Garching:Grüne kritisieren "Entsorgungschaos" beim Forschungsreaktor

Garching: Der Abtransport abgebrannter Brennelemente aus dem Forschungsreaktor in Garching ist bereits geprobt worden. Doch bisher ist nicht absehbar, wann der Atommüll wirklich weggebracht werden kann.

Der Abtransport abgebrannter Brennelemente aus dem Forschungsreaktor in Garching ist bereits geprobt worden. Doch bisher ist nicht absehbar, wann der Atommüll wirklich weggebracht werden kann.

(Foto: Bernhard Ludewig/FRM II/TUM)

Die Aufbewahrungsgenehmigung für das Zwischenlager im nordrheinwestfälischen Ahaus steht noch immer aus. Am FRM II probt man dennoch bereits für den Abtransport verbrauchter Brennelemente.

Von Irmengard Gnau, Garching

Wohin mit dem Atommüll? Diese Frage stellt sich nicht nur bei den großen Meilern, die zur Energiegewinnung betrieben werden. Auch um am Forschungsreaktor München II (FRM II) in Garching Spitzenforschung betreiben zu können, werden uranhaltige Brennelemente genutzt, die nach einem Brennzyklus von 60 Tagen fachgerecht entsorgt werden müssen. Dafür aber liegen immer noch nicht alle nötigen atomrechtlichen Genehmigungen vor. Dass die Staatsregierung wie auch die Technische Universität München (TU) als Betreiberin gleichwohl den Reaktor, der seit zwei Jahren still steht, wieder anfahren wollen, kritisieren die Grünen-Landtagsabgeordneten Claudia Köhler und Markus Büchler.

Wie die Antwort von Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) auf eine Anfrage der Grünen Köhler, Büchler und Rosi Steinberger im Landtag bestätigt, ist ein Abtransport der abgebrannten Brennelemente aus Garching weiterhin nicht möglich, weil zwei wichtige Genehmigungen noch nicht vorliegen. Zwar wurde im Jahr 2000, vor dem Bau des FRM II, vertraglich vereinbart, dass die verbrauchten Brennstäbe einmal in das Atommüll-Zwischenlager im nordrheinwestfälischen Ahaus gebracht und dort eingelagert werden, bis sie in ein - bis dahin gefundenes Endlager - kommen. Für die konkrete Einlagerung in Ahaus bedarf es jedoch laut deutschem Atomgesetz einer Aufbewahrungsgenehmigung. Diese gewährt das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE, ehemals Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit) nach eingehender Prüfung.

Den entsprechenden Genehmigungsantrag stellt die Betreiberin des Zwischenlagers Ahaus, die Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ). Der Genehmigungsantrag wird seit 2014 weiter verfolgt. Laut Auskunft der BGZ müssen aktuell noch Unterlagen zur IT-Sicherheit ergänzt werden. Erst wenn die Aufbewahrungsgenehmigung vorliegt - gegen welche die Stadt Ahaus nach eigener Aussage Klage erheben will -, kann eine Transportgenehmigung erteilt werden.

Allerdings haben sich in Garching seit Inbetriebnahme des Forschungsreaktors bereits 47 abgebrannte Brennstäbe angesammelt; ein weiterer befindet sich noch im Reaktor. Das Abklingbecken fasst jedoch nur 50 Brennelemente. "Die TU München mit Rückendeckung der CSU-Staatsregierung muss sich um eine Lösung des Entsorgungschaos kümmern. Anders kann der FRM II nicht weiterbetrieben werden", mahnt Büchler. Außerdem müsse die Staatsregierung endlich ein den Genehmigungsauflagen entsprechendes Konzept vorlegen, um den Forschungsreaktor von hoch angereichertem auf niedrig angereichertes Uran umzurüsten.

Die TU gibt sich davon unbeeindruckt. Man rechne mit der Verlässlichkeit der Partner und dem fristgerechten Ablauf des Genehmigungsverfahrens, heißt es in der Antwort auf die Landtagsanfrage der Grünen. Am Reaktor probt man sogar bereits für einen Abtransport. In den vergangenen Monaten machten Mitarbeiter des FRM II einen Testlauf, bei dem ein Brennelemente-Dummy unter Wasser in den Spezialbehälter eingeladen, professionell gesichert und auf ein zugelassenes Transportfahrzeug verladen wurde. Der 1,6 Meter hohe und 16 Tonnen schwere Castor-Behälter wurde eigens für Brennelemente aus Forschungsreaktoren konzipiert und fasst fünf Elemente. Soll das Abklingbecken in Garching also ganz leer geräumt werden, bräuchte es zehn Transporte. Bis ein abgebranntes Element transportfähig ist, muss es erst sechseinhalb Jahre lang im Abklingbecken ruhen.

Die Betreiber des Forschungsreaktors blicken den offenen Fragen hinsichtlich der weiteren Lagerung offensichtlich gelassen entgegen. Die abgebrannten Elemente sollten "wie geplant in den nächsten Jahren in mehreren Transporten" ins Zwischenlager Ahaus gebracht werden, heißt es auf einer jüngst konzipierten Website, die sich Fragen "zu den geplanten Castor-Transporten" widmet.

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