Gerichtsverfahren:Kein Kita-Platz, kein Job

Stiftung rügt Kita-Betreuung in Berlin

Für ihre drei Jahre alten Zwillinge hat eine Mutter aus Höhenkirchen keinen Kita-Platz bekommen.

(Foto: dpa)

Eine Mutter aus Höhenkirchen verklagt Gemeinde und Landratsamt auf Entschädigung.

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Es könnte ein Präzedenzfall für höhere Instanzen werden: Eine Mutter von Zwillingen aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn versucht vor Gericht, eine finanzielle Entschädigung durchzusetzen, weil sie wegen fehlender Kindergartenplätze voriges Jahr nicht in ihren Beruf als Personalreferentin zurückkehren konnte. Obwohl die beiden Mädchen im August drei Jahre alt geworden waren, konnte die Gemeinde ihr keinen Betreuungsplatz anbieten, sodass sie zuhause bleiben musste. Die Verhandlung vor dem Landgericht München I zeigte, dass es gar nicht so leicht ist, einen Verantwortlichen dafür zu finden. Die Mutter hat offenkundig alles unternommen, um Plätze für ihre Kinder zu bekommen.

Wie ihr Anwalt Wolf Herkner schildert, hatte sie auch Einrichtungen in umliegenden Kommunen abgefragt. Am Ende hoffte sie auf den örtlichen Waldkindergarten, wo sie aber mit ihren Kindern in einer ersten Sichtungsrunde durchfiel. Am Ende sei der Mutter angeboten worden, ein Kind zu einer Tagesmutter und eines in eine Einrichtung zu geben. Anwalt Herkner nennt dieses Vorschlag inakzeptabel, weil die Zwillinge als Frühchen besonderer Fürsorge bedurften. Der Jurist erinnert an die verzweifelte Situation, in der sich damals viele Eltern in der Gemeinde befanden. Die Zwillingskinder seien etwa auf Platz 30 der Warteliste gestanden. Bis zu 70 Betreuungsplätze hätten effektiv gefehlt. Dass da ein Verschulden der Behörden vorliegt, steht für ihn außer Zweifel.

In der Gemeinde stand 2017 vor allem Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) in der Kritik. Sie musste sich Eltern gegenüber dafür rechtfertigen, dass wegen fehlenden Personals zu wenige Plätze angeboten werden konnten. Das Gericht sah nun grundsätzlich aber den Landkreis als Träger der Jugendhilfe in der Verantwortung, den Rechtsanspruch umzusetzen. Zugleich erkannte Richter Frank Tholl an, dass der Landkreis kein Personal anstellt, sondern die Träger der Einrichtungen. Wie dieser Widerspruch aufgelöst werden soll, blieb in der Verhandlung offen. Als nächstes sollen die Streitparteien Stellungnahmen abgeben. Im März ist der nächste Termin angesetzt, bei dem ein Urteil ergehen könnte. Es könnten aber auch noch Gutachten angefordert und weitere Termine gesetzt werden.

Anwalt wirft der Behörde vor, kein Konzept entwickelt zu haben

Klägeranwalt Wolf Herkner sieht gute Karten für seine Mandantin, ihre Ansprüche geltend zu machen. Zunächst geht es um den Verdienstausfall in Höhe von 4200 Euro in vier Monaten von September bis Dezember 2017. Sobald dies im Grundsatz geklärt sei, könnten Ansprüche für weitere Monate folgen. Das Versäumnis der Kreisbehörde besteht laut Anwalt darin, kein Konzept entwickelt zu haben, wie dem Personalmangel hätte entgegengewirkt werden können. Ein paar Stellenanzeigen im Gemeindeblatt reichten nicht. Die Vertreterin des Landkreises, Rechtsanwältin Nicole Tassarek-Schröder, hält dagegen, dass die Kreisbehörde fürs Personal nicht zuständig sei, weshalb es auch "keine Pflichtverletzung" geben könne. Vom Kläger müsste erst dargelegt werden, dass mit einem Konzept hätte Personal gewonnen werden können. Sie sehe das nicht.

Auch ist ihrer Überzeugung nach der Kreis auf vielen Ebenen aktiv, um die Kitaversorgung zu sichern - mit Bedarfsanalysen, Schulungen und anderem mehr. Die Kläger sind dem Vernehmen nach offen für einen Vergleich, auch um in der Gemeinde den Konflikt nicht weiterzutragen. Die Anwältin des Kreises wirkt aber nicht sonderlich interessiert und setzt auf ein Urteil. Der Weg in die nächste Instanz könnte folgen, damit geklärt wird, wer Schuld daran ist, dass es keinen Kitaplatz für Kinder gab.

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