Vorjahr das Stierschätzen geben, auch das Preisackern, also einen Wettkampf, wer ein Feld am akkuratesten pflügt, hat sich vor einem Jahr bewährt. Als Festredner wurden Martin Neumeyer, Vorstandsvorsitzender der bayerischen Staatsforsten, sowie Albert Füracker (CSU), Staatsminister der Finanzen für Landesentwicklung und Heimat, gewonnen. Wobei Fürackers Zusage kam, als jener noch Landwirtschaftsminister war. Man habe ihn nicht wieder ausladen können, sagen die Veranstalter ein bisserl frech. Und doch liegt ein Funken Wahrheit in dieser Aussage, denn der Keferloher Montag soll wie schon in den vergangenen Jahren eine landwirtschaftlich geprägte Veranstaltung sein und keine politische. "Die Zeiten, als die Bedienungen im Zelt fast in Ohnmacht gefallen sind, als der Guttenberg hereinkam, sind vorbei", sagt der Vereinsvorsitzende Albert Ostler.

Deshalb reden die fünf gut gelaunten Keferloher Freunde auch gar nicht groß darüber, dass am Samstag, 1. September die Sozialdemokraten im Festzelt Landtagswahlkampf machen mit der Spitzenkandidatin Natascha Kohnen und dem Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter; und auch den Besuch von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Sonntag streifen sie nur kurz. Diese Veranstaltungen seien die Sache des Wirtes.

Es gehe auch darum, Landwirte und Verbraucher zusammenzubringen, ergänzt Bauernverbandsobmann Stürzer: "Wir wollen Aufklärung vor Ort betreiben und den Leuten alle Fragen beantworten, die sie zur heimischen Landwirtschaft haben." Der Dialog über umstrittene Themen, Stichwort Glyphosat, sei wichtig - und das Verbreiten eines klaren Mottos: "Kein Landwirt will schlechte Lebensmittel produzieren. Ich habe das Gefühl, diese Diskussion wird öffentlich nicht immer ehrlich geführt", so Stürzer.

Allerdings soll eben nicht nur das Reden, auch das Schauen und Erleben in Keferloh im Mittelpunkt stehen. Für die Musik ist die Blaskapelle Haar zuständig, auch die Chiemgauer Schuhplattler sind da. Es wird wohl wie im Vorjahr eine Greifvogelschau geben. Vor allem aber das Preisackern dürfte spektakulär werden: "Wir haben schon wieder neun Anmeldungen", sagt Ostler. Und Josef Hornburger, der Mann, der den Wettbewerb organisiert, erläutert die Regeln: "Zugelassen sind Pflüge mit drei bis fünf Scharren." Die Wettkämpfer haben etwa zwei Stunden Zeit, ihr Werk zu verrichten. "Weil irgendwann wollen wir ja auch ins Bierzelt", sagt Hornburger augenzwinkernd.

Eines wollen die Veranstalter in diesem Jahr verhindern: Dass wieder ein "Profi" wie 2017 antritt, der schon in Bezirks- und Landesentscheiden gestartet ist und nur kommt, um den ersten Preis abzugreifen. "Den Wettkampf sollen junge angehende Landwirte austragen", so Stürzer. Der Sieger kassiert 1500 Euro, auch für den Zweiten und Dritten gibt es Geldpreise, während der Viertplatzierte einen Wiesntisch gewinnt. Alle weiteren Teilnehmer bekommen "ein Fasserl Bier" (Ostler).

Und so fiebern die Keferloher Freunde ihrem großen Tag entgegen. Wieder ist die Organisation aufwendig, ein ganzes Jahr lang, wie sie versichern. Und so sehr sie sich am Freitag über den Regen gefreut haben, hoffen sie doch, dass es am 3. September trocken bleibt.

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Quelle:
SZ vom 11.08.2018
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