Garching:Ein Ruck dank Arnulf

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Strahlende Gesichter gab es beim Festumzug trotz tropischer Temperaturen. Immer dabei: Gowirich (hier Josef Euringer) der Namensgeber Garchings. (Foto: Alessandra Schellnegger)

1100 Jahre alt wurde Garching - und das Feierjahr hat die Bürger enger zueinander finden lassen

Von Gudrun Passarge, Garching

Dank an Arnulf den Bösen, der die Besitzung Garching dem Kloster Tegernsee irgendwann weggenommen hat, um es als Lehnsgut an seine Leute weiterzugeben. Erwähnt wird der Besitzverlust ohne Zeitangabe in einer Klosterurkunde aus dem Jahr 1020, aber in allen Chroniken war stets von 915 die Rede, wenn es um die Anfänge Garchings ging. Dank also an Arnulf, der es Garching ermöglicht hat, 2015 ein ganzes Feierjahr einzulegen. Einer, der schon an den Vorbereitungen mitgewirkt hat, war Rudi Naisar. Der SPD-Stadtrat und Vorsitzende des Fördervereins Garchinger Geschichte saß im Festausschuss, der schon 2013 mit den Vorbereitungen zur Rundum-Sause begonnen hat. Sein Fazit: "Ich habe das Gefühl, dass ein Ruck durch die Bevölkerung gegangen ist. Die Bürger haben zueinander gefunden. "

Naisar hat einen dicken roten Aktenordner vor sich auf dem Tisch liegen. Darin sind die ersten Entwürfe für das Logo zur 1100-Jahr-Feier abgeheftet, die ersten Entwürfe für die Gowirich-Büste, Gowirich als Comic-Figur, der in der Festschrift mit allen Veranstaltungen durch die Geschichte führt. Tatsächlich wurde die Idee, das Fest mit der Figur des Namensgebers zu verbinden, im Festausschuss geboren. Der Plan ging auf. Gowirich wurde zur zentralen Identifikationsfigur des Fests. Perfekt eingekleidet im Leinengewand lief er gleich in dreifacher Ausführung durch den Ort, verkörpert von Josef Euringer, Walter Fölsner und Wiland Geisel. Naisar erzählt, er habe Fölsner öfter mal in einen Kindergarten begleitet. "Das war toll, was für Fragen die Kinder gestellt haben." Sie wollten alles über den Alltag von Gowirich und seiner Sippe wissen. Welche Haustiere sie hatten, was sie gegessen haben, ob der Stammvater eine Frau gehabt habe. Naisar habe all sein Wissen über Funde aus der Bajuwarenzeit in Garching genutzt, habe von den Pfahlbauten erzählt, die Schutz auch bei Hochwasser boten, von Hühnern, Pferden und Ochsen als Haustieren. Auch die Kirche St. Katharina, die ja ihre Ursprünge in romanischer Zeit hat, dürfte damals schon gestanden haben, jedenfalls die Vorgänger-Kirche. Überhaupt die Geschichte Garchings, Naisar findet es gut, dass die Menschen in diesem Festjahr begonnen hätten, sich damit zu befassen. Vom Bauerndorf zum Wissenschaftsstandort, "das ist erst in den letzten 50 bis 60 Jahren passiert, vorher hat sich nicht viel getan". Diese Geschichte und viele Geschichten rund um Garching haben die Festplaner in ein Programm gegossen. Für Naisar unverzichtbar war dabei, "dass die Vereine von Anfang an mit im Boot waren. Es ist uns gelungen, das ganze Fest unter Bürgerbeteiligung zu organisieren." Hinzu kamen engagierte Mitarbeiter in der Verwaltung, "da braucht man Leute, die sich damit identifizieren", sagt der 62-Jährige.

Höhepunkte gab es im Feierjahr genügend. Naisar beginnt mit einem ganz persönlichen, der imposanten Stadtchronik, an der der Hochbrücker selbstverständlich mitgearbeitet hat. Auch sie ist ein Gemeinschaftswerk vieler Garchinger Autoren. Sie ist just an dem Tag erschienen, als sein erster Enkel Simon zur Welt gekommen ist, am 10. November. Aber natürlich nennt er auch den historischen Festumzug. "Obwohl es so wahnsinnig heiß war, ist kein böses Wort geflossen. Jeder hat sich klaglos in sein Kostüm gezwängt." Naisar war als Lakai von Kurfürst Max Emanuel unterwegs. Gut gefallen hat ihm auch das Fest der Vielfalt am Maibaumplatz mit den vielen Kulturen, die vertreten waren, das Feuerwerk, die Lichtinstallationen der Feuerwehr und das Straßenfest. Nur das Festzelt hätte besser besucht sein können. "Aber die Garchinger sind wohl keine Bierzeltgänger." Vielleicht fehle die Tradition, denn bei Volksfesten in den Nachbargemeinden seien sie durchaus anzutreffen, erzählt Naisar. Er selbst ist ein glühender Verfechter eines eigenen Festplatzes in der Stadt, sagt aber auch, "der Impuls muss von der Bevölkerung kommen".

Als Ratschlag für Nachahmer empfiehlt er: "Rechtzeitig anfangen, die Bevölkerung mit einbinden, und flexibel sein". Denn Probleme tauchen immer auf. Sei es, weil der Festwirt kurzfristig absagt, weil ein Landwirt genau dort, wo das Feuerwerk abgebrannt werden soll, Raps anpflanzen wollte. Er ließ sich umstimmen. Das Himmelsspektakel erleuchtete über einem Maisfeld.

© SZ vom 29.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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