Garching:Forschen im Zentrum für Energie

Institut für Energie und Information, Garching, Lichtenbergstraße 4 a

Leitet die neue Einrichtung der Technischen Universität in Garching: Professor Thomas Hamacher.

(Foto: Florian Peljak)

In Garching eröffnet die TU ein neues interdisziplinäres Haus. Es soll auch dem Dialog mit den Bürgern dienen.

Von Gudrun Passarge, Garching

Ein neues Haus, ein neues Konzept. Im Zentrum für Energie und Information (ZEI) der TU München dreht sich alles um die Energiewende. Zum einen dient es der interdisziplinären Forschung, zum anderen der Kommunikation mit den Bürgern. Thomas Hamacher ist Leiter der Munich School of Engineering und damit auch des ZEI, er sieht die Diskussion um neue Formen der Energie nach dem Aus der Kernenergie heute als schwieriger denn je zuvor an. Es gehe um realistische Informationen und einen Dialog mit dem Bürger. "Wir sind gerne bereit, in diesen Dialog einzugsteigen. Das ist das Angebot, das wir mit diesem Haus machen können."

Das Haus an der Lichtenbergstraße besticht durch seine Helligkeit und dadurch, dass es auch an heißen Tagen innen kühl bleibt. Hamacher führt das auf die Betonkernaktivierung zurück, ein besonderes Leitungssystem im Beton, durch das Wasser fließt. Intelligente Algorithmen entscheiden passgenau, ob der Schalter auf kühlen oder heizen gestellt wird. Im April sind die ersten Mitarbeiter eingezogen, an diesem Montag, 26. Juni, wird das Gebäude offiziell eröffnet. Der Freistaat hat dafür 17 Millionen Euro bezahlt.

Hamacher, Professor für erneuerbare und nachhaltige Energiesysteme, hat klare Vorstellungen von den Aufgaben des neuen Zentrums. Zunächst geht es um die Frage, wie sich erneuerbare Energien besser integrieren lassen, wie man etwa mit Fotovoltaik oder Windkraft heizen oder Autobatterien aufladen kann. Zum anderen geht es darum, das Stromnetz neu zu regeln, damit immer genügend Strom in der richtigen Spannung zur Verfügung steht. In dieser Frage habe er auch schon Firmen kontaktiert, wie er überhaupt hofft, dass sich auch andere Universitäten an der Forschung beteiligen. Selbst in den USA war Hamacher "auf Werbungstour", um dort Gastwissenschaftler zu finden, die mitarbeiten wollen.

Gelegenheit zu forschen, gibt es im Haus genügend. Da ist zum Beispiel die riesige Halle, die vom Keller bis zum Erdgeschoss reicht und vom Foyer aus durch viele Fensterscheiben einsichtig ist. Dort soll das "Microgrid-Labor" entstehen, in dem unter realistischen Bedingungen neue Verteilernetze getestet werden können. Dazu wollen die Forscher eine kleine Siedlung mit Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern modellieren, die geheizt werden, in denen fiktive Bewohner ihre Spül- und Waschmaschinen benutzen oder Radio hören. Sie wollen hier die Frage klären, wie eine Regelung des Netzes auf unterer Ebene stattfinden kann. Ein anderes Projekt bezieht sich auf die Fotovoltaik und die Möglichkeit, Solarzellen aus einfachen organischen Substanzen herzustellen. Wenn es gelänge, sie so zu drucken wie Zeitungen, "wenn man das richtig hinbekäme, wäre es sehr günstig", sagt Hamacher. Denn eine solche Herstellung würde viel weniger kosten als bisher.

Für vieles muss öffentlich geworben werden

Das zweite Standbein des Hauses ist die Öffentlichkeitsarbeit. Dazu zählen Ausstellungen im Atrium. Die erste noch im Sommer haben Studenten aus Austin in Texas gestaltet. Sie haben sich mit der Zukunft des Bauens beschäftigt am Beispiel einer möglichen Siedlung in Garching. Dabei haben sie Nachhaltigkeitsaspekte genauso berücksichtigt wie auch neue Formen des Zusammenlebens. Die zweite geplante Ausstellung im Winter soll sich mit der Geothermie befassen. Ein Thema, das sich wegen der Geothermieallianz der TU mit der Uni in Erlangen und Bayreuth anbietet, ein Projekt, das ebenfalls am ZEI angesiedelt ist. Wenn möglich, würde Hamacher das gerne zusammen mit der Stadt Garching organisieren, die schon seit langem den Campus mit ihrer Geothermie-Wärme versorgen.

Schließlich ist da noch die Diskussion mit den Bürgern, der Hamacher große Bedeutung beimisst. Wenn die Bürger etwas nicht wollen, was bliebe dann als Alternative? Der Leiter des ZEI nennt als Beispiel die Stromleitungen, die Bayern an die Offshore-Energie im Norden anschließen sollen. Bei vielen Menschen stoßen sie auf Widerstand. "Da müssen wir unsere Diskussion schärfen und auch bereit sein, unangenehme Wahrheiten schärfer auszudrücken", sagt Hamacher. Die Frage sei doch, was passiert, wenn die Leitungen nicht kämen? Wie viele Windräder bräuchte es in Bayern, wollte man den Strom selbst erzeugen? Bei vier Gigawatt Leistung rechnet er mit "800 riesengroßen Windturbinen".

Kalkuliert man zudem ein, dass in Bayern weniger Wind bläst als an der See, dann wären es möglicherweise sogar 1600. Und auch den Wunsch vieler Anlieger, die Leitungen unterirdisch zu legen, sieht er als Problem. Das würde sieben Milliarden Euro kosten, "aber wir können nicht überall sieben Milliarden ausgeben". Wenn stets nur die bequeme Lösung gewählt würde, die sehr teuer ist, würde man schnell an die Grenze des Machbaren stoßen. Und dann fehle das Geld vielleicht für andere nötige und sinnvolle Investitionen, fürchtet der Professor.

Viele spannende Themen, alle zukunftsprägend. "Wir hoffen, dass uns die Politik noch mehr wahrnimmt", sagt der Professor, "wir würden gerne noch mehr machen." Das Haus an der Lichtenbergstraße und die Forscher stehen bereit, "dieses Gebäude ist eine tolle Chance", sagt Hamacher.

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