Verkehr:Garching will „Elterntaxis“ mit Appellen und Halteverboten ausbremsen

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Annähernd 150 Kinder und Erwachsene haben in Garching für die Einrichtung von Schulstraßen demonstriert, um Autofahrer auszubremsen. (Foto: ADFC)

Im Stadtrat zeichnet sich keine Mehrheit für ein Verbot von Autos vor Schulen ab, wie es Elternbeiräte, ADFC und Grüne fordern.

Von Sabine Wejsada, Garching

Gut gemeinte Appelle, strenge Halteverbote und teure Strafzettel: Auf diese Weise möchte die Stadt Garching kurzfristig das Chaos vor den Schulen in den Griff bekommen, das Eltern verursachen, die in der Früh ihre Kinder mit dem Auto zum Unterricht bringen und nach Schulschluss wieder abholen. Sogenannte Schulstraßen, also temporäre Sperrungen der Zufahrten, wie sie Elternbeiräte sowie die örtlichen Ortsgruppen von Bund Naturschutz und Allgemeinem Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) vor der Grundschule West an der Poststraße und rund um das Werner-Heisenberg-Gymnasium (WHG) und die Grundschule Ost fordern, wird es dagegen so schnell nicht geben. Im Stadtrat zeichnete sich am Donnerstagabend jedenfalls keine Mehrheit für diesen Weg ab, auch wenn vor allem die Grünen eine solche „politische Entscheidung“ anmahnten.

Seit Monaten wird in der Stadt darum gerungen, die Verkehrssicherheit vor den Schulen zu erhöhen. Denn die sogenannten Elterntaxis sorgen tagtäglich für ein veritables Durcheinander und gefährden Schülerinnen und Schüler, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind. Auch Schulweghelfer sind Schilderungen zufolge nicht sicher und müssen so manches Mal zur Seite springen oder sich regelmäßig Beschimpfungen der Autofahrer und Autofahrerinnen anhören.

Erst am vergangenen Wochenende demonstrierten annähernd 150 Kinder und Erwachsene bei einer Fahrradaktion von ADFC, Bund Naturschutz und den Elternbeiräten der Garchinger Schulen für sichere Schulwege und die sofortige Einrichtung von Schulstraßen. Vor der Stadtratssitzung am Donnerstagabend untermauerte das Bündnis in einem an alle Lokalpolitiker und das Rathaus verschickten Positionspapier seine Forderung nach mehr Sicherheit rund um die Schulen. Darin heißt es, dass man nicht darauf bestehe, dass explizit das Schild „Schulstraße“ aufgestellt wird, aber man verlange Maßnahmen, um die Gefahren für Kinder und Jugendliche abzuwehren.

Dass die Situation vor den beiden Grundschulen und am Gymnasium untragbar sei, darüber ist man sich im Garchinger Rathaus im Klaren. Dennoch tut sich die Verwaltung schwer, die Forderungen von Elternbeiräten und örtlichen Initiativen zu erfüllen. Nicht zuletzt, weil sowohl die Regierung von Oberbayern als auch das bayerische Innenministerium Schulstraßen nach Kölner Vorbild mit Blick auf die Straßenverkehrsordnung abschlägig beurteilen, wie Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) den Stadtrat informierte.

Schulstraßen könnten nur die Ultima Ratio sein, wenn bereits alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft seien, zitierte der Rathauschef aus den Schreiben. Er wolle in Garching nicht ein derartiges „Pilotprojekt“ vorantreiben. Vielmehr solle die Stadt München „ruhig den Vorreiter machen“, wo es seinen Worten zufolge ebenfalls Pläne gibt, zeitlich begrenze Einfahrverbote rund um Schulen zu erlassen. Garchings Bürgermeister kann sich nach eigenen Angaben allerdings vorstellen, Hol- und Bringzonen vor den Schulen auszuweisen, wo Kinder aus- und einsteigen können; die Stadt könne zudem den Zebrastreifen in der Poststraße absichern, indem man dort ein absolutes Halteverbot anordnet, was durch das Personal der kommunalen Verkehrsüberwachung kontrolliert werden könnte.

Die endgültige Entscheidung fällt im Stadtrat

An der Kreuzung von Auweg und Münchener Straße seien zudem technische Änderungen an der Ampel denkbar, nachdem es dort immer wieder beinahe zu Unfällen komme, weil Rechtsabbieger das Rotlicht missachteten. Was Schulstraßen angeht, ist der Bürgermeister dagegen skeptisch. Ein temporäres Einfahrverbot sei nur sinnvoll, wenn es überwacht werden könne. Kontrollen habe die Polizei bereits aus Personalmangel eine Absage erteilt.

Grünen-Fraktionschef Hans-Peter Adolf warf der Stadt vor, der ablehnenden Haltung der Regierung zu leichtgläubig zu folgen oder diese sogar falsch auszulegen. Er zitierte aus einem Landtagsprotokoll, wonach Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) Schulstraßen sehr wohl als praktikabel bezeichnet hat. Rein rechtlich sei die Einführung möglich, sagte er. Deshalb sei es eine politische Entscheidung. Diese fällt letztlich im Stadtrat.

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