Hybrid-Feuerwehrautos:Mit Blaulicht, aber ohne Brummen

Lesezeit: 3 Min.

Das neue Hybrid-Fahrzeug der Werkfeuerwehr auf dem Garchinger TU-Campus kann nachts gut aufgeladen werden, weil da kaum Einsätze zu erwarten sind. (Foto: Catherina Hess)

Die Werkfeuerwehr der TU in Garching hat zwei neue Löschfahrzeuge mit Elektroantrieb angeschafft. Ganz ohne Diesel geht es allerdings nicht – sonst könnte bei längeren Einsätzen der Strom ausgehen.

Von Anna-Maria Salmen, Garching

Von außen ist es ein gewohnter Anblick. Die leuchtend rote Lackierung und das Blaulicht zeigen: Dieses Auto ist für die Feuerwehr im Einsatz. Nichts deutet darauf hin, dass das Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug, wie die Einsatzkräfte es in ihrem Jargon nennen, anders ist.

Als der Fahrer es startet und aus der Halle fährt, ist allerdings nicht das laute Brummen des Motors zu hören, das sonst bei so großen Fahrzeugen alles andere übertönt. Ganz leise rollt der Wagen auf den Vorplatz der Werkfeuerwehr der TU München in Garching. Er ist eines der ersten Feuerwehrfahrzeuge mit Elektroantrieb in ganz Deutschland.

Genaugenommen handelt es sich zwar um einen Hybridantrieb, wie Werkfeuerwehr-Leiter Jürgen Wettlaufer erläutert. Aber auch damit sei er schon „ein absoluter Exot“. Seit 2020 haben Feuerwehren in Berlin, Dubai und Amsterdam das Modell in einem Pilotprojekt getestet. Es überzeugte, vereinzelt zogen weitere Feuerwehren nach. Vor Kurzem hat man sich auch in Garching dazu entschieden, zwei der neuen Fahrzeuge anzuschaffen.

In 90 Prozent aller Einsätze können sie durchschnittlich eine Stunde lang elektrisch laufen, das haben Langzeitversuche der Berufsfeuerwehr Berlin ergeben. Die genaue Dauer des rein elektrischen Betriebs ist laut Wettlaufer von verschiedenen Faktoren abhängig, unter anderem von der Außentemperatur.

Ist der elektrische Akku leer, schaltet sich ein Dieselmotor hinzu. In Kombination mit diesem kann das Gefährt laut Wettlaufer sogar für insgesamt acht Stunden betrieben werden. Der größte Verbrauch komme dabei nicht durch die Anfahrt zustande, die bei der Werkfeuerwehr meistens eher kurz ist. Die Energie werde viel mehr am Einsatzort benötigt, erläutert Wettlaufer: Insbesondere bei Bränden seien die Feuerwehrleute oft stundenlang beschäftigt.

Das Fahrzeug wird dann nicht einfach neben dem brennenden Gebäude geparkt, sondern läuft weiter: Innen befinden sich etwa die Pumpen für das Löschwasser oder Lampen, um den Einsatzort beleuchten zu können. Auch bei konventionellen Fahrzeugen sei es deshalb ganz normal, dass bei Einsätzen mitunter nachgetankt werden muss.

Werkfeuerwehr-Leiter Jürgen Wettlaufer mit dem neuen Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug (Foto: Catherina Hess/ )

Der Dieselmotor dient bei dem neuen Hybrid-Fahrzeug nicht direkt dem Antrieb, sondern der Erzeugung von Strom, um die Elektromotoren weiter zu speisen. Das sei deutlich umweltfreundlicher als bei einem konventionellen Modell. „Traditionelle Einsatzfahrzeuge verbrauchen aufgrund des permanenten Volllastbetriebs bei Stop-and-go-Fahrten etwa 40 bis 60 Liter Diesel pro 100 Kilometer“, sagt Wettlaufer. Durch die Möglichkeit, durchschnittlich 90 Prozent der Einsätze rein elektrisch abzudecken, liege der Dieselverbrauch der Hybride-Fahrzeuge effektiv bei etwa 1,8 Litern.

Geladen werden kann das Einsatzfahrzeug über Nacht. Denn die Werkfeuerwehr hat den Vorteil, dass sie in dieser Zeit fast nie zu Einsätzen gerufen wird: Sie ist zuständig für den Forschungscampus, auf dem nachts kaum Betrieb ist. Innerhalb von viereinhalb Stunden kann das Fahrzeug laut Wettlaufer von null auf 80 Prozent aufgeladen werden.

„Man muss auf Höhe der Zeit sein. Nachhaltigkeit wird immer wichtiger“, sagt Feuerwehrchef Jürgen Wettlaufer

Die bisherigen Fahrzeuge der TU-Werkfeuerwehr sind dem Leiter zufolge bereits rund 20 Jahre alt, ein Ersatz wäre sowieso nötig geworden. Wettlaufer recherchierte deshalb „mit offenen Augen“, wie er sagt. „Man muss auf Höhe der Zeit sein. Nachhaltigkeit wird immer wichtiger.“

Dabei ist die Umweltfreundlichkeit nicht der einzige Vorteil: Das neue Hybrid-Fahrzeug ist zudem besser auf die Bedürfnisse von Feuerwehrleuten zugeschnitten als bisherige Modelle. Der Einstieg ist niedrig wie bei einem Bus, sonst war er viel weiter oben. Das führte laut Wettlaufer häufig zu Unfällen, wenn die Einsatzkräfte in ihrer schweren Montur über eine schmale Treppe nach oben in den Innenraum klettern mussten.

Auch die Werkzeuge hängen tiefer an den Seiten des Fahrzeugs, sodass selbst kleinere Feuerwehrleute bequem herankommen. Eine weitere Neuerung: In klassischen Fahrzeugen sitzt ein Teil der Einsatzkräfte mit dem Rücken zur Fahrtrichtung, im neuen Modell sind die Sitze seitlich platziert. Wie Wettlaufer sagt, bietet das einen enormen psychologischen Vorteil: „Ich sehe direkt, was auf mich zukommt.“

Blick ins Innere des neuen Fahrzeugs: Anders als bei klassischen Feuerwehrautos sind die Sitze hier seitlich platziert. Keiner muss mehr mit dem Rücken zur Front sitzen. (Foto: Anna-Maria Salmen)

Wettlaufer ist überzeugt davon, dass ein solches Hybridfahrzeug künftig öfter im Einsatz zu sehen sein wird. Ein vollständig elektrischer Antrieb für die Feuerwehr ist aus seiner Sicht allerdings wenig sinnvoll. „Das kann nur Standard werden, wenn wir weiterhin hybrid arbeiten.“ Denn bei Einsätzen in Katastrophengebieten könne eine Abhängigkeit vom Stromnetz problematisch werden. Wettlaufer erinnert an die Flut in Ahrtal, bei der die Infrastruktur zusammengebrochen sei. Wenn man im Einsatz nicht nachladen könne, werde das Helfen schwierig: „Man muss autark bleiben.“

Noch läuft die Testphase, erhalten die Einsatzkräfte Schulungen

Noch sind die elektrischen Fahrzeuge in Garching in der Testphase. Das laufe bei jedem neuen Gefährt so, egal ob konventionell oder elektrisch, sagt Wettlaufer: „Man beschnuppert sich erst.“ Die Einsatzkräfte bekommen Schulungen und üben mit dem Wagen, damit jeder im Ernstfall weiß, wie er funktioniert. Als Backup stehen jederzeit noch die alten zur Verfügung. Erst wenn sicher ist, dass alles funktioniert, kommen sie offiziell in den Dienst. Wettlaufer rechnet damit, dass es im Herbst so weit ist.

Einen Vorteil haben die Feuerwehrleute schnell entdeckt: Ohne das Dröhnen des Motors können sie sich an der Einsatzstelle ganz normal unterhalten. „Wir müssen nicht mehr brüllen.“

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