Baudenkmäler:Charmeoffensive im Villenviertel

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Kein Schmuckstück: Die Architektur der Villa in der Ruffiniallee 4 in Gräfelfing wurde vermutlich in den Siebzigerjahren erheblich verändert - und das nicht zu ihrem Vorteil. (Foto: Catherina Hess)

Viele alte Häuser in Gräfelfing sind bereits mit Sinn für Baukultur saniert worden, nun soll auch der historische Wert des verschandelten Gebäudes an der Ruffiniallee 4, das der Gemeinde gehört, wieder hergestellt werden.

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Die Villa in der Ruffiniallee 4 in Gräfelfing steht an prominenter Stelle, gleich neben dem Rathaus. Aber ein Schmuckstück ist sie nicht. Im Erdgeschoss wurden irgendwann mal große Schaufenster eingebaut, dahinter arbeitet ein Bestattungsinstitut. Ein Balkon und ein Vordach wurden aus Stahl angebaut, manche der alten Holzfenster zugemauert oder durch billige Kunststofffenster ersetzt. Wer auch immer vor Jahrzehnten diese Bausünden begangen hat – ein Gefühl für den historischen Wert der Villa, die Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut wurde, hatte derjenige offenbar nicht. Jetzt will die Gemeinde als Eigentümerin den historischen Wert des Hauses wieder herausschälen. Das Haus markiert immerhin den Auftakt zum historischen Villenquartier.

„Da wurde viel kaputt gemacht und gepfuscht“, brachte Architekt Reinhard Moosmang es in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses auf den Punkt. Er ist beauftragt, die Villa zu sanieren, zwei Wohnungen darin einzurichten und ihr wieder etwas historischen Charme einzuhauchen. Vermutlich wurde das Haus schon in den 1970er-Jahren stark baulich verändert, lange bevor es der Gemeinde gehörte. Wäre das nicht erfolgt, könnte die Villa heute möglicherweise unter Denkmalschutz stehen.

Denn etliche Häuser derselben Architekten – Johann Stadler und Julius Necker – sind heute in Gräfelfing Baudenkmäler. Besonders in der Steinkirchner Straße haben Stadler und Necker Anfang des 20. Jahrhunderts ihre Handschrift hinterlassen: Die Häuser mit den Hausnummern 11, 13, 18 und 22 sowie die Bahnhofstraße 89 und 91 sind von ihren Eigentümern mit viel Sinn für Baukultur saniert worden und sind die heutigen Aushängeschilder der Villenkolonie.

Aushängeschilder: Villen in der Steinkirchnerstrasse, hier Hausnummer 18, wurden von ihren Eigentümern bereits mit Sinn für Baukultur saniert. (Foto: Catherina Hess)

Vor allem erzählen die Villen mit ihren Türmchen, Erkern und ihrer verschachtelten Bauweise ein Kapitel Ortsgeschichte. So soll der Bauunternehmer Jakob Heilmann Ende des 19. Jahrhunderts über 230 Hektar Grund in der Münchner Umgebung, dem heutigen Landkreis München, gekauft haben. Von ihm erwarb das Architekten-Duo Stadler und Necker Grundstücke in Gräfelfing und baute Häuser, mal romantisch, mal historisierend, mal im englischen Cottage-Stil. Auch in Pullach haben die Architekten eine Villa entworfen, in der Habenschadenstraße 14. Das Haus gehört heute der Gemeinde Pullach und wurde vor wenigen Jahren saniert. Sein Stil erinnert an ehesten an die Gräfelfinger Villa in der Ruffiniallee.

Der Umbau der Villa in der Ruffiniallee erfolgt in zwei Schritten

In zwei Bauabschnitten sollen an der Ruffiniallee 4 in Gräfelfing nun zwei kleine Wohnungen von jeweils etwa 60 Quadratmetern mit komplett neuen Raumzuschnitten geschaffen werden. Zuerst wird die Wohnung im Obergeschoss umgebaut, im zweiten Abschnitt dann die Erdgeschosswohnung, denn der Mietvertrag mit dem Bestattungsinstitut läuft erst in drei Jahren aus.

Verschandelt: Der Villa wurden Stahlanbauten verpasst - diese sollen sämtlich verschwinden. (Foto: Catherina Hess)

Architekt Moosmang plant, sämtliche Stahlanbauten am Haus zu entfernen, ebenso die Fenster und diese durch zweiflüglige Varianten mit Fensterläden zu ersetzen. Die von der Gemeinde engagierten Bauberater, die stets die Bauausschusssitzungen begleiten, regten an, Sprossenfenster einzubauen, um so noch mehr den historischen Charakter der Villa zu unterstreichen. Auf eine Außendämmung soll verzichtet werden, da sie das Haus optisch zu sehr verändern würde, sagte Moosmang in der Sitzung. Stattdessen ist eine Innendämmung vorgesehen, auch wenn sie weniger effektiv sei.

Die Villa bietet noch mehr Potenzial, fand Bauberater Bertold Ziersch. Vermutlich gehörte zur Villa einst eine Pergola, eine überdachte Terrasse, vermutete er. Es würde sich anbieten, das Haus wieder mit einem Anbau zu versehen und so eine größere Wohnung im Erdgeschoss zu schaffen. Doch diese Idee möchte die Gemeinde vorerst nicht weiterverfolgen. Offen ist auch, was mit dem restlichen riesigen Grundstück geschieht, das als Garten eher überdimensioniert ist.

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