Süddeutsche Zeitung

Gemeinschaftsprojekt:Kreative Potenz

In Garching wird die Kunstaktion Stelenpark eröffnet

Von Irmengard Gnau, Garching

Sie sind Wegweiser und Begrenzer, bieten Aussicht oder Halt: Stelen erfüllen im öffentlichen Raum verschiedene Funktionen. Von Herrschern vergangener Epochen wurden sie gern errichtet, um Potenz zu demonstrieren. Als Ende vergangenen Jahres ein Pilot einen etwa dreieinhalb Meter hoher Monolith in der Wüste von Utah entdeckte, der Nachahmungen auf der ganzen Welt fand, reichten die Spekulationen um die Herkunft der Stelen von Kunstobjekten bis hin zu Kommunikationsversuchen von Außerirdischen. Ganz sicherlich künstlerisch haben sich Ursula Busch und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter des Kunstkompass München Nord dem Thema Stelen gewidmet: An diesem Samstag, 11. September, eröffnet der Kunstverein den Stelengarten, der den Schauwert der Garchinger Fußgängerzone bis Ende Oktober erhöhen wird.

Zum zweiten Mal hatte der Kunstkompass, finanziell unterstützt vom Kulturfonds der Stadt, Garchinger Institutionen wie auch Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, sich gemeinsam kreativ zu betätigen. Beim ersten Projekt 2019 hatten Stühle, Koffer und Schirme den Bürgerpark geziert. Nach dem Erfolg war klar, dass dieser Versuch eine Wiederholung verdiente. Das Ergebnis kann sich auch heuer sehen lassen: 74 hölzerne Stelen werden den Weg vom Helmut-Karl-Platz bis zur Bücherei säumen. Jede von ihnen ist individuell gestaltet und repräsentiert einen Teil der bunten Stadtgesellschaft. Neben beiden Grundschulen, dem Gymnasium und Heilpädagogischen Zentrum haben der Theaterverein Zeitkind, der Seniorenbeirat, die Nachbarschaftshilfe, der Integrationsbeirat sowie der Narrenrat Schleißheim mit seinen Hochbrücker Mitgliedern eine Stele gestaltet, außerdem viele Privatpersonen.

Diese Vielfalt spiegelt sich wieder im Erscheinungsbild der Stelen, die einem wilden Garten mit verschiedenen Pflanzen gleichen: Es gibt große und kleine Stelen, einige sind bemalt, andere lackiert, wieder andere geschnitzt, sie tragen ein Gewand aus Bierdeckeln oder einen Gürtel aus Metallketten. Keramiken setzen auf den Stelen auf, Röcke vermenschlichen die Figur. In einigen Fällen, erzählt die Kunstkompass-Vorsitzende Ursula Busch, hätten die Arbeiten verschiedener Bürger miteinander korrespondiert, zufällig. Für ihre eigenen hölzernen Säulen hat sich Busch von Alltagsbegegnungen inspirieren lassen; so haben Kiesel aus dem Baugebiet Kommunikationszone ihren Platz auf einer der Stelen gefunden, Busch hat sie vergoldet.

Die Resonanz auf den Aufruf des Vereins war groß. Bei vielen, die sich beteiligen wollten, habe sie gespürt, dass sie besonders das Gemeinschaftserleben im kreativen Arbeiten schätzten, so Busch. Nach zähen Monaten der Pandemie ist das Zusammenkommen vielleicht umso intensiver. Wer für den Stelenpark kreativ geworden ist, kann zudem im Wissen sein, etwas Gutes getan zu haben: Alle Werke werden am Ende der Ausstellung versteigert. Für die Auktion am 23. Oktober hat Busch wieder Herbert Becke, den langjährigen Leiter der VHS Nord, gewinnen können. Der Erlös kommt dem Garchinger Tisch zugute.

Nun aber werden die Stelen erst einmal in der Fußgängerzone installiert. Dafür braucht es "starke Arme", wie Busch sagt, welche die neun mal neun Zentimeter durchmessenden Stelen aufstellen, damit sie für die kommenden Wochen Garching "beseelen" können und vielleicht manchen zu einem Spaziergang durch die Innenstadt animieren.

Die Vernissage beginnt am Samstag, 11. September, um 14.30 Uhr auf dem Bürgerplatz. Die Kunstaktion ist bis 23. Oktober frei zugänglich in der Garchinger Innenstadt zu sehen.

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Quelle:
SZ vom 08.09.2021
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