"Desaströs" ist das Wort, das Martina Hanuschik gleich mehrere Male verwendet, um die Zustände rund um das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos zu beschreiben. Ihr Vater lebt auf der griechischen Insel, und sie hat von Anfang an versucht zu helfen, als die Flüchtlinge in ihren Schlauchbooten auf der Insel landeten. Die Lage hat sich seitdem eher verschlechtert als verbessert. Allein im Hauptlager Moria sind fast 9000 Menschen auf einem Gelände untergebracht, das für circa 2500 ausgelegt ist. Insgesamt leben an die 13 000 Flüchtlinge auf der Insel. "Die Menschen müssen sich nachts um 3 Uhr anstellen, um ein Frühstück zu bekommen und eine Wasserflasche mit 1,5 Litern", erzählt die Garchingerin, die über die Nachbarschaftshilfe gerade wieder eine Spendensammlung organisiert.
"Erschreckend" findet Hanuschik die Zustände auf Lesbos. Als "Schande Europas" wurde das Lager schon in Medienberichten bezeichnet, und was die gelernte Kinderkrankenschwester erzählt, lässt erahnen, wie es den Menschen dort geht, die teilweise schon seit zwei Jahren auf der Insel festsitzen. Weil im Lager schon längst kein Platz mehr ist, stehen mittlerweile rundherum in den Olivenhainen die Zelte. 200 Menschen und mehr teilen sich eine Toilette, es gibt viel zu wenige Duschen und an heißen Tagen wird das Wasser knapp. Das Inselkrankenhaus ist heillos überlastet, genauso wie die zwei Vertreter von "Ärzte ohne Grenzen", die gegenüber dem Lager praktizieren und sich jeden Tag mit langen Schlangen von Patienten konfrontiert sehen. Aussichten, dass sich bald etwas ändert, bestehen wohl nicht. Es seien zwar einige Flüchtlinge aufs Festland gebracht worden, berichtet Hanuschik, aber neue drängten nach. Nach Presseberichten landen jeden Tag etwa 250 Geflüchtete mit ihren Schlauchbooten an den Ufern.
Viele der Flüchtlinge sind Kinder, laut Hanuschik sind es weit mehr als 3000. Doch die wenigsten hätten die Möglichkeit, zur Schule zugehen. "Da wächst eine Generation heran, die unbeschult ist", sagt Hanuschik. Ein kleiner Lichtblick sei da eine von Israelis und Palästinensern gemeinsam errichtete "School of Peace", die 240 Kinder besuchen. Hanuschik hat den ersten Schultag miterlebt und war sehr beeindruckt. Auch andere Hilfsorganisationen oder Privatleute versuchen, den Alltag der Flüchtlinge auf Lesbos lebenswerter zu machen, zumal die Wartezeit im Lager noch dauern kann. Hanuschik erzählt von Flüchtlingen, die erst 2022 einen Interviewtermin für ihren Asylantrag haben.
Die Garchingerin unterstützt die Projekte des Künstler-Ehepaars Kempson, das auf Lesbos lebt. Sie haben das Hope-Project und das Hope-Art-Project ins Leben gerufen. Mittlerweile verfügen sie über eine große Lagerhalle, in der die Hilfsgüter gesammelt werden. Die Ausgabe haben sie den Geflüchteten überantwortet. "Sie sind sehr glücklich, dass sie selbst etwas machen können und es klappt sehr gut", sagt Hanuschik. In einem Lagerraum gibt es eine kleine Schneiderei, dort werden Kleider direkt abgeändert. Auch ein Frisiersalon gehört zum Angebot. Außerdem kümmert sich das britische Ehepaar auch um traumatisierte Flüchtlinge. Sie haben einen eigenen Raum zum Malen, Musizieren oder kreativen Arbeiten.
Martina Hanuschiks Spendenaktion läuft noch bis zum 24. November. Gesucht werden dringend warme Herrenkleidung und Herrenschuhe, aber auch Damen- und Kinderkleidung, Hygieneartikel sowie Spielsachen werden angenommen. Wer Sach- oder Geldspenden abgeben möchte, kann Martina Hanuschik per E-Mail an martina.hanuschik@nbh-garching.de erreichen.