Ausstellung:Was der Generation Z wirklich wichtig ist

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Unter dem Titel „Anliegen der Generation Z. Unsere Werte“ haben sich Greta und Irina mit der Pressefreiheit auseinandergesetzt. (Foto: Catherina Hess)

Neuntklässler der Realschule Ismaning haben sich mit ihren Werten und Sorgen auseinandergesetzt und stellen auf Plakaten und mit Skulpturen konkrete Forderungen an die Politiker. Die Schau im Gewölbesaal entkräftet so manches Vorurteil gegenüber Jugendlichen.

Von Sabine Wejsada, Ismaning

Es ist der Morgen, an dem sich abzeichnet, dass der Republikaner Donald Trump für eine zweite Amtszeit als US-Präsident ins Weiße Haus einziehen wird. Der Gruppe von Schülerinnen und Schülern aus der 9c der Ismaninger Realschule ist im Gewölbesaal an der Torfbahn anzumerken, dass sie das Ergebnis erschüttert. Denn die Wahl des verurteilten Straftäters und Klimaleugners wird weitreichende Folgen für die ganze Welt und die Europäer haben. Auch für die jungen Leute, bei denen die aktuellen Kriege, Naturkatastrophen und Wirtschaftskrisen schon jetzt Ängste verursachen. Welche Werte sie haben und welche Sorgen, das zeigen die 14- bis 16-Jährigen derzeit in einer Ausstellung in dem Gebäude neben der Realschule.

Unter dem Titel „Anliegen der Generation Z. Unsere Werte“ sind hier ihre Arbeiten zu sehen, die sie in einem Gemeinschaftsprojekt von Schule, Kreisjugendring und des Vereins „Ismaning bleibt bunt“ produziert haben. Dabei geht es um Menschenrechte und Pressefreiheit, den Klimawandel und Naturschutz, Kriege und Wehrpflicht, Macht und Respekt. Und es geht um die Frage: Warum hält die Politik ihre gegebenen Versprechen nicht ein?

Entstanden sind Plakate und zwei Skulpturen. Den Werken ist anzusehen, dass diese Jugendlichen der viel gescholtenen Generation Z weitaus mehr interessiert als Influencer-Content und coole Bilder auf Instagram. Elisabeth, Miriam und Sara haben aus Ton eine Figur geschaffen, die aufsteht, um für Klima- und Umweltschutz einzustehen – und für ihr Recht, dass die von der Politik gemachten Zusagen real werden, wie Elisabeth sagt. Eine ähnliche Forderung thematisiert das daneben lehnende Plakat mit grünen und roten Herzen, das eine Mitschülerin gestaltet hat.

Die Tonarbeit von Elisabeth, Miriam und Sara. (Foto: Catherina Hess)

„Wir haben auch eine Zukunft, wir sind sauer auf die Politik“, sagt der 14-jährige Adrian. Zusammen mit Jannis hat er sich in dem Projekt den Themen Krieg und Wehrpflicht gewidmet. „Wisst ihr, was zu tun ist?“, steht als Frage ganz oben auf dem Plakat. Der seit fast drei Jahren währende russische Angriffskrieg gegen die Ukraine beschäftige die jungen Leute sehr, sagt Jannis.

Dass es eine Debatte über die Wiedereinführung der Wehrpflicht gebe, halten er und sein Mitschüler für logisch. Angst davor, dass sie zur Bundeswehr müssten, haben sie nach eigenen Worten nicht. Damit gebe man seinem Land etwas zurück, und auch jemand, der nicht dienen wolle, könne wie früher Zivildienst machen. Das Land sei so für den Notfall gerüstet. Niemand wisse, ob es nicht schon bald weitere Kriege in Europa geben werde.

Auch die Meinungs- und Pressefreiheit sind für die Ismaninger Neuntklässler ein großes und wichtiges Thema. Was passiert, wenn man nicht mehr sagen darf, was man denkt? Wenn es keine seriösen und unabhängigen Medien mehr gibt? Das haben sich Irena und Greta in ihrem Beitrag gefragt und ein großes Schaubild entworfen. Dieses und alle anderen hat Produktdesignerin Susanne Ciasto, die das Projekt begleitete, jeweils an zwei langen Holzstäben angebracht. Die Arbeiten sollen so an Transparente erinnern, die bei Kundgebungen in die Luft gereckt werden können. Die Werke sind als eine Art Demo zu verstehen.

Mathild mit ihrer Arbeit "Planet". (Foto: Catherina Hess)

Wie ein roter Faden zieht sich durch alle Arbeiten die Notwendigkeit, für die Demokratie einzustehen und gegen deren Gegner zu kämpfen. Das treibt die jungen Leute um. Genauso wie die nicht ausreichenden Anstrengungen zum Schutz unseres Planeten, dessen Zerstörung bereits so weit fortgeschritten ist, dass die Jugendlichen berechtigte Angst. Damit widerlegen sie nicht zuletzt auch das Vorurteil, dass sich die Jungen angeblich nicht für Politik interessieren und nur in ihrem eigenen Kosmos aus Konsum leben.

Die Neuntklässler hatten bei dem Projekt, das an nur einem Tag umgesetzt wurde, freie Hand. Wie Lehrer Tobias Scheurer vom Verein „Ismaning bleibt bunt“ erzählt, ist es den Initiatoren ein großes Anliegen gewesen, dass die Jugendlichen sowohl den Titel der Ausstellung als auch ihre Beiträge frei aussuchen konnten. „Sie sollten zeigen, was jeder und jedem wichtig ist“, so Scheurer.

Die Ergebnisse sollten nicht im Lehrerzimmer verschwinden

Angeleitet in einem Workshop von Susanne Ciasto, die sich in der Museumspädagogik auskennt, haben die Jugendlichen in Freiarbeit im örtlichen Jugendzentrum ZAP ihre Beiträge gestalten können. Wichtig waren Ciasto, Susanne Lechner vom Kreisjugendring, Tobias Scheurer und Realschulrektor Stefan Ambrosi, dass die Ergebnisse der Projektarbeit in einem größeren Rahmen „gewürdigt“ werden, wie Scheurer sagt – „und nicht im Lehrerzimmer verschwinden“.

Die Gemeinde Ismaning hat diesen Wunsch der Organisatoren mit dem Gewölbesaal gerne erfüllt, wie Bürgermeister Alexander Greulich (SPD) versichert, damit habe man auch das beeindruckende Engagement der Schülerinnen und Schülern honorieren wollen. Dass die Vernissage so gut besucht war, hat die jungen Leute nach eigenen Worten überrascht. „Es war wirklich krass, wie viele Leute sich für unsere Anliegen interessiert und Fragen gestellt haben“, sagt Irena erfreut.

Den Initiatoren war wichtig, dass die Arbeiten in einer Ausstellung gezeigt werden: Rektor Stefan Ambrosi, Susanne Ciasto und Tobias Scheurer. (Foto: Catherina Hess)

Schulleiter Ambrosi zeigt sich unterdessen beeindruckt vom Mut seiner Neuntklässler, dass sie ihre Anliegen offenlegen und diese in einer öffentlichen Ausstellung herzeigen und sich da auch bewerten lassen. „Ich war sehr gespannt und selbst etwas unsicher“, sagt er. Wie stolz er auf die Schülerinnen und Schüler ist, dass sie sich das getraut haben, ist Ambrosi beim Rundgang an diesem Morgen durch den Saal anzumerken. Er plant, die Aufsteller nach dem Ende im Schulhaus zu präsentieren.

Der Verein „Ismaning bleibt bunt“ ist nach den Worten von Tobias Scheurer gerade dabei auszuloten, ob neben der Realschule auch das örtliche Gymnasium sich an solchen Projekten beteiligen würde. „Wir hoffen auf eine Wiederholung.“

Die Ausstellung „Anliegen der Generation Z. Unsere Werte“ der Realschule Ismaning im Gewölbesaal an der Torfbahn 3 ist zu sehen am Freitag, 8. November, 17 bis 18 Uhr, am Samstag und Sonntag, 9. und 10. November, jeweils von 15 bis 17 Uhr, sowie am Mittwoch, 13. November, 17 bis 19 Uhr.

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