Gräfelfing:Künstler müssen Ateliers räumen

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Freiheit aushalten: Diese Losung gilt zumindest an der Kunstbaracke wohl nicht mehr lange. Das Ateliergebäude soll abgerissen werden. (Foto: Robert Haas)

Die bekannte Kunstbaracke wird womöglich schon bald abgerissen. Denkmalpfleger prüfen einen Schutzstatus des einstigen Forschungsstandorts.

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Ein historischer Ort in Gräfelfing ist dabei, zu verschwinden. Die Tage der Kunstbaracke an der Steinkirchner Straße gehen zu Ende. Die Künstler haben die Ateliers geräumt, am 31. März werden die Türen endgültig geschlossen. In Gräfelfing kursiert das Gerücht, dass die Baracken aus den 1930er Jahren schon Anfang April abgerissen werden sollen. Ein konkreter Termin wurde allerdings bisher nicht offiziell bestätigt. Inzwischen prüft das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, ob der Ort unter Denkmalschutz gestellt werden sollte.

"Freiheit aushalten" steht am Gartentor der Kunstbaracken. Das muss nun keiner mehr, mit der Freiheit des künstlerischen Schaffens in der Steinkirchner Straße 44 und 46 ist es vorbei. Seit mehr als 20 Jahren wurden die historischen Baracken als Künstlerateliers genutzt, dort fanden immer wieder offene Ateliertage statt, die Besuchern die Möglichkeit gaben, die Räume auf dem idyllischen Gelände zu besichtigen.

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Die Kündigung der Kunststätte war keine Überraschung. Seit Jahren haben die Künstler damit gerechnet. Der größte Teil des Grundstücks, auf dem die Bretterbuden stehen, gehört der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), die dort Wohnhäuser für Bundesbedienstete errichten möchte. Irritation über den Zeitpunkt der Kündigung und den angeblich rasch geplanten Abriss gibt es aber schon. Denn Baurecht existiert auf dem Grundstück noch keines. Es wird Jahre dauern, bis die Bagger anrollen können. "Das ist ein Politikum", sagt Sebastian Bürck, der eines der Ateliers gemietet hat.

Ersatz für die Ateliers fehlt

Mit der Kündigung und dem Abriss sollten "Tatsachen geschaffen" werden, glaubt er. Auf diese Weise solle Druck erzeugt werden, dass Bauabsichten endlich umgesetzt werden. Die Künstler seien in dem Prozess "die Passagiere", sie müssen jetzt leider aussteigen. "Kultur als Kollateralschaden", hat Bürck als Kommentar auf Facebook gepostet. Einen Ersatz für die Ateliers gibt es in Gräfelfing nicht.

"Es gibt kein Baurecht in absehbarer Zeit", bestätigt Bürgermeister Peter Köstler (CSU). Man sei noch nicht mal in einem Bebauungsplanverfahren. Es gebe zwar Gespräche mit der BImA - das nächste soll Ende April stattfinden -, aber die Gemeinde stimme mit den "Ideen noch nicht überein". Warum der Abriss jetzt gleich erfolgen soll, erschließt sich Köstler nicht. Er hätte es unterstützt, die Mietverträge der Künstler zu verlängern, solange auf dem Grundstück noch nichts konkret sei.

Die BImA bestätigt die Abrissabsichten der Baracken. Ein Termin stehe allerdings noch nicht fest. Eine zukünftige Verwendung der Baracken sei nicht geplant und "aufgrund der vorhandenen Bausubstanz auch nicht ohne weiteres möglich", sagt ein Sprecher der BImA. Ein Abriss werde daher auch ohne bestehendes Baurecht angestrebt. Auf dem Grundstück möchte die Behörde vier Wohnhäuser mit insgesamt 40 Wohnungen errichten, eines der Häuser habe man der Gemeinde zum Kauf angeboten.

Das Landesamt für Denkmalpflege prüfe derzeit, ob die Kriterien für den Denkmalschutz erfüllt sind, sagt eine Sprecherin. Die Wiese samt Baracken ist durchaus von historischer Bedeutung: 1908 pachtete der in Gräfelfing lebende Professor Max Dieckmann, Physiker, Hochfrequenztechniker und Professor an der Technischen Universität München, die Wiese und eine Holzhütte darauf und gründete die "Drahtlostelegraphische und Luftelektrische Versuchsstation Gräfelfing (DVG)". Dort forschte er mit seinen Studenten. Dieckmann war unter anderem ein Vorreiter auf dem Gebiet der Flugfunk-Forschung, viele Versuche im Bereich der Hochfrequenztechnik fanden statt.

Die in Dieckmanns Kollegenkreisen als "Holzbude" titulierte Forschungseinrichtung wurde bald zu einem renommierten Institut, das eine zeitlang sogar das einzige auf der Welt gewesen sein soll, das sich mit der Anwendung elektromagnetischer Wellen befasste. Während der Weltkriege wurden die in den 1930er Jahren errichteten Baracken militärisch genutzt.

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