Garching:Gedenken und Mahnung
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Die Künstlerin Lioba Leibl gestaltet die Stele zur Erinnerung an das Leid der Menschen im ehemaligen KZ-Außenlager in Hochbrück. Sie will damit gleichzeitig darauf hinweisen, dass es auch heute Zwangsarbeit gibt.
Von Irmengard Gnau, Garching
Eine Stahl-Skulptur der Bildhauerin Lioba Leibl soll an die Zwangsarbeiter erinnern, die während der NS-Zeit in Hochbrück brutal ausgebeutet wurden. Die Künstlerin, deren Entwurf vom Garchinger Stadtrat nun ausgewählt wurde, will mit ihrem Werk gleichzeitig darauf hinweisen, dass Zwangsarbeit auch heute in vielen Teilen der Welt zum Alltag gehört.
Das Areal des heutigen Garchinger Ortsteils Hochbrück war in den Jahren der Nazi-Herrschaft ein Außenlager des Konzentrationslagers Dachau, bekannt als "Lager Schleißheim". Auch eine Berufsschule der SS befand sich dort. Das ehemalige Schulhaus, das ebenfalls von Zwangsarbeitern errichtet wurde, wurde nach dem Krieg weiter genutzt und erst 2022 abgerissen.
Damit das Schicksal der Menschen, die im SS-Lager Schleißheim zu leiden hatten, nicht in Vergessenheit gerät, hat die Stadt Garching im vergangenen Jahr beschlossen, eine Gedenkstele in Hochbrück zu errichten. Wie diese aussehen wird, steht nun fest: Aus den Vorschlägen dreier Künstler hat der Garchinger Stadtrat unter Beratung des Ortschronisten Michael Müller den Entwurf Leibls ausgewählt. Die Bildhauerin aus Hebertshausen hat bereits die Marienstatue mit dem Titel "Patrona Bavariae" gestaltet, die die Stadt zum 50-jährigen Bestehen der katholischen Kirche St. Severin 2017 aufstellen ließ.
Mit dem Entwurf für die Gedenkstele zeigt die Künstlerin eine andere Seite ihres Repertoires. Formte sie für die "Patrona Bavariae" die lieblichen Gesichtszüge einer Mutter mit Kind, ist diese Skizze schroffer, abstrahiert und zugleich eindrücklich.
Loibls Entwurf zeigt die Silhouetten mehrerer Menschen, herausgefräst aus einer geknickten Stahlplatte. Die scharfe Kante schafft Perspektive. Die nicht individuell bestimmbaren Menschen stehen hintereinander in einer endlos scheinenden Kolonne. "Leerstellen", wie die Künstlerin schreibt, nicht anwesend und doch präsent - so wie auch Zwangsarbeit längst nicht nur ein Thema der Vergangenheit ist, denkt man etwa an die Herstellung von Kleidern in sogenannten Sweatshops in Asien, das Gewinnen von seltenen Erden und Metallen aus Minen für Smartphones oder Autos. Zwangsarbeit sei heute im Alltag weit präsenter als es vielen bewusst ist, unterstreicht die Künstlerin, und das Thema "fordert uns auf, Stellung zu beziehen".
Die Gedenkstele in Hochbrück reicht also von der Vergangenheit in die Gegenwart. Eine Plakette mit Erläuterungen zu den Zwangsarbeitern in Hochbrück sowie einem QR-Code soll Loibls mannshohe Kunstinstallation ergänzen. Die Stele wird aus Cortenstahl gefertigt, ein Stahl mit einer Rost-Optik. Dasselbe Material wurde auch für die Gowirich-Statue auf dem Garchinger Rathausplatz benutzt. Platziert wird die Stele schräg gegenüber der Hochbrücker Kirche St. Franziska Romana, auf einer Grünfläche neben der Bushaltestelle an der Kreuzung Jahn- und Kirchenstraße, unweit des ehemaligen Lagereingangs.