TU München:Kaum Krebstherapie im Garchinger Forschungsreaktor

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Ein Wissenschaftler richtet den neuen Kollimator der Neutronentherapieeinrichtung am FRM II ein. Die Therapieeinheit soll 2021 voraussichtlich wieder starten, so die TU. (Foto: Andreas Heddergott/TU)

Die Anlage der TU München steht wiederholt in der Kritik, weil sie mit hochangereichertem Uran arbeitet. Die Grünen zweifeln jetzt angesichts der Patientenzahlen am medizinischen Nutzen.

Von Gudrun Passarge, Garching

"Die Krebstherapie, der angeblich große medizinische Nutzen des Garchinger Forschungsreaktors, hat sich als eine kolossale Pleite herausgestellt." Das schreiben die beiden Landtagsabgeordneten der Grünen aus dem Landkreis, Claudia Köhler und Markus Büchler, in einer Pressemitteilung. Die Zahl der Behandlungen habe mindestens 95 Prozent unter dem erwarteten Wert gelegen. Sie berufen sich dabei auf die Antworten auf eine schriftlichen Anfrage beim Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst. Beim Forschungsreaktor München II (FRMII) räumt man ein, dass die Zahlen zuletzt nicht den Erwartungen entsprochen haben. Eine Sprecherin widerspricht aber der Darstellung der Grünen, dass die Bestrahlungsanlage stillgelegt worden sei.

"Die Entwicklung der Krebsbehandlungen am Garchinger Forschungsreaktor ist Musterbeispiel der leeren Versprechungen der TU München über den angeblichen medizinischen Nutzen des Reaktors. Nachdem 2014 kein einziger Patient und 2015 noch fünf Patienten behandelt wurden, wurde die Bestrahlungsanlage stillschweigend eingestellt", schreibt Köhler. In der Zeit zwischen 2007 und 2015 seien im Schnitt nur 14 Patienten behandelt worden an 24 Tagen im Jahr. Die Prognose war dabei eine ganz andere. Noch 2004 hatte das Wissenschaftsministerium auf eine Anfrage der Grünen Ruth Paulig geschrieben: "Zu Beginn wird von einer Teilauslastung der vorhandenen Kapazität mit bis zu 120 Patienten pro Woche ausgegangen".

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Nach Ansicht Büchlers wird der medizinische Nutzen des Forschungsreaktors immer gerne in der Öffentlichkeitsarbeit der TU nach vorne geschoben, wenn es um die Akzeptanz des Reaktors schlecht bestellt ist. Heute würde man mit der Herstellung radioaktiver Isotope wie Lutetium oder Technetium werben, so Büchler. "Dabei wird immer gerne verschwiegen, dass man diese medizinischen Stoffe meist auch anders herstellen kann und vor allem, dass man dazu keinen Reaktor mit hochangereichertem Uran braucht."

Nach Angaben von Andrea Voit ist die Anlage nur deshalb gerade nicht in Betrieb, weil sie modernisiert wurde. Wenn der TÜV die neue Technik freigebe, könne im nächsten Jahr voraussichtlich die Strahlenbehandlung wieder aufgenommen werden. Den Rückgang der Behandlungen begründet Voit damit, dass sich die Medizintechnik weiterentwickelt habe. Krankenhäuser seien mittlerweile in der Lage, dank computerbasierter Strahlungstechniken die Behandlung selbst anzubieten. Die Strahlentherapie am Forschungsreaktor der TU sei eine Nische, sagt Voit, geeignet etwa für die Behandlung von Speicheldrüsenkrebs. Das Klinikum rechts der Isar der TU wolle auf jeden Fall nach wie vor Patienten überweisen. Im Übrigen werde die Strahlentechnik nicht nur zur Krebsbehandlung genutzt. Sind keine Patienten da, durchleuchten Wissenschaftler Gegenstände mit dem Neutronenstrahl, zum Beispiel Dinosauriereier.

© SZ vom 10.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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