Artenschutz:Die Heide wächst - aber nicht alles gedeiht

Lesezeit: 3 min

Bei einem Spaziergang durch die Garchinger Heide wird die einzigartige Landschaft vorgestellt. (Foto: Marco Einfeldt)

Naturschützern ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die ökologisch wertvollen Flächen im Münchner Norden sukzessive zu erweitern und zu verbinden. Trotzdem sind einige Pflanzen bedroht.

Von Gudrun Passarge, Garching/Eching

Die Zuwanderer kommen von weit her - aus dem Alpenvorland, aus submediterranen Gebieten und aus pannonischen Steppen. Sie ließen sich nach der letzten Eiszeit in der Garchinger Heide nieder. Viele von ihnen, wie etwa das Adonisröschen oder die Kugelblume, sind eher rare Exemplare. Harald Albrecht von der Bayerischen Botanischen Gesellschaft formulierte es bei einem Heiderundgang so: "Es gibt hier kaum einen Quadratmeter, wo man nicht auf Arten stößt, die auf der Roten Liste stehen."

Ziel der Veranstaltung war es, auf dieses einzigartige Kleinod im Norden Münchens und auf das Programm Natura 2000 hinzuweisen. Natura-2000-Botschafterin Auguste von Bayern, würdigte das EU-Projekt als "weltweit größtes grenzüberschreitendes Netz von Naturschutzgebieten". In Bayern seien elf Prozent der Flächen eingeschrieben, in Deutschland 15 Prozent. 30 Prozent sollen es laut der Botschafterin einmal werden. Auguste von Bayern, die sich einen Ruf als Ornithologin und Verhaltensforscherin erworben hat, stellte es als eine der größten Herausforderungen der Gegenwart dar, die Biodiversität auch in Zukunft zu bewahren. Natura 2000 und damit verbundene Projekte könnten dabei helfen, die Dringlichkeit und Notwendigkeit, sich für Naturschutz und den Erhalt der Artenvielfalt einzusetzen, stärker ins Bewusstsein zu rücken.

Im Münchner Norden ist in dieser Hinsicht schon einiges geleistet worden. Mit der Garchinger Heide, die übrigens auf Echinger Flur liegt, fing es an. Die Bayerische Botanische Gesellschaft begann 1908, die Flächen aufzukaufen. 27 von einst mehr als 15000 Hektar gelangten so in den Besitz der Gesellschaft, unter anderem auch durch Spenden der Wittelsbacher. 1942 wurde das Gebiet unter Naturschutz gestellt. Albrecht erläuterte, dass auf diesen Magerwiesen unter anderem 63 Arten wachsen, die auf der Roten Liste der gefährdeten Arten stehen. Drei - der Alpenzweizahn, die Fingerküchenschelle und die filzige Flockenblume - kommen in Deutschland sogar nur noch in der Garchinger Heide vor.

Harald Albrecht und Christine Joas (Mitte) erläutern, wie sich die Heide im Lauf der Zeit verändert hat. (Foto: Marco Einfeldt)

Albrecht wies beim Rundgang darauf hin, dass sich die Heide im Laufe der Zeit verändert habe. Zwar seien keine der geschützten Arten ganz verschwunden, aber teils zählten die Naturschützer nur noch wenige Exemplare, während die Anzahl der Gräser im gleichen Zeitraum wuchs. Die Ursachen dafür seien noch nicht erforscht, so Albrecht. Dafür gibt es anderweitige Forschungsergebnisse. Von 1992 bis 2002 arbeitete der Heideflächenverein Münchner Norden zusammen mit der Technischen Universität Weihenstephan an einem Erweiterungsprogramm der Garchinger Heide. Rund um die Heide wurden Flächen aufgekauft oder von der Kirche gepachtet, um so die Möglichkeit zu schaffen, eines Tages eine Verbindung zum Mallertshofer Holz herzustellen.

Heideflächenverein-Geschäftsführerin Christine Joas berichtete, dass es momentan bereits einen Schaftreibeweg zwischen den beiden Gebieten gibt, die Schneise soll noch vergrößert werden. Um die Heide zu erweitern wurde der Boden auf den ehemaligen Äckern am Rand der Garchinger Heide teilweise abgeschoben und die Mahd der Heide dort ausgebracht, in der Hoffnung, dass sich die besonderen Pflanzen im neuen Habitat ansiedeln. Eine "Pionierarbeit", wie Albrecht betonte, denn die Fachleute hatten wenig Erfahrungen mit der Neuanlage einer Heide.

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24 seltene Arten sind inzwischen auch auf den neuen Flächen zu finden

Aber sie hatten Erfolg. 24 der seltensten Arten seien inzwischen auch auf den neuen Flächen zu finden. Doch die Landschaftsschützer mussten auch einiges erst lernen. Wie Albrecht ausführte, hat man inzwischen etwa festgestellt, dass nicht jede Pflanze eine Mahd zur gleichen Zeit verträgt, was auch im Pflege- und Entwicklungsplan des Heideflächenvereins mittlerweile berücksichtigt wird. Albrecht, der den Lehrstuhl für Renaturierungsökologie in Weihenstephan innehat, bezeichnete die Erweiterung der Garchinger Heide als "Erfolgsstory, an der viele Leute mitgewirkt haben".

Die Kartäusernelke ist eine der Blumen, die gerade in der Heide blühen. (Foto: Marco Einfeldt)

Genau um diese Mitstreiter ging es bei der anschließenden kleinen Feier, die Evelin Köstler von der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege moderierte. Sie stellte einzelne Vertreter der engagierten Helfer und Organisationen vor. Helga Hoyler von der Schäferei in Hochmutting nutzte die Gunst der Stunde, um eine Forderung anzubringen. Sie wünschte sich Koppeln für die Schafe, damit die Schäfer auch mal ein paar Tage wegfahren könnten. Es sei kaum noch möglich, Schäfer zu finden, die ihre ganze Zeit bei der Herde verbringen.

Anschließend ehrten die stellvertretende Regierungspräsidentin Sabine Kahle-Sander und Auguste von Bayern als Natura-2000-Botschafterin die eingeladenen Gäste, ohne die der Schutz und die Ausweitung des Lebensraums dieser seltenen Flora und Fauna nicht möglich wäre: Landwirte, Schäfer, Wissenschaftler, Jagdpächter. Aber auch die Kommunen, die Naturschutzwacht, die Kirche Naturschutzverbände und natürlich den Heideflächenverein, der inzwischen mit der Garchinger Heide, dem Mallertshofer Holz, der Fröttmaninger Heide, der Panzerwiese und dem Oberschleißheimer Flugplatz mit Korbianiholz 800 Hektar Naturschutzflächen betreut, die fast vollständig zum Natura-2000-Programm gehören.

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