Energiewende:"Wir werden Windradl kriegen, das ist klar"

Energiewende: Strom aus Windkraft wird im Münchner Norden bisher nur in Fröttmaning erzeugt.

Strom aus Windkraft wird im Münchner Norden bisher nur in Fröttmaning erzeugt.

(Foto: Robert Haas)

Planungsverband-Vorsitzender Stefan Schelle wirbt bei seinen CSU-Parteifreunden für einen pragmatischen Umgang mit der lange abgelehnten Technologie.

Von Irmengard Gnau, Garching

Auf dem Plakat für die Veranstaltung der Garchinger CSU am Mittwochabend steht ein Thema, das Politikinteressierte bislang eher selten bei der bayerischen Volkspartei verortet haben: Windkraft und welche Rolle sie künftig rund um München spielen wird. Die Themensetzung zeigt freilich, dass auch die CSU nicht an der Windkraft vorbeikommt, wenn es um die Frage geht, woher künftig all die Energie kommen soll, die der Freistaat und nicht zuletzt die äußerst wirtschaftsstarke Region rund um München benötigen. "Die Zeit, in der wir die Stromerzeugung nicht vor Augen haben, ist vorbei", bilanziert der Kirchheimer Bürgermeister und CSU-Landtagskandidat Maximilian Böltl.

Als Hauptredner ist Stefan Schelle zu Gast in Garching, Besuch aus dem Süden also. Der Bürgermeister von Oberhaching ist in einer Doppelrolle da; einerseits ist Schelle als erfahrener Kommunalpolitiker und Chef der CSU-Fraktion im Münchner Kreistag eine Stimme von Gewicht in den Reihen der Partei. Gleichzeitig steht Schelle an diesem Abend als Vorsitzender des Regionalen Planungsausschusses für die Region München vor den etwa 35 CSU-Mitgliedern und -Sympathisanten. In dieser Rolle wirbt Schelle bei seinen Parteifreunden dafür, sich dem Thema Windkraft gegenüber zu öffnen. "Wir werden Windradl kriegen, das ist klar", sagt Schelle. Nur Kommunen, die sich selbst aktiv in die Planung einbrächten, könnten die Entwicklung steuern.

Am 1. Februar ist das bundesweite Wind-an-Land-Gesetz in Kraft getreten; es verpflichtet die 16 Bundesländer, in zwei Schritten bis 2032 einen gewissen Prozentsatz ihrer Landesfläche für Windkraftanlagen auszuweisen. Für Bayern lautet die Vorgabe 1,8 Prozent bis 2032, das entspricht gut 70 000 Quadratmeter Fläche, etwa das Zweieinhalbfache des Status quo. Im ersten Schritt bis 2027 müssen 1,1 Prozent erreicht werden. Für die Planungsregion München - sie umfasst die Landeshauptstadt sowie die acht umliegenden Landkreise, also Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, Landsberg am Lech, Starnberg und den Landkreis München - könnte das etwa 300 bis 400 Windräder bedeuten, sagt Schelle.

Wo die Vorrangflächen für diese Windräder liegen sollen, das erarbeiten gerade die regionalen Planungsverbände. Und dafür sollen auch die Kommunen möglichst jetzt schon konkrete Vorschläge machen, sagt Schelle. Aktuell habe man in der Region München etwa 0,8 Prozent potenzielle Ausweisungsflächen beisammen, 0,3 würden noch gesucht. Werden nämlich die 1,1 Prozent nicht nachgewiesen, könnten Investoren die Standorte für die Windräder auswählen, als "privilegierte Bauvorhaben" wegen des übergeordneten Interesses an der Energiegewinnung geht das. Das freilich will keiner im Saal. Also lieber selbst geeignete Flächen finden, "Positivstandorte" wie Schelle sagt, und dann in der Bauleitplanung die eigenen Interessen einbringen. Entlang der Starnberger Autobahn seien sich beispielsweise die Anliegerkommunen um Pullach schon einig, dass sich dort einmal Windräder drehen sollen. Auch in den Forsten im Süden sind die Pläne schon gediehen.

Die Flugsicherung hat Bedenken gegen die Pläne für Garching

Aus dem Norden hingegen hört man noch wenig. Die Planungen für ein Windrad in Garching sind ins Stocken geraten, weil die Deutsche Flugsicherung Bedenken hat wegen der Einflugschneise der Hubschrauber am Flugplatz in Oberschleißheim; eine Klage des Investors Ostwind dagegen wird beim Verwaltungsgericht verhandelt. Die Flugsicherung sei eine der größten Schwierigkeiten für die Windradplanung im Gebiet nördlich von München, wo der Flughafen München liegt, sagt Schelle. Bedingungen für geeignete Standorte gibt es noch viele weitere, Naturschutz, Gewässerschutz und der Einfluss auf Anwohner müssen berücksichtigt werden, aber auch militärische Sperrbereiche.

An Schelle wird deutlich, dass sich die CSU bei der Windkraft noch immer in einem Dilemma befindet. Lange haben sich führende Kräfte der CSU vehement gegen Windkraft und eine "Verspargelung" der bayerischen Landschaft verwehrt. Das hat Ressentiments kultiviert, die Schelle und auch Böltl an diesem Abend ausräumen müssen. Am Ende richtet Schelle die Bitte an seine Parteikollegen, "dass wir als CSU einen pragmatischen, sachbezogenen Weg finden", die Windkraft in der Region voranzubringen. Dafür müsse man um Verständnis bei der Bevölkerung werben. Böltl sieht das Zukunftsthema seiner Generation in der Frage: Wie lassen sich Ökonomie und Ökologie zusammenbringen? Gelingen könne dies - ob bei Windkraft anderen erneuerbaren Energien - nur, "wenn wir uns jetzt gemeinsam auf den Weg machen".

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