Süddeutsche Zeitung

Gedenken an Dominik Brunner:Ein Kreuz für den Aufrechten

Jahrestag im Mordfall Brunner: An der Münchner S-Bahnstation Solln haben Kinder ein Glaskreuz aufgestellt. In Brunners Heimatgemeinde Ergoldsbach wurde ein Denkmal enthüllt.

Sabina Karasin

Es ist 16.09 Uhr, als die S7 Richtung Wolfratshausen am S-Bahnhof Solln einfährt. Es ist ein ganz normaler Sonntag. Nur wenige Leute steigen ein oder aus. Genau vor einem Jahr, am 12. September 2009, um 16.09 Uhr stieg Dominik Brunner an diesem Bahnhof mit vier Schülern aus der S-Bahn. Was dann passierte, ist bekannt. Zwei, inzwischen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilte Jugendliche prügelten den Familienvater zu Tode, weil er die Schüler beschützen wollte.

An Brunners erstem Todestag sind etwa 200 Menschen, vor allem Anwohner aus Solln, am Parkplatz des S-Bahnhofs zu einer ökumenischen Gedenkandacht zusammengekommen. Ein Kreuz aus bunten Glasscherben, das in einem Kindergottesdienst der Apostelkirche entstanden ist, bildet die Mitte der Andacht. Später wird es über die Brücke zum Tatort getragen und dort von zwei Kindern am Geländer befestigt. Als vorläufiges Denkmal.

"Dominik Brunner wollte kein Held sein", sagt der evangelische Pfarrer Christian Wendebourg, "Jeder fürchtet sich davor, einmal so ein Held sein zu müssen." Wie Wendebourg sprechen auch der katholische Dekan Andreas Weige und der orthodoxe Erzpriester Apostolos Malamoussis bewegende Worte, danach entzünden die Menschen am Tatort Teelichter. Unter ihnen auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und der Präsident des FC Bayern München, Uli Hoeneß.

Auch Ingrid Stadtaus ist gekommen. Die Sollnerin fährt regelmäßig mit der S-Bahn und geht jedes Mal am Ort des schrecklichen Geschehens vorbei. "Die Menschen bringen immer noch Blumen hierher und zünden Kerzen an", berichtet sie, "man kann es nie vergessen". Dann nimmt sie auch eine Kerze und sagt: "Ich finde es schön, dass auch für die Täter gebetet wurde." Auch Iris G. ist mit ihrem Sohn am Sollner S-Bahnhof. "Ich habe selber Kinder", sagt die 42-Jährige und streicht ihrem Sohn über den Kopf. "Ich hoffe, jemand würde sich so auch vor meine stellen", fügt sie hinzu.

Am Gedenktag wurde auch in Brunners niederbayerischem Heimatort Ergoldsbach ein 2,20 Meter hohes und 200 Kilogramm schweres Denkmal enthüllt. Die Bronzestatue zeigt eine Person, die schützend eine Hand über ein Kind hält.

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Quelle:
SZ vom 13.09.2010/hai
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