Grasbrunn:Renovierter Altbau in abgeschiedener Lage

Die Regierung von Oberbayern quartiert drei Flüchtlingsfamilien in ehemaligen Forsthäusern ein. Die sind zwar schön hergerichtet worden - aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln praktisch nicht erreichbar

Von Lars Brunckhorst, Grasbrunn

Grüne Fensterläden im Erdgeschoss, eine dunkelbraune Holzfassade im ersten Stock und der Garten tief weiß verschneit - fast idyllisch liegen die beiden Forsthäuser außerhalb von Harthausen an der Staatsstraße 2079, die von Putzbrunn nach Oberpframmern führt. In wenigen Tagen werden sie das neue Zuhause von drei Flüchtlingsfamilien aus Syrien sein. Es sind die ersten Objekte im Landkreis, die dank des 120 Millionen Euro schweren Sofortprogramms fertiggestellt wurden, mit dem die bayerische Staatsregierung leer stehende, im Staatsbesitz befindliche Gebäude für anerkannte Flüchtlinge mit Bleiberecht herrichtet. Im Laufe des Jahres soll in Oberhaching eine weitere feste Einrichtung bezugsfertig werden, 40 sollen es bis 2018 in ganz Bayern sein.

Entsprechend groß war am Dienstag der Auflauf, als das Vorzeigeprojekt der Presse präsentiert wurde. Vertreter des Staatlichen Bauamts Freising, der Regierung von Oberbayern, der Gemeinde und des örtlichen Asylhelferkreises zeigten sich angetan davon, was aus den beiden seit Jahren unbewohnten Häusern in nur sechs Monaten Bauzeit geworden ist. Annähernd 650 000 Euro hat der Freistaat in die beiden Häuser investiert, die hinter dem Gasthof Zum Forstwirt liegen. Neue Fenster, neue Bäder, eine Zentralheizung, renovierte Holzböden - am Standard ist der insgesamt drei Wohnungen ist nichts auszusetzen. Wäre da nicht die Lage.

Grasbrunn: Harald Löhnert von der Regierung von Oberbayern (links) und Andreas Kronthaler vom Staatlichen Bauamt Freising und die Forsthäuser.

Harald Löhnert von der Regierung von Oberbayern (links) und Andreas Kronthaler vom Staatlichen Bauamt Freising und die Forsthäuser.

(Foto: Claus Schunk)

Der Weiler Am Forstwirt besteht lediglich aus einem Gasthof mit Hotel und vier Einfamilienhäusern. Es gibt kein Geschäft, und es fährt kein Bus. Nur der Schulbus hält morgens und mittags. Nach Harthausen, wo es eine Haltestelle gibt und wenigstens einen Dorfladen, sind es zu Fuß mindestens zehn Minuten. Wie sollen hier drei Familien mit insgesamt 15 Kindern - also 21 Personen - leben? Wie sollen sie sich versorgen, eventuell zur Arbeit kommen, Anschluss finden? "Ich bin zuversichtlich, dass wir die Probleme gemeinsam lösen werden", sagte Grasbrunns Bürgermeister Klaus Korneder (SPD) bei der Führung durch die drei Wohnungen. So wolle sich der Landkreis beim MVV um eine Verlängerung des Verstärkerbusses für Schüler bis in den Abend einsetzen.

Bis 1. Februar, wenn die Flüchtlingsfamilien einziehen, wird sich an der Situation jedoch nichts ändern, weshalb die CSU vor dem Termin am Dienstag noch einmal die Standortwahl kritisierte. Nicht nur wegen der abgelegenen Lage und der fehlenden Infrastruktur, sondern auch weil beim Forstwirt nur 27 Einwohner lebten, die jetzt fast genauso viele Flüchtlinge als Nachbarn bekommen. Er könne nicht verstehen, warum man in einem so kleinen Ortsteil so viele Flüchtlinge einquartiere, wird der CSU-Ortsvorsitzende Michael Hagen vom Münchner Merkur zitiert.

Grasbrunn: Schön hergerichtet: Innenansicht eines der Forsthäuser.

Schön hergerichtet: Innenansicht eines der Forsthäuser.

(Foto: Claus Schunk)

Auch unter den unmittelbaren Anwohnern gab es vorübergehend Bedenken und Sorgen, zumal Gerüchte die Runde machten, wonach junge Männer in die Häuser ziehen sollten. Umso mehr dankte Grasbrunns Bürgermeisters am Dienstag der Regierung, dass diese ihre Zusage eingehalten habe, die Wohnungen nur an Familien zu vergeben. "Das ist in einem so kleinen Gemeindeteil besonders wichtig."

Und auch wenn es laut Korneder sogar bereits eine Freundschaft zwischen einem Flüchtlingsmädchen und einem Kind aus der Nachbarschaft geben soll, so kommen auf die drei syrischen Großfamilien - eine aus der Notunterkunft in Neukeferloh, zwei aus Haar - noch einige Herausforderungen zu: Alle drei Wohnungen sind unmöbliert, selbst eine Kücheneinrichtung fehlt. Die Hausverwaltung, die Münchner Baro aus Keferloh, will bis zum Einzug zwar noch Küchenzeilen einbauen lassen, in der Kürze der Zeit Möbel zu organisieren, ist laut Josef Stettner vom Asylhelferkreis Grasbrunn-Vaterstetten aber schwierig. "Woher nehmen? Es gibt kein Möbellager." Dass die Wohnungen leer übergeben werden, hat laut Dominik Haunold von der Regierung von Oberbayern einen ganz einfachen Grund: "Es handelt sich um eine ganz normale Wohnsiedlung, keine Asylunterkunft." Damit seien die Bewohner wie jeder Mieter selbst verantwortlich. Weil die Flüchtlinge aber bisher keine Arbeit haben, gibt es Hilfe vom Jobcenter und Sozialamt. So werden auch die Mietkosten - knapp zehn Euro pro Quadratmeter - vorerst vom Landkreis übernommen. Bis die vermeintliche Idylle Realität wird, ist es also noch ein ganzes Stück hin.

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