Geigenbauerin:Lehrjahre in Stradivaris Werkstatt

Geigenbauerin: Lena Wohlschläger spielt seit ihrem fünften Lebensjahr Geige und tritt mit einem Dreigesang auf. Hartnäckig hat sie auf ihre Ausbildung hingearbeitet.

Lena Wohlschläger spielt seit ihrem fünften Lebensjahr Geige und tritt mit einem Dreigesang auf. Hartnäckig hat sie auf ihre Ausbildung hingearbeitet.

(Foto: Claus Schunk)

Die Liste berühmter Geigenbauer aus Cremona ist lang. Lena Wohlschläger aus Aying gehört zu den Auserwählten, die in der norditalienischen Stadt den Instrumentenbau erlernen. Das südländische Leben schätzt sie und hat sich doch die Liebe zur bayerischen Kultur bewahrt

Von Annkristin Engelbrecht, Aying

Bis zu 30 Stunden verbringt Lena Wohlschläger, 20, jede Woche in der Werkstatt der internationalen Geigenbauschule "Instituto Antonio Stradivari" in Cremona, Italien. Dazu kommen Unterrichtsstunden in Holztechnik, technischem Zeichnen, Musikgeschichte und Physik mit Schwerpunkt auf Akustik. "Mich hat es schon immer fasziniert, wie aus Holz ein so filigranes Instrument entstehen kann", sagt Wohlschläger. "Als in der 10. Klasse am Gymnasium ein zweiwöchiges Berufspraktikum anstand, habe ich mich in mehreren Geigenbauwerkstätten beworben, wurde aber leider, mal aufgrund meiner fehlenden Arbeitserfahrung, mal wegen des Zeitmangels der Geigenbauer, immer wieder abgelehnt", erzählt sie.

Die Idee hat sie aber nie aus dem Kopf bekommen. Nach dem Abitur hat sie ein Jahr lang als Au-Pair in Italien gearbeitet, wo sie durch Zufall Kontakt zu einem italienischen Geigenbauer in Florenz knüpfen konnte und diesem einen Monat lang über die Schulter gucken durfte. "Ich konnte zwar nur Kleinigkeiten machen, aber das hat gereicht, um mir sicher zu werden, dass ich diese Ausbildung machen will."

Der Geigenbau hat eine 500-jährige Tradition in Cremona. Stradivari, Amati, Guarneri und viele weitere berühmte Geigenbauer und ihre Familien haben diese durch ihre Werke und Instrumente geprägt. Um an der internationalen Schule aufgenommen zu werden, müssen die angehenden Schüler sechs Stunden in der Werkstatt zeigen, dass sie "nicht zwei linke Hände" haben, scherzt die 20-Jährige. Danach ist ein Vorspielen Pflicht und das Sprachniveau B 1 muss bei einem Test erreicht werden. Jedes Jahr werden nur um die 30 neue Schüler am "Instituto Antonio Stradivari" aufgenommen, insgesamt sind zurzeit 160 Schüler auf fünf Jahrgänge verteilt.

Seit September vergangenen Jahres macht Lena Wohlschläger nun die Ausbildung zur Geigenbauerin in Cremona. "Dadurch, dass es in Italien ein anderes Schulsystem gibt, sind in meiner Klasse auch sechs Gymnasiasten, die parallel zu der Ausbildung noch ihr Abitur machen", sagt Wohlschläger, "mir wird aber mein Abitur angerechnet, ich muss also die normalen Schulfächer nicht belegen und kann meine Ausbildung von fünf auf vier Jahre verkürzen." In ihrer Klasse sind 35 Schüler aus aller Welt, sie ist die Einzige aus Deutschland. "In der Schule wird nur italienisch gesprochen, aber das ist kein Problem, ich hab ja schon ein Jahr in Italien gelebt und in meiner WG wohne ich auch mit drei italienischen Studenten zusammen."

Im kommenden Jahr wird die 20-Jährige anfangen, ihre erste eigene Geige zu bauen. In den vergangenen Monaten hat sie schon viele der kleinen Einzelteile hergestellt. "Bei einer Geige ist besonders auf die Holzauswahl zu achten", so Wohlschläger, "zum Bau einer Geige wird hauptsächlich Ahornholz für den Boden, die Seitenwände und die Schnecke verwendet, Fichtenholz benutzt man nur für die Decke". Grundsätzlich müssen die angehenden Geigenbauer keine Klausuren schreiben. "Alles, was in der Ausbildung produziert wird, wird bewertet", so Wohlschläger, "jedoch gibt es manchmal auch Tests in den theoretischen Fächern wie Holztechnik, Physik und technischem Zeichnen."

Lena Wohlschläger spielt Geige seit ihrem fünften Lebensjahr. "Im Kindergarten habe ich angefangen, mit meiner ersten Geigenlehrerin das Instrument spielerisch kennenzulernen", erzählt sie, "und habe dann nach der Grundschule auf ein musisches Gymnasium gewechselt." Mit ungefähr acht Jahren habe sie angefangen, zusammen mit ihrer besten Freundin Maria, die Harfe spielt, in der Kindergruppe "Bradl Musi" bayerische Volksmusik zu spielen. Vor drei Jahren gründeten die beiden Freundinnen gemeinsam mit Magdalena, Klarinette, das Dreigesang-Trio "Goldreif Dirndl". Die drei jungen Musikerinnen verbindet über ihre Freundschaft hinaus vor allem eines: die Liebe zum bayerischen Volksliedgut. "Uns gefällt die bayerische Volksmusik einfach sehr", sagt Wohlschläger, "wir möchten diese Musiktradition bewahren und das Kulturgut weitertragen." Und das Interesse hält an: Im Dezember war die Geigenbauerin jedes Wochenende zuhause in Aying. Acht Auftritte hatten die "Goldreif Dirndl" allein in diesem Monat, für den sie sich schon im Sommer vorbereitet haben. "Im Advent ist eben immer viel los, es gibt aber auch ruhigere Phasen", erzählt sie, "aber wir machen das ja alle drei nicht professionell, es ist unser Hobby."

Nach ihrer Ausbildung will sie Arbeitserfahrungen sammeln, denn "erst wenn man viele Instrumente gebaut hat, geht es einem in Fleisch und Blut über", zitiert die Schülerin einen ihrer Lehrer. Ob sie nach der Lehre in Italien bleiben wird, weiß sie noch nicht. "Das Leben in Italien ist chaotischer, für viele Prozesse, die bei uns schnell gehen, braucht man hier viel Geduld", erzählt die junge Frau, "aber ich mag die Lebensweise, dass nicht immer alles perfekt sein muss." Aying vermisse sie aber manchmal, vor allem, "weil es hier immer so bleibt, wie es schon immer war", sagt Lena, "dahoam bleibt eben dahoam."

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