Auslandsstudium in Garching:Campus im Herzen des Kontinents

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Drei Masterstudenten, für die Europa zur Alltäglichkeit geworden ist: Raffaella Dellolio, Oskar Adolfson und Andrea Romero. (Foto: Robert Haas)

"Europa ist hier viel greifbarer": Oskar Adolfson aus Schweden sowie Raffaella Dellolio und Andrea Romano aus Italien studieren an der TU in Garching.

Von Gudrun Passarge

Drei Studenten, drei überzeugte Europäer. Auslandsaufenthalte gehören heutzutage für viele junge Hochschüler dazu. Oskar Adolfson aus Schweden, Raffaella Dellolio und Andrea Romano aus Italien machen derzeit ihren Master an der Technischen Universität in Garching.

Es ist ein "Double Degree", ein Abschluss, der in den jeweiligen beiden Ländern gleichermaßen anerkannt wird. Sie sehen freilich viele Unterschiede, wenn sie das Studium in ihrem Heimatland mit Deutschland vergleichen. Und sie sehen die Vorteile von Europa: "Europa ist hier viel greifbarer. Wenn du nur in deinem Heimatland bleibst, siehst du es nicht so", sagt Adolfson.

Der 25-Jährige hat seinen Bachelor in Mathematik an der Königlich Technischen Hochschule in Stockholm gemacht. Er berichtet, es sei schon erwünscht, dass die Studenten auch im Ausland lernten, aber sein Eindruck sei, dass die deutschen Studenten dieses Ziel wesentlich häufiger verfolgten als seine Kommilitonen in Schweden. An seiner Uni jedenfalls habe man sich "riesig gefreut, wenn jemand ins Ausland geht".

Auch Dellolio und Romano berichten, dass an ihrer Universität in Trient nur wenige die Chance nutzten, den Doppelabschluss zu machen. Vier nahmen am Auswahlverfahren zum Stipendium teil, doch nur sie beide sind nach München gegangen. Die 24-Jährige Dellolio macht ihren Master in Maschinenwesen, der 23-jährige Romano in Fahrzeug- und Motorentechnik. Den obligatorischen Sprachkurs haben alle mit der Einstufung B1 bestanden, sie alle können sich gut verständigen.

Romano und Dellolio gefällt das Studium in Garching. "Es ist viel mehr praxisorientiert als bei uns. Wenn die Professoren hier etwas erklären, bringen sie praktische Beispiele. Außerdem müssen wir Projekte und Praktika machen, das ist in Italien nicht der Fall."

Romano findet, es gebe auch mehr Auswahl bei den Kursen und die Freiheit, sich selbst Schwerpunkte zu setzen. "Es gibt viel mehr Auswahl als zu Hause", sagt auch Adolfson. Er sagt, die TU lege mehr Wert auf Theorie als seine schwedische Hochschule. Er habe hier viel gelernt und könne viel mehr erklären, als wenn er zu Hause geblieben wäre.

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Alle drei berichten, dass der Zeitplan in Garching weniger festgelegt ist als in ihren Heimatländern. Was und wie viel die Studenten auswählen, bestimmen sie. "Die Verantwortung liegt mehr bei uns selbst", sagt Adolfson.

Der Mathematikstudent ist schon seit zwei Jahren in Deutschland. Er hat in Garching in einem privaten Studentenwohnheim ein Apartment für 500 Euro gefunden, "da habe ich Glück gehabt". Dellolio und Romano nicken. Die Wohnungssuche rund um München finden sie sehr schwierig. Deswegen waren sie auch froh, dass sie Studentenapartments für 800 Euro in Freimann nahe der U-Bahn-Station gefunden haben, was auch praktisch ist, weil sie mit der U 6 nun zum Campus, aber auch in die Innenstadt fahren können.

Adolfson bezieht 300 Euro Bafög, die er nicht zurückzahlen muss, den Rest bekommt er von den Eltern. Die beiden italienischen Master-Studenten haben ihr Stipendium, 2000 Euro im Semester, auch da schießen die Eltern zu. Aber immerhin finden sie das Leben in München nicht teurer als zu Hause. "Hier ist alles etwas billiger, bis auf die Miete", sagt Adolfson und Romano präzisiert: "Das Bier ist hier billiger, das Wasser dafür teurer."

Alle drei fühlen sich wohl in Deutschland. "Ich liebe das Leben hier", sagt Adolfson. Schnelle Reisen mal eben nach Österreich oder an den Gardasee, vielleicht mal ein Abstecher in die Schweiz, das ist ganz nach seinem Geschmack. "Hier in Süddeutschland bist du näher dran an Europa als in Schweden. Da musst du sieben Stunden fahren, bis du an der Grenze zu Dänemark bist." Der Schwede wünschte sich, sein Land würde auch den Euro einführen. Dellolio nimmt den Punkt auf. "Europa", so sagt sie, "ist für mich das Alltägliche, auch mit dem Geld. Es ist das, was ich gewohnt bin."

Alle drei erwägen, nach ihrem Abschluss in Deutschland zu bleiben. Dellolio spricht von ein paar Jahren, die sie sich vorstellen könnte, hier zu arbeiten. "Die Familie ist nur ein paar Stunden entfernt, und es gefällt mir hier sehr gut. Ich glaube, dass man hier sehr gut leben kann. Es ist ein schönes Land", sagt Raffaella Dellolio, die als Tochter von Süditalienern in Meran aufgewachsen ist.

Und Romano findet es vorteilhaft, dass er von München aus kommod mit dem Bus in seine Heimatstadt Verona fahren kann. "Aber hoffentlich dann mit dem eigenen Auto, wenn ich einen Job habe. Arbeiten in München, das wäre schön." Aber zuerst gehen die drei Studenten zur Europawahl. "Meiner Meinung nach ist es wichtig, nach einem immer mehr vereinigten Europa zu streben. Es ist Europa zu verdanken, wenn Jungen wie ich die Möglichkeit haben, im Ausland zu lernen und zu arbeiten", sagt Andrea Romero.

© SZ vom 18.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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