Gericht:Flüchtling muss fünf Jahre ins Gefängnis

Der Afghane hatte in einer Unterföhringer Unterkunft einen Mitbewohner mit dem Messer attackiert

Von Anna-Maria Salmen, Unterföhring

Weil er einen Mitbewohner in einer Unterföhringer Flüchtlingsunterkunft mit einem Messer angegriffen und verletzt hat, muss ein 22-jähriger Afghane für fünf Jahre ins Gefängnis. Dieses Urteil hat das Landgericht München am Dienstag verkündet. Der Angeklagte Amir M. hatte im August 2018 seinem Mitbewohner ein Smartphone abgekauft. Da das Gerät allerdings nicht vollständig funktionierte, verlangte M. sein Geld zurück. Als der Verkäufer sich jedoch weigerte, warf der Angeklagte nach Feststellung des Gerichts zunächst eine Hantel nach ihm und stach ihm anschließend mit einem Messer in den Rücken. Das Opfer erlitt eine Schnittverletzung auf Nierenhöhe und befand sich damit in "abstrakter Lebensgefahr", wie Richterin Elisabeth Ehrl in ihrem Urteil erläuterte. Unmittelbar nach dem Angriff versuchten drei weitere Bewohner der Unterkunft, M. festzuhalten. Sie wurden dabei ebenfalls verletzt. Schließlich gelang es zwei Männern des Wachdienstes, den Angreifer nach draußen zu führen.

Laut Richterin handelt es sich bei der Messerattacke um versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Der Angeklagte sei voll schuldfähig und habe die Tat eingeräumt. Dass er den Tod seines Mitbewohners billigend in Kauf genommen habe, bestreitet er hingegen. M. hat sich nach Ansicht des Gerichts in seinen Aussagen vielfach widersprochen und gibt seinem Opfer eine "hohe Mitverantwortung", weshalb er die Tat als "nicht so gravierend" ansehe. "Er sucht die Schuld nicht bei sich, sondern versucht weiterhin, sein klares Fehlverhalten zu rechtfertigen", sagte Ehrl. Die Richterin attestierte dem Angeklagten ein "hohes Aggressionspotenzial" und verwies darauf, dass die soziale Intelligenz sein "Schwachpunkt" sei.

Nach Ansicht der Richterin kann man "gerade noch" von einem minderschweren Fall sprechen. Einige Punkte hätten zudem zugunsten des Angeklagten gesprochen: So habe M. die objektive Täterschaft bereits bei der Polizei zugegeben. Durch seine Hinweise habe man schließlich die Tatwaffe sicherstellen können. Der Angriff sei spontan gewesen, M. habe die Tat in affektiver Erregung begangen. In der Hauptverhandlung habe er sich bei seinem Mitbewohner außerdem persönlich entschuldigt, was dieser angenommen habe.

Wie die Richterin betonte, waren die Verletzungen außerdem nicht sehr schwerwiegend. Zuletzt hielt die Richterin M. zugute, dass er bislang lediglich zwei kleinere Vorstrafen habe und es sich bei der jetzigen Verurteilung um seine erste Haft handele, die er unter erschwerten Bedingungen antrete: Zum einen sei die Sprachbarriere erheblich, zum anderen habe der Angeklagte während der gesamten Verhandlung keinen Kontakt zu seiner Familie gehabt. Dies habe ihn sehr belastet.

Gegen den Angeklagten sprach laut Ehrl hingegen die "Gefährlichkeit des Versuchs" sowie seine hohe "kriminelle Energie". In der Gesamtabwägung sei eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren somit angemessen. Die Verteidigerin des Angeklagten, Birgit Schwerdt, hatte vorab auf eine Strafe in Höhe von drei Jahren und zehn Monaten für gefährliche Körperverletzung plädiert, die Staatsanwaltschaft hingegen hatte eine Haftstrafe von mehr als fünf Jahren gefordert. Das Landgericht liegt mit seinem Urteil somit "in der Mitte" der Forderungen, wie Schwerdt nach der Verkündigung sagte. Ob die Verteidigung Revision einlegt, wird die Anwältin mit ihrem Mandanten besprechen.

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