Grasbrunn:Rathaus in der Defensive

Grasbrunn, Neukeferloh, KFZ-Zulassungsstelle, Container für ca. 46 Flüchtlinge sind für Besucher geöffnet

Grasbrunns Bürgermeister Klaus Korneder (re.) muss mal wieder viel erklären. Im November führte er Bürger durch die Flüchtlingsunterkunft an der Kfz-Zulassungsstelle.

(Foto: Angelika Bardehle)

Offene Briefe und Unterschriftenlisten: Grasbrunn streitet heftig über Flüchtlingsunterkunft auf Bolzplatz.

Von Christoph Hollender, Grasbrunn

In Grasbrunn herrscht dieser Tage Reizklima. Bürger greifen die Gemeindeverwaltung und Bürgermeister Klaus Korneder (SPD) offen an. Die Argumente sind so oder ähnlich im Landkreis immer wieder zu vernehmen: Bürger werfen den Rathäusern vor, bei der Standortauswahl für künftige feste Asylbewerberunterkünfte in der Gemeinde nicht, oder nicht rechtzeitig, einbezogen worden zu sein.

In Grasbrunn hat sich der Protest mittlerweile verselbständigt. Es kursieren Flugblätter. Und auf drei Unterschriftenlisten wird gegen die Pläne der Gemeinde Front gemacht.

Der Streit entzündete sich an einem Bolzplatz in Neukeferloh

Der Konflikt gipfelte jüngst im Gemeinderat. Nachdem im Vorfeld bereits Kritik an Standorten laut geworden war, verfolgten etwa 100 Bürger im Rathaus, wie der Gemeinderat debattierte. Schließlich wurde beschlossen, dass grundsätzlich an drei Stellen in der Gemeinde Asylbewerberunterkünfte gebaut werden könnten. Unter anderem ist ein Bolzplatz in Neukeferloh im Gespräch.

Jetzt muss sich der Bürgermeister eine Flut an Vorwürfen gefallen lassen. Korneder sagt, man habe alles bewusst so gemacht. Ein Dialog mit den Bürgern werde definitiv folgen. Ein Arbeitskreis Asyl, dem ein Gemeinderat pro Fraktion angehört, hatte aus 28 möglichen Standorten den Bolzplatz, ein Haus in der Hauptstraße 1 in Harthausen und ein Grundstück am Grasbrunner Weg ausgewählt und im Gemeinderat zur Debatte gestellt. Im September werde der Bürgerdialog beginnen, verspricht Korneder. Er betont: Dieser Gemeinderatsbeschluss sei unabdingbar gewesen, um konkret über etwas diskutieren zu können.

Bürgermeister Korneder plädiert für dezentrale Unterkünfte

Die Zahl der Asylbewerber steigt, und die derzeitig existierende Notunterkunft in Containern an der Kfz-Zulassungsstelle des Landkreises in Neukeferloh ist nach Korneders Überzeugung "keine Dauerlösung". Es liege jetzt im Sinne der gesamten Gemeinde, die "Problematik" mit Bedacht zu lösen.

"Meine Triebfeder ist die Integration der Asylbewerber", sagt der Bürgermeister. Die klappe aber nur, wenn es zu einer dezentralen Unterbringung in mehreren Gemeindeteilen komme. Ein großer Wohnkomplex am Ortsrand wäre aus seiner Sicht zwar "am leichtesten umzusetzen", aber der "falsche Weg". Die "Bürger für Grasbrunn" (BfG), die derzeit zu Korneders schärfsten Kritikern zählen, forderten eine solche Lösung im Gemeinderat.

Einige Bürger beklagen Intransparenz

Nun hat mit Detlef Wildenheim ein Grasbrunner Bürger mit einem offenen Brief, den er an rund 3000 Haushalte der Gemeinde verteilt hat, neues Öl ins Feuer gegossen. Darin heißt es, die Bürger seien vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Zudem sei die Art und Weise wie Standortentscheidungen vorbereitet und beschlossen werden "nicht transparent", und es fehlten Informationen über Alternativen.

Bürgermeister Korneder ist dagegen überzeugt, "vollkommen richtig" gehandelt zu haben. Er sagt, es hätte zu einer chaotischen Auseinandersetzung der Bürger untereinander geführt, wenn man schon frühzeitig die offene Debatte in der Gemeinde gesucht hätte. Den "perfekten Standort" werde es wohl nie geben, weil immer jemand Kritik vorbringen werde. Den Brief von Wildenheim kann Korneder nicht nachvollziehen. Begründete Sorgen und Ängste könne er nicht erkennen, und es müssten Lösungen gefunden werden.

Die Meinungen über den Bolzplatz sind gespalten

Renate Grunow-Cerwinski vom Helferkreis Asyl steht hinter dem Vorschlag des Rathauses. Sie findet eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge "sehr gut und sinnvoll". Nur so könnten die Asylbewerber dauerhaft integriert werden. Der nun verfolgte Plan sei "erfreulich". Sie kann die Aufregung um den "wenig genutzten Bolzplatz" in Neukeferloh nicht nachvollziehen. Dieser eigne sich aus ihrer Sicht ganz gut, um eine Unterkunft zu bauen. Dieser Meinung sind auch andere Bürger.

Für den Erhalt des Bolzplatzes hingegen kämpfen Anwohner. Sie reichten 71 Unterschriften bei der Gemeinde ein. Aus ihrer Sicht sei der Bolzplatz ein Ort des Spiels und Sports und des "kulturellen Austausches" und müsse deshalb erhalten werden. Außerdem sei die Fläche dort "zu klein", um eine vernünftige Unterbringung für die Asylbewerber zu schaffen. In einem Schreiben an Korneder, das von Peter Walczuch und Trutz Haslinger unterzeichnet ist, heißt es, dass "die freundliche Aufnahme und gute Betreuung der Asylbewerber allen ein echtes Anliegen" sei, jedoch der Bolzplatz erhalten werde solle.

Schon 220 Ehrenamtliche unterstützen den Helferkreis

Um "Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz in notwendigen Entscheidungen" zu schaffen, will Wildenheim, der den offenen Brief verfasst hat, jetzt mögliche Alternativstandorte prüfen. Weil die geplante Informationsveranstaltung der Gemeinde am Donnerstag, 17. September, aus seiner Sicht zu spät angesetzt ist, lädt er zur "Diskussion von Bürger zu Bürger" am Freitag, 21. August, 19 Uhr, ins Wirtshaus am Sportpark ein. Was Wildenheim damit bezwecken möchte, ist aus Sicht Korneders fraglich. Er will bei dem Treffen nicht erscheinen.

Renate Grunow-Cerwinski vom Helferkreis ist überzeugt, dass sich die Debatte wieder beruhigen wird. "Dass die Menschen mit Asylbewerbern Berührungsängste haben, kann ich verstehen", sagt sie. Alles was neu ist, werde anfangs kritisch gesehen. "Diese Ängste werden aber vergehen." Soeben konnte sie mit ihrem Helferkreis, den 220 Freiwillige unterstützen, einen Erfolg feiern. Ein junger Flüchtling wurde an einen Arbeitgeber am Ort vermittelt. Das mit den Unterkünften, sagt sie, bereite ihr aber Sorgen. Es dürfe niemand im Winter frieren.

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