Energiewende:Gemeinden suchen die Kooperation

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Die Stadtwerke München betreiben zwar in Riem ein Geothermie-Kraftwerk, doch sie sind zurückhaltend, wenn es darum geht, Haarer Ortsteile anzubinden. (Foto: Robert Haas)

Die Bürgermeister aus Haar und Grasbrunn reden mit Vaterstetten über eine Zusammenarbeit bei der Geothermie. Es geht um einen schnellen Anschluss für möglichst viele Haushalte.

Von Bernhard Lohr und Lydia Wünsch, Haar/Grasbrunn

Durch Klimawandel und Energiekrise bekommt eine Wärmeversorgung über Geothermie ganz neue Dringlichkeit. Wie Haar steigt daher nun auch Grasbrunn wieder in Verhandlungen mit der Nachbargemeinde Vaterstetten über eine gemeinsame Erdwärmeversorgung ein. Die Gemeinde im Landkreis Ebersberg hatte sich bereits 2006 erstmals einen sogenannten Claim zur Vorbereitung möglicher Bohrungen gesichert; schon damals hatten die Gemeinden auch mit Zorneding über eine Kooperation beraten. 2014 scheiterte das Vorhaben jedoch an den Finanzen. Dieses Mal soll es klappen, mit dem Ziel, auch Teile Haars und Grasbrunns an eine Erdwärmeversorgung anzubinden. Diese Woche stehen Gespräche auf Bürgermeisterebene an.

Vaterstetten ist fest entschlossen, das Projekt dieses Mal durchzuziehen. Die Gemeinde baut seit 2015 kontinuierlich ihr Fernwärmenetz aus. Nach der bereits erfolgten Erkundung hat sich Vaterstetten nun den Claim erneut gesichert, um eine Erlaubnis zum Bohren und Ausbeuten des heißen Thermalwassers in 3000 bis 3500 Metern Tiefe zu bekommen. Als Bohrplatz wird das Umfeld der Raststätte Vaterstetten favorisiert. Für Haar bedeutet das: Als Abnehmer kämen zuvorderst Eglfing, wo ein Fernwärmenetz besteht, und das Isar-Amper-Klinikum in Frage. Im Jagdfeld-Wohngebiet gibt es zwar ebenfalls eine bestehende Fernwärmeversorgung über ein Blockheizkraftwerk, die umgestellt werden könnte; doch der Leitungsbau dorthin wäre aufwendig. Allerdings könnte die Gemeinde mit Zuschüssen aus einem Milliarden-Fonds des Bundes rechnen. In Grasbrunn wird an den dicht bebauten Gemeindeteil Neukeferloh gedacht. Laut Georg Kast, der im Vaterstettener Rathaus das Geothermieprojekt verantwortet, ist auch die Tür für Zorneding zur Kooperation weit offen. Man werde noch im vierten Quartal 2022 die Bedingungen dafür festzurren und einen Fahrplan aufstellen.

Die anderen Claims haben sich die Stadtwerke München gesichert

Haars Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) hat mit seinem Vaterstettener Amtskollegen Leonhard Spitzauer (CSU) schon eine Zusammenarbeit ausgelotet. Das Tempo der Nachbarn imponiert ihm. "Die sind auf Zack", sagt er. Grasbrunns Bürgermeister Klaus Korneder (SPD) hat im September vom Gemeinderat ein Mandat für Verhandlungen erhalten. "Die Rahmenbedingungen müssen allerdings passen, damit wir einsteigen können", sagt er und verweist darauf, dass Grasbrunn durch seine Siedlungsstruktur ein paar Schwierigkeiten aufweise, was die Anschlussmöglichkeiten an die Wärmenetze anbelangt. Die Gemeinde besteht zu großen Teilen aus Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern, außerdem liegen die Ortsteile weit auseinander. Ein Anschluss etwa von Harthausen wäre mit dem Bau immenser Leitungen verbunden. Im Gegensatz zu Haar ist die Finanzlage Grasbrunns nach Aussage von Korneder aber gut.

In Vaterstetten müssen sich laut Klimaschutzmanager Tobias Aschwer die Bürger in den nächsten Jahren noch auf viele Behinderungen wegen Baustellen einstellen. Ein Ausbauplan für Fernwärmeleitungen werde gerade abgearbeitet. Erst für 2024 rechnet er mit der Gründung einer notwendigen Kommunalgesellschaften, 2025 wolle man bohren. Gerechnet wird mit 90 bis 95 Grad heißem Wasser. Die Hoffnung, dass Haar selbst eine Geothermiebohrung angehen könnte, hat sich derweil zerschlagen: Einem Antrag der Grünen, solch ein Projekt etwa im Süden nahe dem Jagdfeld zu prüfen, hat Bürgermeister Bukowski eine Absage erteilt. Es existiert schlicht kein freier Claim mehr in Haar und Umgebung. Das bestätigt das bayerische Wirtschaftsministerium, dem das zuständige Bergamt zugeordnet ist. Der Claim Perlach gehört wie der Claim Riem den Stadtwerken München, die nahe Salmdorf seit Jahren ein Kraftwerk betreiben, das die Messestadt versorgt. Im Osten hat sich wiederum Vaterstetten bis 2027 die Rechte gesichert.

Deshalb setzt Haars Bürgermeister auch auf Vaterstetten. Von Gesprächen mit den Münchner Stadtwerken erwartet sich Bukowski dagegen wenig. Diese priorisierten klar die Versorgung dicht bebauter Stadtgebiete. Die Gespräche mit Vaterstetten seien dafür bisher positiv verlaufen. Allerdings ist man in Vaterstetten wohl nicht auf Haar angewiesen und denkt auch nicht unbedingt an eine gleichberechtigte Partnerschaft. "Wir ziehen das Projekt notfalls alleine durch", sagt Georg Kast.

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