Pullach:Sitzung hat juristisches Nachspiel

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Die Auseinandersetzung zwischen Christine Eisenmann (links) der Pullach Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund geht weiter. (Foto: Claus Schunk)

Hat der Gemeinderat rechtmäßig gehandelt oder sich sogar strafbar gemacht, als er CSU-Fraktionschefin Christine Eisenmann das Mandat verwehren wollte? Eine Anwältin fordert die Herausgabe von Tonbandaufnahmen.

Von Michael Morosow, Pullach

Die Causa Christine Eisenmann (CSU) lässt den Pullacher Gemeinderat nicht zur Ruhe kommen. Die Auseinandersetzung der ehemaligen Leiterin der Bautechnik mit Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) und der Rathausverwaltung um die Rechtmäßigkeit ihrer fristlosen Kündigung, woran auch ihr Mandat im Gemeinderat geknüpft ist, nimmt im Gegenteil zunehmend skurrile Züge an und wird möglicherweise nach dem Arbeitsgericht auch ein Strafgericht beschäftigen. Zu Beginn der Sitzung des Gemeinderats am Dienstag ist bekannt geworden, dass eine Münchner Rechtsanwältin damit beauftragt wurde, die Rechtmäßigkeit einer Abstimmung des Gemeinderates am 29. April zu diesem Fall verwaltungsrechtlich und strafrechtlich zu überprüfen. In einer zwei Stunden vor der Sitzung bei allen Gemeinderäten eingegangenen E-Mail kündigt sie rechtliche Schritte an für den Fall, dass die Tonbandaufzeichnungen von dieser Sitzung vernichtet würden.

Holger Ptacek (SPD) ist vom Verhalten seines Gemeinderatmitglieds enttäuscht. (Foto: Angelika Bardehle)

Pikant an diesem Vorgehen ist erstens die Tatsache, dass die Abstimmung im nichtöffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung erfolgte, demnach die Rechtsanwältin davon gar keine Kenntnis haben dürfte, und zweitens, dass sie in der selben Kanzlei arbeitet wie der Pullacher FDP-Gemeinderat und Ortsverbandsvorsitzende Alexander Betz. Dieser steht seit der Kommunalwahl wie ein Fels hinter Christine Eisenmann in deren Kampf mit Rathaus und Gemeinderat und soll in der fraglichen Sitzung äußerst ungehalten und derb auf das Ergebnis der Abstimmung reagiert haben. Mit dem von Betz beanstandeten Beschluss hatten die Mitglieder des Gemeinderats mit großer Mehrheit abgelehnt, ihre Geschäftsordnung zugunsten der CSU-Frau dahingehend zu ändern, dass nicht die Rathausverwaltung, sondern der Gemeinderat über die Personalie Eisenmann zu entscheiden hat. Sehr zum Unwillen der ehemaligen Rathausbediensteten, für die damit zumindest vorläufig der Versuch scheiterte, über eine Hintertür doch noch zu einem Gemeinderatsmandat zu kommen. Zumal als Listenbeste der CSU hätte ihr ein Mandat zugestanden, wenn sie zu diesem Zeitpunkt nicht als stellvertretende Leiterin der Abteilung Bautechnik einen Vollzeitjob im Rathaus gehabt hätte und Bürgermeisterin Tausendfreund nicht auf Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist pochen würde.

Ptacek bezeichnet das Vorgehen als "peinlich und querulant"

Die 54-Jährige hatte nach ihrer knappen Niederlage in der Stichwahl um das Bürgermeisteramt gegen Tausendfreund zunächst mehrmals bekundet, ihr Mandat im Gemeinderat nicht annehmen zu können, ehe sie am 7. April dann doch auf ihr Mandat bestand und dazu eine Teilzeitvereinbarung beziehungsweise eine Vertragsauflösung anbot. Die Kündigungsfristen waren jedoch bereits abgelaufen. Nur wenige Stunden nach dem Ende der Gemeinderatssitzung am 29. April kündigte Christine Eisenmann fristlos. Ob diese Kündigung rechtens war, wird ein Arbeitsgericht feststellen müssen. Im Rathaus erwägt man außerdem, Regressansprüche gegen sie geltend zu machen. Aber mit der fristlosen Kündigung ist vorläufig der sogenannte Amtshinderungsgrund weggefallen, weshalb Christine Eisenmann seit Mai im Gemeinderat sitzt, als CSU-Fraktionsvorsitzende gar.

Warum nun dennoch die Vorgänge in der einen Monat zurückliegenden Sitzung juristisch aufgerollt werden sollen, bleibt unklar. Weder Betz noch seine Kanzleikollegin wollen sich dazu erklären, beide verweisen auf ihre Schweigepflicht. Umso klarer äußert der SPD-Fraktionsvorsitzende Holger Ptacek seine Meinung, insbesondere zu Alexander Betz: "Der Verdacht liegt nahe, dass im Pullacher Gemeinderat bei einigen Akteuren inzwischen die Maßstäbe verrutscht sind", beklagt dieser. Abstimmungsergebnisse würden nicht mehr akzeptiert, wenn sie als persönliche Niederlagen empfunden werden. Eine andere Meinung gelte nicht mehr als legitim, sondern als justiziabel. In seinen Augen haben Verhalten und Vorgehensweise von Betz schon lange nichts mehr mit einem Ideenwettstreit zum Wohl der Gemeinde zu tun. Es sei "peinlich und querulant", in den Zielen lediglich destruktiv und einer Arbeit an den Problemen der Gemeinde abträglich.

© SZ vom 28.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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