Wirtschaft und Wissenschaft:Kurze Wege zwischen weiten Feldern

Lesezeit: 3 Min.

Alles blitzt: der SAP Labs Munich Campus in Garching am Mittwoch bei seiner offiziellen Eröffnung. (Foto: Robert Haas)

Mit einer feierlichen Zeremonie eröffnen SAP und die Technische Universität in Garching ein Kooperationszentrum zur Forschung mit KI. Doch während die Chefs die Vorzüge des neuen Campus preisen, sind einige Mitarbeiter gar nicht glücklich über den Umzug aus der Innenstadt.

Von Sophia Coper, Garching

Am Morgen der Feierlichkeiten hat der SAP Labs Munich Campus in Garching noch mit ein paar Kinderkrankheiten zu kämpfen. Das Mobilfunknetz schwächelt, das Wlan streikt. Christian Klein ist trotzdem gut gelaunt. „Bei diesem Projekt gibt es nur Gewinner“, verkündet der CEO von SAP zur Begrüßung in den blau blitzenden Saal hinein. Überall in den Publikumsreihen funkeln Getränke und Süßigkeiten in der gemeinsamen Farbe der Logos des Technologiekonzerns sowie der Technischen Universität München (TU).

Nicht nur optisch passt es gut. Anlass für den Besuch aus der Walldorfer Firmenzentrale sowie die anschließende Sektrunde ist die offizielle Eröffnung eines neuen Standorts des DAX-Unternehmens im Großraum München. Nach rund fünf Jahren Planungs- und Bauphase haben Anfang Juni die ersten von 700 SAP-Beschäftigten die Büros in Garching bezogen, aus den oberen Stockwerken beobachten sie das vormittägliche Spektakel in der Eingangshalle. Besonderheit des SAP Labs Munich Campus ist jedoch nicht der 19 000 Quadratmeter große Gebäudekomplex, sondern die Kooperation mit der TU. Neun Lehrstühle mit einer insgesamt 120 starken Belegschaft werden in Zukunft auf dem Gelände vertreten sein. Forschungsschwerpunkt liegt auf der Verwendung von künstlicher Intelligenz (KI).

Die Zusammenarbeit sei eine perfekte Symbiose, schwärmt Christian Klein, dessen Ausführungen an diesem Tag vor Superlativen nur so strotzen. Rund 100 Millionen Euro hat SAP in Garching investiert, die TU nutzt die Räumlichkeiten mietfrei. „Viel wichtiger als das Finanzielle ist doch, was wir uns davon erhoffen“, betont Klein. Studierende würden Zugang zur Praxis bekommen, SAP hingegen könne die Erkenntnisse firmenintern nutzen. Von Interesse sei insbesondere die Optimierung von Lieferketten. Immer wieder gebe es Nachfrageschwankungen, logistische Probleme oder Materialmangel. „Wir möchten mit generativer KI eine bessere Vorhersehbarkeit schaffen“, so Klein. Von der Nähe zur Münchner Start-up-Szene verspricht sich der CEO ebenfalls viel. „Das Ökosystem hier ist einfach der Wahnsinn“, sagt er, „vielleicht feiern wir in zehn Jahren ein neues SAP.“

Auch Thomas Hofmann sieht ausschließlich Vorteile bei der engen Zusammenarbeit. Informationen und Datensätze lägen heutzutage nicht mehr ausschließlich bei Hochschulen, sondern ebenfalls in der Industrie. „Wissen ist die einzige Ressource, die mehr wird, wenn man sie teilt“, sagt der Präsident der TUM, die Kooperation sei „ein No-Brainer“ gewesen. Hofmann spricht von einem Ping-Pong-System zwischen Forschung und Unternehmen, von dem beide Seiten profitieren. „Da ist es umso besser, wenn der Weg kurz ist.“

Forschung und Wirtschaft vereint: Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann, Wissenschaftsminister Markus Blume, SAP-CEO Christian Klein, SAP-Vorstand Thomas Saueressig, TU-Präsident Thomas Hofmann sowie SAP-Vorstand Gina Vargiu-Breuer und Managing Director Stefan Wagner (von links). (Foto: Robert Haaas)

Die Kooperationspartner arbeiten zwar in separaten Gebäudeteilen, doch mit großzügigen Gemeinschaftsräumen, Sportangeboten und einer gemeinsam genutzten Kantine soll der Austausch zwischen SAP und TU täglich gefördert werden. Nachhaltigkeit, eine neue Arbeitsrealität sowie der Wunsch nach einer gemeinsamen Mitte seien Leitplanken für die Konzeption des SAP Labs Munich Campus gewesen, erzählt Standortleiter Stefan Wagner. Obzwar es nur rund 400 Arbeitsplätze für insgesamt über 800 Beschäftigte gebe, erwarte er keinen Platzmangel. „Das Haus ist sehr flexibel gebaut“, erklärt Wagner, der an der Planung beteiligt gewesen ist. Bei Bedarf könne man auch expandieren.

„Viele haben im Vorfeld mit einer Kündigung gedroht“, erzählt ein Mitarbeiter

Mit der Eröffnung in Garching geht eine Standortumsiedlung von der Nymphenburger Straße in der Münchner Innenstadt in die Peripherie einher. Dass sie künftig inmitten von weiten Feldern arbeiten sollen, gefällt nicht allen Beschäftigten. „Viele haben im Vorfeld mit einer Kündigung gedroht“, erzählt ein SAP-Mitarbeiter, während er eine der blau glasierten Süßigkeiten verspeist, „aber niemand hat es im Endeffekt natürlich getan.“ Um die schlechte öffentliche Anbindung etwas abzufedern, wurde ein privater Shuttlebus-Service eingerichtet, der sich zu den Stoßzeiten alle zehn Minuten von der U-Bahnstation Garching-Forschungszentrum auf den Weg Richtung Campus macht.

Vom Umzug aus der Stadt an den Stadtrand sind viele Mitarbeiter nicht begeistert. (Foto: Robert Haas)

Doch das ist natürlich alles kein Thema bei der Eröffnung. Nach einer Aneinanderreihung von Dankesworten und Lobpreisungen versammeln sich Vertreter von SAP, der TU sowie Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) auf der Bühne. Ein kurzer Countdown, dann sprudeln goldene Feuerwerksfontänen durch die Luft. Gemeinsam enthüllen die Beteiligten eine kleine Statue mit den Logos von Konzern und Universität. „Für Deutschland ist das größte Risiko der neuen Technologien, wenn wir nicht dabei sind“, hat Minister Blume zuvor noch gesagt. Dann muss es nur noch mit dem Wlan klappen.

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