Garching:Heiliges Schlitzohr

Unter Helmut Karl bekam Garching die Stadtwürde und den U-Bahnanschluss. Jetzt wäre er 80 Jahre alt geworden

Von Gudrun Passarge, Garching

Fast hatte es den Anschein, als wollte Helmut Karl die Bürger seiner Stadt noch ein wenig tratzen. Just als Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) die Gedenkfeier zum 80. Geburtstag des verstorbenen Altbürgermeisters eröffnen wollte, prasselten dicke Regentropfen auf den Helmut-Karl-Platz. Doch der Platzregen war nur von kurzer Dauer, das Fest mit Freibier und Frei-Eis ging mit Verspätung los und etwa 150 Bürger feierten den SPD-Mann, der Garchings Geschicke zwischen 1972 und 2002 lenkte. "Die Stadt, wie wir sie heute kennen, ist durch Helmut Karl geprägt worden", stellte Gruchmann fest.

Bei den Reden war viel von Schlitzohrigkeit die Rede, von Glanzleistungen und Mut, von Weitsicht, von den vielen Ehrungen und vor allem von seinem Lebenswerk, der U-Bahn. Helmut Karl ist es mit zu verdanken, dass die Garchinger heute vom Forschungscampus bis in die Innenstadt im Zehn-Minuten-Takt fahren können. Karl kam aus der Verwaltung. Der damalige Bürgermeister Josef Ammon habe ihn gefragt, ob er sich das Amt zutraue, Karl habe geantwortet "I moan scho". So berichtet es jedenfalls Altbürgermeister Michael Sedlmair aus Ismaning. Sedlmair würdigte die Verdienste des Garchingers Karl, der die Nordallianz auf den Weg gebracht habe, einen Zusammenschluss von damals sieben Gemeinden im Norden von München, "der damals wirklich der Hinterhof von München war". Mit Helmut Karl an der Spitze sei es gelungen, "diese Entwicklung zu stoppen und umzukehren". Sedlmair schilderte auch noch einmal, wie es Karl geschickt einfädelte, die Stadtwürde zu erlangen - für einen SPD-Bürgermeister im CSU-Land Bayern keine Kleinigkeit. Zumal er auch noch den damaligen Landrat Joachim Gillessen (CSU) gegen sich hatte. Aber Karl zeigte es allen und führte hinter den Kulissen Regie bei der Sendung "Jetzt red i", in der er Garchinger Bürger mit dem Anliegen vorschickte. Fast zwei Jahre später überreichte der damalige Innenminister Edmund Stoiber die Stadturkunde im Bürgerhaus, das übrigens auch in Karls Amtszeit entstand, ebenso wie das Ortszentrum. Die stellvertretende Landrätin Annette Ganssmüller-Maluche (SPD) erinnerte in ihrer sehr persönlich gehaltenen Würdigung an seinen letzten öffentlichen Auftritt. "Im Lichtschein dieser Stadt Garching verweile ich bis ans Ende meiner Tage", habe er gesagt. "Die Stadt Garching strahlt wirklich noch in deinem Lichterglanz", schloss Bürgermeister Gruchmann die Veranstaltung.

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