Wirbel um angeblichen Job:Gaddafi-Sohn: Arbeitsvisum erschlichen?

Ein Sohn des Diktators Gaddafi hat bei einer Firma in Zorneding bei München angeheuert - doch dort erschien er nie. Alles sieht danach aus, als habe er sich nur ein Arbeitsvisum erschleichen wollen.

C. Giesen u. C. Rost

Der Name Saif al-Arab Gaddafi steht an vorletzter Stelle der Interpol-Liste. Acht Mitglieder der libyschen Diktatorenfamilie und sechs beharrliche Unterstützer des Clans führt die internationale Polizeibehörde in ihrer neuesten "Orange Notice" auf. Für Saif al-Arab gilt wie für die anderen Genannten ein striktes Reiseverbot gemäß der Sanktionen der Vereinten Nationen gegen das Regime in Tripolis.

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Offenbar um eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, arbeitete Saif al-Arab - ein Sohn Muammar al-Gaddafis (Bild) - zum Schein für eine Firma in Zorneding.

(Foto: REUTERS)

Bevor der Bürgerkrieg in Libyen ausbrach, waren die Gaddafis viel unterwegs. Und Saif al-Arab, der Zweitjüngste von Muammar al-Gaddafi, hatte es sich bekanntlich über vier Jahre hinweg in München bequem gemacht - mit Entourage, Luxus-Villen und teuren Autos.

Nach seiner Flucht vor wenigen Wochen über Paris, Marseille und Neapel, wo sich seine Spur verliert, reibt man sich nun verwundert die Augen: Es werden immer mehr Details über die Umtriebe des Diktatorensohns während seines angeblichen Studienaufenthalts an der Isar bekannt. Und es sieht ganz danach aus, als habe sich der 28-Jährige seinen unbefristeten Aufenthaltstitel dreist erschlichen.

2006 reiste er mit einem Studentenvisum nach Deutschland, angeblich, um an der Technischen Universität München zu studieren und einen Deutschkurs zu belegen. Statt im Hörsaal zu sitzen und Vokabeln zu pauken, fiel er bald mit dröhnenden Sportwagen und halbseidenen Damen auf dem Beifahrersitz auf. Kurz darauf wechselte er an eine private Hochschule, die European University Munich, wo man ihn allerdings auch nicht gesehen hat.

Womöglich ging es dem gut versorgten Spross, dem angeblich mehr als 300.000 Euro Taschengeld monatlich zur Verfügung standen, der seinen Porsche bar bezahlte und oft die Lindauer Spielbank besuchte, auch gar nicht um Weiterbildung. Sondern darum, weiter in München das Leben genießen zu können.

2007 versuchte die libysche Botschaft sogar, aus dem Studenten einen Diplomaten zu machen. Damit hätte Gaddafi junior nicht nur einen unanfechtbaren Aufenthaltsstatus erlangt; er hätte auch der Justiz eine Nase drehen können, die gegen ihn wegen des Verdachts einer Mordanstiftung und des Waffenschmuggels ermittelte.

"Hochqualifizierter" Angestellter

Das Auswärtige Amt in Berlin wollte den jungen Mann aber nicht als akkreditierten Diplomaten anerkennen. Und doch bekam er 2010 die Aufenthaltsgenehmigung: Er fing kurzerhand bei einem Deutsch-Syrer, der in Zorneding mit Baumaschinen handelt, als Projektmanager an.

Sein neuer Mitarbeiter, so berichtet Geschäftsführer Mohamed S., sei zwar nie in der Firma erschienen. Von seiner Villa aus habe Gaddafi aber ein paar Mal in Tripolis angerufen und dabei einträgliche Aufträge für die Firma akquiriert.

Als "hochqualifizierter" Angestellter mit mehr als 66.000 Euro Jahreseinkommen konnte er beim Ebersberger Landratsamt einen unbefristeten Niederlassungstitel beantragen. Als Wohnadresse gab er eine Einliegerwohnung im Zornedinger Reihenhaus seines Chefs an.

Die Behörde musste Gaddafi am 29. September vergangenen Jahres einen Niederlassungs-Bescheid ausstellen. Der wurde erst nach Ausbruch der Kämpfe in Libyen widerrufen.

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