Süddeutsche Zeitung

Garching:Dresden ist überall

Theaterpremiere von "Ein Exempel" in Garching

Von Udo Watter, Garching

Der Ruf des Bundeslandes Sachsen war zuletzt ohnehin suboptimal, aber seit den unschönen Szenen rund um die Feier der deutschen Einheit ist die Sorge um die politische Kultur in der Heimat der Pegida-Bewegung jüngst wieder stärker in den Fokus gerückt. Die Frage, ob die Bürger Dresdens oder im Erzgebirge anfälliger sind für rechte und demokratiefeindliche Parolen als anderswo, die Frage, ob die dortige Polizei, Politik und Justiz immer angemessen reagiert oder die Gefahr von rechts verharmlost, während sie gegen die Linken entschlossener vorgeht - sie beschäftigt derzeit nicht nur die politischen Medien, sondern auch die Feuilletons.

Wenn nun das Ensemble des Garchinger Theater- und Musicalvereins "Zeitkind" an diesem Freitag, 7. Oktober, das Drama "Ein Exempel" von Lutz Hübner und Sara Nemitz aufführt, hat das eine beklemmend aktuelle Facette. Der Schauplatz des Stückes ist Dresden, es trägt im Untertitel "Mutmaßungen über die sächsische Demokratie". Linke, Neonazis, die Polizei spielen darin eine Rolle und letztlich entwickelt sich aus der konfliktreichen Situation ein Wettbewerb um die politische und moralische Deutungshoheit.

Worum geht es? Das Leben des Protagonisten A ist aus den Fugen geraten. Eigentlich hatte er an dem fatalen Abend nur den Kassendienst in einem linksalternativen Veranstaltungszentrum in Dresden übernommen. Als vor der Tür eine Gruppe Neonazis zu pöbeln beginnt, stellt er sich den Störenfrieden entgegen. Er ist sich sicher, richtig und beherzt gehandelt zu haben. Doch dann gerät die Situation außer Kontrolle, es kommt zu einem Gerangel - und plötzlich findet sich A, der brave Familienvater, in einem Polizeiverhör wieder. Vorsätzliche Gewaltausübung, so der Vorwurf. Er soll Bierdosen geworfen haben, einen Polizisten abgeschüttelt, den Tumult in Gang gebracht haben.

Das Schauspiel, das 2014 seine Uraufführung hatte, ist eine Auftragsarbeit des Landestheaters Dresden. Der für die Garchinger Inszenierung verantwortliche Regisseur Werner Högel versucht mit seinem Ensemble, die großen Fragen von Schuld und Verantwortung auch mit Humor aufzuwerfen. Er will aufrütteln, sagt aber auch, dass sich so etwas nicht nur in Sachsen, sondern überall in Deutschland ereignen könnte. Es spielen Simone Dirksen, Karin Gordon, Ulrich Luttner, Jutta Roller Rolf Schönwald und Torsten Spörl.

Die Premiere dieser "Zeitkind"- Produktion ist an diesem Freitag, 7. Oktober, im Theater im Römerhof am Riemerfeldring 2 (Beginn: 20 Uhr). Weitere Aufführungen gibt es am Samstag, 8., und Sonntag, 9. Oktober, sowie am folgenden Wochenende, 14., 15. und 16. Oktober. Beginn ist jeweils um 20 Uhr, an den beiden Sonntagen um 18 Uhr. Karten kosten 15, ermäßigt zwölf Euro. Die Abendkasse öffnet eine Stunde vor Beginn. Karten gibt es über das Rathaus, Telefon: 089/320 89-138 oder online unter www.garching.de.

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Quelle:
SZ vom 07.10.2016
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